Ruth Broucq

Scharfe Klingen (-Stadt)


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steht nichts in meinem Arbeitsvertrag. Nur welche Aufgabe ich habe, also die Frauen in die Gebiete fahren, dass ich mir selbst die Frauen sowie die Gebiete auswählen kann, und danach im Büro die Kartei zu führen habe. Sonst nichts!“ grübelte sie laut. „Du hast Recht, Udo, wenn ich keine Adressen abgeben würde, könnte der Bert mir nichts! So genaue Details sind in dem Vertrag nicht festgehalten. Ich lach mich kaputt. Im Prinzip müsste der schlaue Herr Meier mich nur fürs Spazieren fahren und im Büro ein paar Karteikarten bemalen, bezahlen. Ha, ha, ha!“ lachte Ruth laut los, als ihr der fehlerhafte Vertragsinhalt klar wurde.

      „Das heißt also, du hast völlig freie Hand, wie, wo und was du mit deinen Ergebnissen machst? Da sehe ich ja schon den Rubel rollen!“ freute sich Udo.

      Verächtlich grinsend bestätigte sie: „Und dabei fand der liebe Chef sich so schlau, denn er hat in den Vertrag zusätzlich aufgenommen, dass das Einsatzgebiet von Zeit zu Zeit mit der Firmenleitung besprochen und von ihm neu festgelegt werden kann. Weil er mir zeigen wollte, dass er der Chef ist und mitreden kann, ha, ha, ha.“

      Udo nickte zufrieden, und überlegte: „Das heißt also letztendlich, dass du die Adressen geben kannst, wem du möchtest oder auch, dass wir beide den Verkauf machen können. Was ja noch besser ist. Also, wann fangen wir an?“

      Ruth zögerte, war sich nicht so sicher, ob dieser Schritt eventuell negative Folgen für sie haben könnte, deshalb schränkte sie ein: „Moment Udo, ja, du hast Recht, aber ich befürchte, dass es finanzielle Nachteile für mich haben könnte, wenn ich einfach die Adressen selbst bearbeite. Zwar kann der Bert mich nicht so einfach entlassen, wir haben ja einen Festvertrag, aber er kann mir das Gehalt sperren. Wovon leben wir dann?“

      Ärgerlich erwiderte ihr Freund: „Quatsch, dem muss es doch egal sein, wer die Aufträge reinbringt, oder nicht? Du verkaufst doch zu den gleichen Preisen, oder nicht? Und da er nicht weiß, wie viele Adressen deine Werbedamen rein gebracht haben, fällt es ihm auch nicht auf, wenn eine oder zwei fehlen. Erst wenn du ihm den unterschriebenen Vertrag vorlegst, dann sieht er das. Aber dann wird er froh sein, wieder einen Auftrag mehr zu haben, oder nicht? Oder denkst du etwa, er nimmt den Auftrag nicht an, weil du den geschrieben hast? Das glaube ich nicht. Also gibt es doch kein finanzielles Risiko, sondern mehr Geld wegen der dicken Provision. Klar?“

      „Im Prinzip schon, es sei denn er reagiert sauer, weil ich eigenmächtig gehandelt habe, und ist nicht bereit mir die gleiche Provision zu zahlen.“ Versuchte Ruth alle Möglichkeiten zu durchdenken.

      Udo wurde kritisch, fragte ungeduldig: „Gibt es denn nur die Firma Meier in dieser Branche? Das kann doch nicht sein. Oder wo gibt es noch Fassaden-Firmen hier in der Gegend? Dann kann man doch auch dort unterkommen. Ich denke, dass du mit deiner Werbung bei jeder ähnlichen Firma sehr willkommen wärst. Warum zögerst du also, endlich Leistungsgerecht bezahlt zu werden? Bist du zu doof deine eigene Arbeit zu nutzen? Jetzt mach aber mal einen Punkt. Ich hatte dich für eine gestandene Frau gehalten. Ich kann nicht glauben, dass du zu feige bist dich zu behaupten!“

      Er hatte Ruth an der richtigen Stelle erwischt, entschlossen erwiderte sie: „Ja, du hast Recht. In Mettmann gibt es noch die Brüder Selm, und auch ein ehemaliger Vertreter von Meier hat sich kürzlich selbständig gemacht. Die Firma Güvo ist sogar hier in unserer Nähe ansässig. Die Selms kenne ich nicht persönlich, was zwar kein Hindernis wäre, aber den Walter Volkerts, von der Güvo, kenne ich sehr gut. Egal welche Firma, die würden sicher gerne Aufträge nehmen. Gut, machen wir den Versuch, morgen suche ich mir die beste Adresse raus. Nach Möglichkeit mit kurzfristigem Termin.“ Versprach sie entschlossen.

      Zufrieden nickend fragte Udo abschließend: „Aber jetzt erklär mir noch wieso für solche Verträge so hohe Provisionen gezahlt werden? Was ist das denn für ein Material, was ihr da verkauft? Wo ist die Mausefalle? Mit Rechten Dingen kann das doch nicht zugehen?“

      Ruth grinste spöttisch als sie ihm berichtete: „Stimmt.

      Wir haben zwei verschiedene Plattenarten im Angebot, Eternit-Asbest-Platten und Asphalt-Verblend-Platten. Beide werden auf eine Unterlattung angebracht und die Ecken- und Enden mit Aluminiumprofilen eingefasst. Die Kunden werden aber nur über den Preis für die Platten informiert, und bekommen gesagt, dass die Einfassung der Platten, mit Aluminium-Eckprofilen, erst nach Fertigstellung aufgemessen werden kann. Und dass die unabhängig von der Breite der Profile, nach laufenden Metern berechnet werden. Da man ja nicht mehr berechnen kann, als ein Haus Ecken und Enden hat, wäre es ja ersichtlich, was dabei letztlich heraus käme.“

      „Hm, ja, das stimmt. Aber ich verstehe nicht, wo da der Trick, beziehungsweise der Gewinn liegt?“ wunderte sich Udo.

      Ruths Grinsen wurde breiter, aber irgendwie auch ein bisschen schamhaft, als sie ihm erklärte: „Na ja, da kommen schon einige hundert Meter zusammen, sodass die Leute bei der Endrechnung ein Vielfaches mehr bezahlen müssen, als sie erwarten. Da liegt der Gewinn. Die Kunden wissen nicht auf was sie sich einlassen, weil sie keine festen Endpreise im Vertrag stehen haben.“

      „Ein Gauner-Geschäft also. Hut ab! Das nenne ich eine lohnende Sache. Auf der Welle schwimmen wir mit!“ entschied Udo.

      Im Stillen überlegte Ruth, warum ihr Freund von Gauner-Geschäft sprach. Diese Einstellung wollte sie eigentlich nicht vertreten, weil sich ihr Gewissen dagegen wehrte. Sie fand es erträglicher, die Methode eher als Bequemlichkeit, oder fehlendes Fachwissen der Verkäufer zu sehen, dass diese die Verträge nicht genauer deklarierten. Schließlich wusste Ruth aus Roberts Malergeschäft, dass es eine Irrsinns-Arbeit war, ein genaues Aufmaß zu machen. Sehr oft hatte Robert sich diese umfangreiche Arbeit umsonst gemacht, weil es den Kunden letztendlich, laut Kostenvoranschlag, zu teuer war und sie dann den Auftrag nicht erteilt hatten.

      Aber Ruth verzichtete auf weitere Diskussion, denn letztlich war es ihr auch egal aus welchen Gründen die Kunden derart getäuscht wurden. Ihr eigener Vorteil war ihr dabei wichtiger. Vom Pfad der Tugend und der Unschuld war sie schon während ihrer Ehe zwangsläufig abgekommen. Jeder muss sehen wo er bleibt, hatte sie sich zur Devise gemacht. Noch dazu hatte sie auf das ganze Thema keine Lust mehr, weil Udo wieder lange Erklärungen verlangt hätte. Er war einfach zu unwissend in der Baubranche. Klar, als Croupier musste er schließlich andere Dinge wissen.

      Bei dem Gedanken, dass Udo als Croupier gearbeitet hatte, fiel Ruth ihr Baden-Baden-Erlebnis mit ihrer Freundin Ellen ein. Wenn Ruth vorher geahnt hätte, dass die Freundin so eine heiße Zockerin war, mit der nicht mehr vernünftig zu reden war, wenn sie beim Roulette-Spiel in den Verlust geriet, hätte Ruth die Freundin niemals in das Spielcasino begleitet. Dieser schrecklich laute Aufstand, den Ellen gemacht hatte, weil Ruth ihr kein Geld geben wollte, hatte Ruth die Schamesröte ins Gesicht getrieben. Dabei hatte die Freundin ihr extra klar und deutlich aufgetragen, ihr ja kein Geld auszuhändigen, wenn sie in den Verlust geriet. Extra deshalb hatte ihr Ellen einen großen Teil ihres Reisegeldes in Verwahrung gegeben. Und dann schrie diese Frau laut, wie von Sinnen, vor allen Leuten, sie wolle ihr Geld haben. Welch eine Blamage. Und in einem solchen Metier hatte Udo gearbeitet? Schrecklich. Nein, damit wollte Ruth nichts zu tun haben.

      Udos mangelndes Fachwissen brachte Ruth aber auch dazu, darüber nachzudenken, wie denn der Verkauf mit Udo ablaufen sollte? Mangels Udos fachlicher Kompetenz würde sie wohl das Gespräch führen müssen. Nun gut, kein Problem für sie.

      Am nächsten Vormittag blieb Udo im Bett, weil Ruth versprochen hatte, am frühen Mittag zurück zu sein.

      Die Frauen hatten gut gearbeitet, sodass sie vier gute Adressen bekam. Weil sie gemeinsam mit Udo, in Ruhe, entscheiden wollte, welche sie selbst bearbeiten würden, fuhr Ruth nicht ins Büro, sondern nach Hause.

      Udo betrachtete die ausgefüllten Listen, las die Randbemerkungen der Werbedamen und fragte: „Wer ist denn die Beste? Welche bringt denn die sichersten Adressen rein?“

      „Meine Schwiegermutter. Die Adressen sind bei den Vertretern am beliebtesten. Aber auch die Adressen von der Radozek sind gut. Aber meine Schwiegermutter ist selbst Hausbesitzerin, noch dazu quasselt sie gerne, und sie hat Geduld. Sie drängt die Leute nicht. Die Kunden merken sofort, dass sie Ahnung hat, und vertrauen ihr. Ich glaube die flunkert auch ganz schön.“ Grinste Ruth bei dem Gedanken.

      Verwundert