Alex Mann

Coronagangster


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um Sie festzunehmen. Aber wenn Sie mich noch mal Süße nennen oder unterbrechen, sorg ich dafür, dass ihre Zeiten noch ein bisschen härter werden. Und zwar jetzt gleich. Verstehen wir uns?“

      Frank nickte langsam. „Sind Sie fertig? Kann ich jetzt was sagen?“

      „Bitte.“

      „Okay. Für die Süße bitte ich um Verzeihung. Aber nur meine Freunde dürfen mich Frank nennen.“

      „Verstehe. Wir hatten offensichtlich einen miesen Start. Fangen wir noch einmal von vorn an, Herr Becker?“

      „Was kann ich für Sie tun, Frau Kriminalhauptkommissarin?“

      „Sie sagten, Sie brauchen Bedenkzeit. Wofür?“

      „Ein geschäftliches Angebot. Es geht um viel Geld und wie Sie schon feststellten, sind die Zeiten hart. Da sollte man keine übereilten Entscheidungen treffen.“

      „Ihren Laden gibt´s noch nicht so lange, Sie mussten jetzt bereits eine ganze Weile geschlossen bleiben, bei weiterlaufenden Kosten, daher gehe ich davon aus, dass Sie das viele Geld, von dem Sie gerade sprachen, leihen müssen?“

      „Verzeihen Sie, Frau Hauptkriminalkommissarin“, sagte Frank und nahm sich eine Handvoll Erdnüsse, „aber ich komme mir hier ein wenig vor, wie in einem Verhör. Ich habe mir nichts vorzuwerfen, daher kann ich gerade nicht ganz nachvollziehen, warum ich Ihnen über meine Geschäfte Auskunft erteilen sollte?“

      Susanne Richter setzte sich auf einen der Barhocker. „Haben Sie eine kalte Cola für mich, Frank? Es ist verdammt heiß, draußen.“

      „Ist aber nicht umsonst“, sagte Frank, dem keinesfalls entgangen war, dass sie wieder seinen Vornamen benutzte. Aber ihr plötzlich entspanntes Lächeln ließ ihn darüber hinwegsehen.

      „Umsonst dürfte ich sie auch gar nicht annehmen.“

      „Macht zwei-fünfzig“, sagte Frank und drehte sich von seinem Barhocker, wobei er peinlich genau darum bemüht war, seine rechte Hüfte zu verbergen, wo er sich einen Revolver in den Hosenbund geschoben hatte. Er trat hinter die Theke, öffnete einen kleinen Kühlschrank und holte eine Flasche Cola hervor.

      „Ich nehm` auch eine“, sagte Jan Dreske.

      Frank holte eine zweite Flasche heraus, öffnete beide und schob sie den beiden Polizisten über die Bar hinweg zu. Dann stützte er sich mit beiden Armen auf das lackierte Holz, während Susanne Richter ihm einen Fünfer zuschob und einen Schluck aus ihrer Flasche nahm.

      „Hören Sie Frank, es wird Sie vielleicht nicht wundern, wenn ich Ihnen sage, dass wir uns ein kleinwenig über Sie informiert haben. Daher wissen wir, dass Sie ein cleverer Bursche sind. Wir können uns also das Vorgeplänkel sparen, wo Sie so tun, als wüssten Sie nicht, weswegen wir hier sind. Wir haben die drei Männer aus ihrem Laden kommen sehen und wir wissen genauso gut, wie Sie, dass das keine Bankangestellten waren.“

      „Das habe ich auch nicht behauptet.“

      „Nein, Sie haben behauptet, dass Sie sich Geld von Ihnen leihen.“

      „Stimmt nicht. Ich habe nur gesagt, dass es um viel Geld geht. Den Rest haben Sie geschlussfolgert.“

      „Hören Sie auf mit dem Scheiß, Frank“, sagte Susanne Richter und spielte mit ihrem Zeigefinger am Mundstück der Flasche herum. „Wir sind nicht hier, um Ihnen Ärger zu machen. Im Gegenteil. Wir wollen Ihnen helfen. Und ich glaube, Ihnen ist noch nicht zu einhundert Prozent klar, was das für Typen sind.“

      „So, Sie wollen mir helfen?“, fragte Frank, spürbar gereizt. „Und Sie meinen, ich weiß nicht, worauf ich mich eventuell einlasse? Darf ich Sie mal was fragen, ohne dass Sie mir gleich wieder wegen vermeintlicher Beamtenbeleidigung blöd kommen? Haben Sie eigentlich den Schuss nicht gehört? Die Frage, ob Sie als Beamte auch ´ne schwere Zeit durchmachen, die war vollkommen ernst gemeint. Ich kriege nämlich nicht mein üppiges Gehalt weiter gezahlt und darf arbeiten, als gäb´s keine beschissene Coronakrise. Mein Laden ist dicht, schon seit Wochen.“ Frank hob abwehrend die Hände. „Ist ´ne scheißgefährliche Seuche, sagen die Experten. Ansteckend, sehr gefährlich, wir müssen was tun, Kontakte reduzieren und und und. Kann ich alles verstehen. Was ich nicht verstehen kann, ist, dass es dann heißt, ihr könnt eure Läden wieder aufmachen, wenn ihr diese Latte an Forderungen erfüllt, einen Haufen Wegwerfbesteck und Luftfilter und Desinfektionsmittel kauft, Hygienekonzepte erstellt und was weiß ich…“

      „Sie müssen uns nicht ihre Lage auseinandersetze, Frank. Wir wissen…“

      „Einen Scheiß wissen Sie, Frau Hauptkriminalkommissarin! Und ich sag Ihnen was. Sie haben von mir verlangt, Sie nicht zu unterbrechen, also hören Sie jetzt mir zu, wenn Sie sich weiter unterhalten wollen. Ich hab all die Forderungen erfüllt, Geld in die Hand genommen, dass ich nicht hatte. Und was passiert? Kaum ist alles fertig, heißt es, Nein, es geht doch nicht. Schön, da habe ich noch mehr Zeit, um auf dem Balkon für die Krankenschwestern zu klatschen. Dann heißt es, es gibt beschissene Hilfsfonds und der Staat lässt uns nicht allein. Ich weiß gar nicht, wie die so schnell so viele verfickte Antragsbögen erstellen konnten. Aber gut, ich hab´ ja Zeit den ganzen Mist auszufüllen. Schnell sollte die Kohle kommen. Und was passierte? Nichts! Die Bearbeitung würde wegen der hohen Nachfrage viel Zeit in Anspruch nehmen. Auch okay, von mir aus. Aber warum kriegt´s der Staat dann nicht gebacken, den Vermietern, Strom- und Wasseranbietern und all den anderen Aasgeiern mal eine Stundung aufzudrücken? Die ziehen nämlich konsequent Monat für Monat ihr Scheißgeld ein. Und die Banken? Haben die wegen der harten Zeiten mehr Mitleid? Die reiben sich doch die Hände.

      Wenn ich mir also Geld leihen muss, um meinen Laden nicht zu verlieren, in den ich alles investiert habe, dann ist das so. Und dann nehme ich es, von wem ich es kriegen kann. Wenn Ihnen die Kerle nicht gefallen, dann halten Sie sich an die. Aber es ist nicht verboten, wenn sich jemand privat von jemand anderem Geld leiht und ich bin nicht verpflichtet, zu überprüfen, woher derjenige es hat.“

      Susanne Richter schnalzte mit der Zunge und nahm noch einen Schluck Cola. „Stellen Sie sich das nicht so einfach vor, Frank. Natürlich sind wir nicht daran interessiert, den Leuten, die sich in die Fänge von Kredithaien begeben, irgendwelchen Ärger zu machen. Den kriegen sie von allein. Aber man könnte es natürlich auch so auslegen, dass Sie sich an einem Geldwäschegeschäft beteiligen und dann sieht die Sache schon ganz anders aus.“

      „Wollen Sie mir drohen?“

      „Ich zeige ihnen die Optionen auf, Frank“, sagte Susanne Richter, immer wieder vertraulich seinen Vornamen nutzend. „Wir können ihnen Ärger machen. Die Kerle, die hier gerade herausspaziert sind, werden ihnen definitiv Ärger machen. Okay, ihre Lage ist vielleicht so beschissen, wie ich es mir mit meinem Konto nicht ausmalen kann. Aber diese Männer werden Ihnen kein Geld leihen, um Ihnen zu helfen. Die wollen sich selber helfen.“

      „Das wollen die Banken auch.“

      „Ist die echt?“, fragte Jan Dreske und nickte in Richtung der Pumpgun.

      „Als Polizist müssten Sie es eigentlich besser wissen“, antwortete Frank gelassen, aber ausweichend.

      „Entschärft?“

      Frank setzte ein smartes Grinsen auf und zuckte mit den Schultern, wobei er einen kurzen Moment seine Hüfte entblößte. In eben jenem Moment fiel Susanne Richters Blick auf den kleinen Revolver, dessen schwarzer Griff unter seiner Jeansjacke hervorlugte.

      „Und ist der echt?“, fragte sie.

      Franks Lippen schoben sich ernst zusammen. Er stützte sich auf die Ellbogen und schob den Hintern heraus, als müsse er jetzt noch unbedingt die Waffe verstecken.

      „Sie sagten doch selbst, dass die Kerle, die hier waren, gefährlich sind.“

      „Ja, aber Sie haben so getan, als wäre das für Sie nicht relevant. Sie wissen also ziemlich genau, mit was für Leuten Sie sich da einlassen.“

      „Ich bin schließlich nicht blöd.“

      „Also helfen Sie uns?“