Ruth Broucq

Scharfe Klingen (-Stadt)


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entscheidest du das nicht alleine, und zweitens bin ich sowieso nicht damit einverstanden, dass du mir beide Kinder wegnimmst. Drittens besprechen wir das Ganze in Ruhe und nicht am Telefon!“ sagte er bestimmt und legte den Hörer auf.

      Verdattert starrte sie auf das Telefon, bis eine Stimme hinter ihr fragte: „Fertig? Oder hast du noch mehr Quasselbedarf?“

      Sie sah den kleinen grinsenden Mann an, musste sich zur Ruhe zwingen als sie antwortete: „Nein Teddy, danke, ich bin fertig!“

      „Kaffee?“ fragte er und sie nickte Gedankenverloren.

      Udo ließ sich noch lange Zeit seinen Spieltrieb zu befriedigen, während sie vor Müdigkeit kaum noch die Augen offen halten konnte.

      Endlich gegen neun Uhr abends war er bereit zu ihrem neuen Heim zu fahren.

      Trotz bleierner Müdigkeit bezog sie schnell noch das Bett frisch, räumte ihre Sachen in den schmalen Schrank, während Udo im Wohnzimmer fern sah.

      Mit einer heißen Liebesstunde hielt er sie noch bis Mitternacht wach, bis sie endlich erschöpft einschlafen konnte.

      Geldmangel

      „Was? Schon halb Zehn? Oh verdammt, ich habe verschlafen! Ich kann doch nicht schon wieder so spät kommen, verflucht. So geht das nicht. Ich brauche einen Wecker!“ schimpfte Ruth während sie schnell ins Bad lief. Schon wieder Katzenwäsche, sie war in Hektik.

      Als sie gerade zur Tür raus wollte, stoppte Udo sie: „Halt, du musst mir mal Geld hier lassen. Ich muss mit dem Taxi fahren, dazu hab ich nicht genug Geld!“

      Entsetzt starrte sie ihn an, stotterte: „Was? Du willst per Taxi von Solingen nach Barmen fahren? Was soll das denn kosten? Nee, so viel Geld hab ich nicht, und verdiene ich auch nicht. Hast du denn selbst kein Geld?“

      „Nein! Woher soll ich Geld haben? Ich habe ja momentan keine Arbeit. Dass die Casinos alle geschlossen wurden, hast du doch sicher mitbekommen, oder schläfst du? Die paar Kröten die ich noch hatte, haben wir in den letzten Tagen gemeinsam ausgegeben. Jetzt musst du mir aushelfen, bis ich wieder angeschafft habe.“

      „Ja, für essen und wohnen reicht es, aber doch nicht für ein Taxi nach Wuppertal. Ich kann dir einen Zehner geben, mehr habe ich auch nicht. Dann musst du mit dem Bus fahren!“ schränkte sie konsequent ihre finanzielle Unterstützung ein.

      Voller Empörung, als habe Ruth unmögliches von ihm verlangt, rief er aus: „Was? Nee, ich fahre doch nicht mit dem Bus. Weißt du eigentlich wie umständlich das ist? Also wenn ich nicht einfacher und bequemer zum Sportcafe kommen kann, dann müssen wir uns ne Bleibe in Wuppertal suchen. Ich erkundige mich heute mal direkt danach. Aber dann musst du jetzt warten und mich heute eben schnell hinfahren!“

      „Nein Udo, ich muss jetzt mal erst arbeiten. Dann bleib hier und warte bis ich dich mittags abhole. Ich kann nicht meine Stelle aufs Spiel setzen. Über alles andere sprechen wir später!“ Wehrte sie energisch ab, legte einen Zehner auf das Bett und rannte hinaus.

      Ihre Schwiegermutter sah sie zwar fragend an, aber da Ruth klug genug war, erst die anderen Werbedamen abzuholen, diese also schon im Auto hatte, äußerte die Schwiegermutter sich nicht zu der Trennung.

      Geschickt sorgte Ruth dafür, dass sie an diesem Arbeitstag auch keine Gelegenheit mehr fand, das war Ruth recht angenehm. Schließlich musste sie selbst mal erst mit ihrer neuen Situation klar kommen, und hatte gar keine Lust, der Schwiegermutter jetzt Rede und Antwort zu stehen, obwohl keine Kritik zu erwarten war.

      Ausgerechnet an dem Tag kam Ruth sehr spät aus der Firma zurück, deshalb rechnete sie schon nicht mehr damit, dass Udo noch in ihrem neuen Heim war.

      Ergo fuhr sie gleich zum Sportcafe.

      Wieder war es später Nachmittag als Ruth dort eintraf, und an Udos Mimik konnte sie schon erkennen, dass er sehr missgestimmt war.

      „Wir müssen mal etwas klären.“ Empfing er sie. „Ich bin mal ausnahmsweise mit dem Bus gefahren, das war ja fast eine Weltreise, ich musste dreimal umsteigen, das mache ich nicht noch einmal. Außerdem habe ich Hunger und würde gerne essen gehen, aber dazu fehlt mir die Knete. Hast du Geld?“

      „Zwar nur zweimal, und das tut mir ja auch leid, Schatz, aber ich habe nicht genug Geld, um groß essen zu gehen sicher nicht. Nur für Lebensmittel reicht es noch. Lass uns einkaufen gehen, dann mache ich uns zu Hause etwas zu essen.“ Schlug Ruth vor.

      Missmutig knurrte er: „Gut, was bleibt mir anderes übrig? Und danach werden wir mal in Ruhe reden. Komm.“

      Auf der Heimfahrt erklärte sie ihm ihre Situation, bezüglich ihrer Anstellung und der Entlohnung.

      Udo hörte aufmerksam zu, dann fragte er: „Und was verdienen die Verkäufer? Auch Gehalt?“

      Sie lachte kopfschüttelnd: „Nein, dafür würden die nicht verkaufen, das sind freie Vertreter, die arbeiten auf Provision.“

      „Wie viel kriegen die?“ wollte er genaueres wissen.

      „Zehn Mark pro Quadratmeter. Das lohnt sich schon, wenn man genug verkauft!“

      „Wie viel ist das pro Auftrag?“ hakte Udo nach.

      Erstaunt erklärte sie: „Das ist doch nicht immer gleich. Die Häuser sind doch unterschiedlich groß. Aber ganz schön viel, selbst bei kleineren Häusern.“

      Udo wurde ungeduldig: „Das weiß ich auch, aber da ich keine Ahnung habe wie das gerechnet wird, musst du mir schon genauer erklären wonach es sich richtet.“

      Nun war ihre Geduld am Ende: „Meine Güte Udo, das ist doch kinderleicht. Man rechnet die Breite mal Höhe und mal die Anzahl der Seiten die verkleidet werden sollen. Manchmal ist es das ganze Haus, also vier Seiten, oder manchmal auch nur der Giebel oder die Front oder wenn es ein Reihen- oder Eckhaus ist, auch zwei oder drei Seiten. Und wir rechnen Daumen-Peil-Verfahren, also wir schätzen nur. Das halten wir dann im Vertrag fest. Da können zwischen meinetwegen Hundert oder Fünfhundert Quadratmeter bei rauskommen. Wie gesagt, nach Größe des Hauses.“

      „Was? Das sind ja Tausend Mark oder mehr. Uff, und da arbeitest du für ein lächerliches Monatsgehalt? Warum verkaufst du nicht selbst? Kannst du das nicht? Hast du keine Ahnung von der Sache?“ wunderte er sich.

      „Tja, das kann ich schon. Natürlich weiß ich was wir da verarbeiten. Ich habe ja schon einmal einen Vertrag geschrieben. Aber dann wollte der Chef mir keine Adresse mehr geben, denn die waren rar, und deshalb Gold wert. Dadurch kam ich auf die Idee mit meiner Umfrage-Liste und den Werbedamen. Ja, und meine Idee habe ich mir mit einem Festvertrag mit Festgehalt bezahlen lassen.“ Erklärte Ruth stolz.

      „Was ist das für eine Liste?“ wollte Udo Details wissen.

      „Ach nix Besonderes, nur der Hinweis auf die Heizkosten-Ersparnis durch Wärmedämmung mit unserer Fassaden-Verkleidung.“ Grinste Ruth

      Als Ruth ihm die Einzelheiten erklärt hatte lachte er:

      „So blöd kannst du eigentlich gar nicht sein. Dass du die Werbeidee erfunden hast und dich mit Kleingeld abspeisen lässt, oder? Dann gehören die Adressen, die du mit deiner Werbung reinholst, doch dir und sonst niemandem, oder sehe ich das nicht richtig?“ sagte Udo hart.

      Seine harte Kritik beleidigte sie, „Ja, im Prinzip schon.“ Bestätigte sie zögernd. „Ich wollte endlich mal eine sichere Festanstellung haben.“

      „Quatsch, was ist schon sicher? Also fordere mehr Geld, zum Beispiel eine Super-Provision von jedem geschriebenen Auftrag und sage deinem Chef, dass du ansonsten die Adressen selbst bearbeitest!“ verlangte Udo.

      Erschrocken erhob sie Einwand: „Aber das geht doch nicht. Das wäre gegen unsere vertragliche Vereinbarung!“

      „Also, jetzt mal ganz genau im Detail. Was steht in deinem Vertrag? Dass du die Rechte an deiner Werbeidee an die Firma abgetreten hast, oder nur dass du die Werbeleitung machst? Wie kann dein