Dr. med Hanspeter Hemgesberg

Problemfall "Haut"


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      Gerade bei Heranwachsenden stellt eine Erkrankung an Akne ein „psychisches Problem“ und letztlich auch ein „sozial-gesellschaftliches“ dar:

      Fakt ist:

      Das Selbstwertgefühl wird gemindert, Kontakte zu anderen werden reduziert, es findet in vielen Fällen ein Rückzug aus dem geselllschaftlichen Leben statt.

      Dadurch leiden insgesamt Lebensqualität und Lebensfreude.

      Bei rund 30% der Akne-Patienten in allen Kulturkreisen sind psychische Co-Morbiditäten wie Angststörungen, Depressionen und suizidale Tendenzen zu finden.

      Bei schwerer Akne hat jeder fünfte Junge und jedes vierte Mädchen sogar schon an Selbstmord gedacht.

      Akne ist aber bei weitem kein Problem der Jugendlichen und jungen Erwachsenen!

      Denn eine spezielle Gruppe von Patienten wächst.

      Und zwar die der Erwachsenen, meist Frauen ab 25 Jahren, die in ihrer Jugend zum Teil, aber nicht zwingend Probleme mit der Haut hatten. Erst im Berufsleben oder noch später holen die Pickel sie ein. Diese Acne tarda oder post-adoleszente Akne plagt derzeit rund 10 bis 15 Prozent der Frauen, mit steigender Tendenz.

      Aber auch im späteren Alter – bis hin zu Senioren – kommt es zur Ausbildung einer Akne.

      Die Ursachen für die Akne im Erwachsenenalter können vielseitig sein. An erster Stelle stehen dabei hormonelle Schwankungen. Bei Frauen kommt dies vor, sobald sie die „Pille“ (Ovulationshemmer) absetzen oder aber eine Schwangerschaft einsetzt. Weiterhin kann eine Medikamenteneinnahme Ursache für Hormon-Schwankungen und damit für das Auftreten von Akne im Erwachsenenalter sein.

      Zudem stehen Bakterien stark im Zusammenhang mit der Entstehung von Pickeln.

      Gerade Personen, die zu fettiger Haut neigen, sind davon oft betroffen. Die ölige Haut bietet den idealen Boden für die Ansiedlung und Vermehrung von Bakterien. Dann können sich Pickel sogar zu Zysten ausweiten.

      Vielfach ist die Akne aber auch genetisch vorprogrammiert.

      Wenn in der Familie bereits mehrere Personen aus der Familie an Pickeln im Erwachsenenalter leiden, ist die Auftretens-Wahrscheinlichkeit umso höher.

      Aber auch die „Umwelt“ mit deren Belastungen (u.a. Gifte & Schadstoffe) entscheidet über den Hautzustand und nicht zuletzt der Lebenswandel (Ernährung, Konsum von Genussmitteln) kann das Vorkommen von Pickel und Co. im Erwachsenenalter bis hin zum Seniorenalter beeinflussen.

      Pathogenese

      Fakt:

      Die Pathogenese [die Pathogenese beschreibt die Entstehung einer physischen oder psychischen Erkrankung oder den Verlauf eines krankhaften Prozesses bis zu einer manifesten Erkrankung] ist komplex!

      Mitentscheidend ist das Wechsel- und Zusammenspiel zwischen Hormonen, Störung der Verhornung, Fehlfunktion der Talgdrüsen, eine Überbesiedelung der Haut mit Bakterien und zuletzt noch eine Entzündungs-Reaktion für das Zustandekommen, für den Verlauf und die Schwere der Erkrankung „Akne“ entscheidend sind.

      Die Entstehung der Acne vulgaris wird durch eine erhöhte Sekretion der Talgdrüsen (Glandulae sebaceae – d.s. epitheliale Hautanhangsgebilde, die dazu dienen, Talg auszuscheiden, der seinerseits gegen Hautz-Austrocknung schützt. Es handelt sich um holokrine Drüsen, die aus mehreren kleinen Drüsenläppchen aufgebaut sind) und eine Hyperkeratose [= die verstärkte Verhornung eines Plattenepithels, insbesondere des Plattenepithels der Haut] der Haarfollikel gefördert.

      Die erhöhte Sekretion der Talgdrüsen beruht auf einer gesteigerten Empfindlichkeit gegenüber Androgenen [= natürliche und auch chemisch-definierte Hormone, welche die Ent-wicklung der männlichen Geschlechts-Merkmale steuern].

      Diese Empfindlichkeit ist individuell unterschiedlich ausgeprägt und genetisch bedingt. Es besteht kein Zusammenhang zwischen der Serum-Konzentration des Testosterons und dem Ausmaß der Seborrhoe.

      In Zusammenhang mit einer Hyperkeratose des Haarfollikels kommt es durch die Seborrhoe zur Verklebung der Hornzellen und folglich zur Ausbildung eines Komedo {Plural: Komedonen} („Mitesser“).

      Der zunächst geschlossene Komedo wird bakteriell besiedelt (Propionibacterium acnes u.a.), dadurch kommt es zur Chemotaxis von Leukozyten [= eine durch Ausschüttung bzw. Bildung von Botenstoffen (Chemokine) hervorgerufene Anlockung von Zellen des Immunsystems (z.B. Leukozyten) an den Ort einer entzündlichen Reaktion], durch Bildung von Eiter und Erhöhung des Druckes bricht die Wandung des Haar-Follikels auf; durch die Entleerung von freien Fettsäuren, Bakterien und Keratin-Substanzen wird eine entzündliche Reaktion in Gang gesetzt: ein sekundär entzündeter Komedo („Eiterpickel“) entsteht.

      Bliebt festzuhalten, dass diese entzündliche Reaktion in schweren Fällen narbig abheilt.

      Akne-„Formen“

      Außer den vier „Akne-Hauptformen“ sind noch zu unterscheiden acht „Akne-Sonderformen“.

      I. Akne-Hauptformen

      a. Acne comedonica

      [es kommt zur Ausbildung von Komedonen („Mitessern“) - es handelt sich nicht um eine Entzündung i.e.S.

      b. Acne papulo-pustulosa

      [= Entzündung mit Bildung von Pusteln und Papeln = schwere Verlaufsform der Acne vulgaris]

      c. Acne conglobata

      [starke und tief-gehende Entzündung mit Ausbildung von Knoten - mit zum Teil einer Größe bis zu 2 cm, welche einschmelzen und sich zu „Pseudo-Zysten“ umwandeln können = schwerste Akne-Verlaufsform]

      d. Acne fulminans

      [im Prinzip wie Acne conglobata, jedoch auch mit „systemischer Beteiligung“ (Fieber, Vermehrung der weißen Blutkörperchen (Leukozytose) und auch Polyarthritis usw. = schwerste