Alex Mann

Coronagangster


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Hipster hält und für die Sache mit der Tür hätte er dir gleich die nächste reingewürgt. Nein, wenn man was abschneidet oder das Gesicht zu stark malträtiert, musst du ins Krankenhaus und die dort rufen gleich die Bullen und auch wenn´s echt dumm wäre, würde dabei immer das Risiko bestehen, dass die was aus dir rauskitzeln und darauf hab ich echt keinen Bock. Ich brech´ dir einen oder zwei Finger. Das kann dir auch bei ´nem x-beliebigen Unfall passiert sein.“

      Sebastian schluckte vor Angst und räusperte sich sogleich, um es zu überdecken. „Kann … Jascha mir nicht ´n kleinen Aufschub gewähren? Ich meine, bis der verdammte Lockdown vorbei ist und ich wenigstens ´ne Chance hab, Kohle zu verdienen?“

      „Was brauchst du denn für ´ne Chance? Mann, Seb, dein Problem ist, dass du faul bist und dich dann auch noch blöder anstellst, als du bist. Ich meine, den Fernseher, den ich dir gelassen habe, der ist doch bestimmt immer noch seine vier-, fünfhundert Tacken wert. Dann erzählst du mir, dass diese Studenten hier dir Stoff abkaufen. Ich an deiner Stelle hätte Jascha längst ein Geschäft vorgeschlagen. Gerade jetzt sind Studenten gute Kunden, die kriegen ihr Bafög nämlich auch unabhängig von Corona.“

      „Ich bin kein Dealer.“

      „Wenn ich mit zwei Riesen bei Jascha in der Kreide stehen würde und soviel Schiss vor zwei gebrochenen Fingern hätte, wie du, dann würde ich langsam anfangen, abzuwägen.“ Mirko hob die Hände auf und nieder, warf einen Blick auf seine fast aufgerauchte Zigarette, ließ den Stummel in den Flokati fallen und zog die Schachtel wieder aus der Tasche.

      Sebastian räusperte sich abermals. „Meinst du, du könntest da was anleiern?“

      Mirko seufzte, zog die Augenbrauen hoch und zündete sich die neue Zigarette an. „Man, das kommt jetzt ´n bisschen spät. Zumal du so gar nichts hast, um ihn zu besänftigen.“

      „Du würdest mir wohl kaum helfen, jetzt noch ein Restaurant leerzuräumen“, sagte Sebastian im Versuch eines Scherzes.

      Mirkos Mund verzog sich zu einem Lächeln. „Nicht bei Tag.“

      Sebastian nickte langsam. Und dabei kam ihm eine Idee.

      „Vielleicht hätte ich doch was für Jascha.“

      „Ich bin ganz Ohr. Hab´ auch nicht sonderlich Lust, dir die Finger zu brechen.“

      „’nem alten Kumpel von mir gehört ein Restaurant. Das Arizona. ´n American Dinner.“

      „Du willst ´n alten Kumpel beklauen?“

      „Nein, Mann. Aber wie alle Gastronomen steckt dieser Kumpel, sein Name ist Frank Becker, gerade richtig in der Scheiße. Hat Schulden bei der Bank, laufende Kosten und den ganzen Hickhack. Müssten so um die zwanzigtausend sein und er hat keine Chance, sie zurückzuzahlen.“

      „Und was hat Jascha damit zu tun?“

      „Wenn er ihm die Kohle leiht, damit er die Bank bezahlen kann, hat er seine Hand auf dem Laden.“

      „Glaub` nicht, dass Jascha daran großes Interesse hat. Was soll er denn mit ´ner Frittenbude?“

      „Ej Mann, das ist nicht einfach ´ne Frittenbude. Ist ´n echt geiler Laden. Worauf ich aber hinaus will ist, dass es ein Laden ist, in dem – wenn er dann irgendwann mal wieder aufmachen darf – ein Haufen Bargeld hin- und herbewegt wird.“

      „Und?“

      „Verstehst du das nicht? Ich hab mal davon gelesen. Die Italiener machen das so. Ich meine die Mafia. Die nutzen ihre Pizzerias um Geld zu waschen. Und gleichzeitig machen sie damit weiter Kohle.“

      Mirko nahm zwei tiefe Züge von seiner Zigarette und dachte nach. So etwas war eigentlich nicht sein Ding. Er war kein Geschäftsmann. Er war Geldeintreiber und er war gut darin, weil er die meisten von Jaschas Kunden dazu brachte, zu bezahlen, ohne die Aufmerksamkeit der Bullen auf sich zu ziehen.

      „Und du meinst, dass ist ´n sicheres Ding?“, fragte er nach einer Weile in der ihn Sebastian mit weit aufgerissenen, hoffnungsvollen Augen angesehen hatte.

      „Klar. Ich meine, er kriegt ´nen fertigen Laden, der sofort wieder loslegen kann, wenn die Scheiße hier vorbei ist. Er könnte sogar meinen Kumpel als Geschäftsführer einsetzen. Der hat ´ne komplette Mannschaft, ´n guten Koch. Null Arbeit für Jascha.“

      Mirko rauchte den Rest seiner Zigarette auf, warf den Stummel auf den Flokati und drückte ihn mit der Fußspitze aus. Dann tippelten seine Hände nervös auf der Armlehne.

      Jascha war eigentlich nicht der Typ für so etwas. Wenn er sagte, ´Hol mir mein Geld`, dann hieß das ´Hol mir mein Geld` und eben nicht ´Hol mir mein Geld oder bring irgend ´ne dumme Idee mit.` Wenn ihm die Sache nicht gefiel, konnte man sich ganz schnell bei ihm unbeliebt machen. Andererseits war Mirko jetzt auch nicht irgendein Geldeintreiber. Einen Ausrutscher konnte er sich bestimmt leisten, wenn Jascha die Sache nicht gefiel und wenn doch, dann umso besser.

      „Alles klar Mann, ich rede mit ihm“, sagte Mirko langsam und erhob sich aus dem Sessel. „Aber an deiner Stelle würde ich trotzdem zusehen, dass ich zügig ´n bisschen Kohle ranschaffe, denn wenn Jascha deine Idee Scheiße findet und ich wieder herkommen muss, dann werd` ich dir nicht nur zwei Finger brechen. Echt Mann, ich mach´ so was nicht gern, aber ich würd´s tun, denn ich häng` an meinem Job, hast du mich verstanden?“

      „Schon klar.“

      „Ich fahr jetzt gleich zu Jascha und rede mit ihm. Wenn ihm die Sache gefällt, rufe ich dich an, also hab´ dein Handy griffbereit.“

      „Hab´ ich.“

      Mirko ging zur Tür und drehte sich noch mal um. „Ej, Mann, du hast doch nicht etwa vor, abzuhauen?“

      „Nein. Wo sollte ich auch hin?“

      „Ist gut. Wär´ auch ´ne beschissene Idee.“

      Vor der Tür blieb Mirko stehen und durchwühlte die Taschen seiner Jacke.

      „Suchst du was?“, fragte Sebastian.

      „Ja, Mann. Meine Maske.“

      „Wozu?“

      „Für die Straßenbahn.“

      „Du fährst Straßenbahn?“

      „Jo, warum nicht? Der Verkehr über die Elbe kann zu Stoßzeiten echt nervtötend sein. Außerdem schau ich mir beim Straßenbahnfahren gern einfach die Stadt an. Das entspannt mich. Es gibt keine schönere Stadt zum Straßenbahnfahren.“

      „Na wenn du denkst“, sagte Sebastian kopfschüttelnd, als Mirko seine FFP-2 Maske aus der Tasche zog und die Wohnung verließ.

      3

      Es war ein schöner Tag zum Straßenbahnfahren. Die Sonne schien und die Plätze waren eng besetzt, als gäbe es keinen Virus, der das Leben der Menschen einschränkte. Nur die Masken der anderen Fahrgäste in der Straßenbahn erinnerten daran. Aber wenn Mirko aus dem Fenster sah, entdeckte er geschlossene Restaurants, abgedunkelte Läden und nur selten Mal einen Fußgänger.

      Mirko fuhr hinaus bis Laubegast, wo Jascha Robakidse eine alte Villa mit Blick auf die Elbe bewohnte. Jascha lebte seit etwa zehn Jahren in der Stadt und hatte sich seitdem ein respektables Leben aufgebaut. Sein Aushängeschild war ein Gebrauchtwagenhandel mit dem er alte deutsche Autos nach Osteuropa verschob. Alles legal und durchaus nicht unlukrativ. Damit bezahlte er seine Steuern und präsentierte sich als integriertes Mitglied der Gesellschaft. Seine großen Geschäfte machte er jedoch mit Drogen und Frauen, die er beide über sein offizielles Geschäft nach Deutschland holte. Das brachte noch mehr gutes Geld, wobei Jascha clever genug war, den ganz Großen der Branche nicht zu sehr auf die Füße zu treten. Er hatte nur zwei Mädchen in der Stadt und ein halbes Dutzend in den kleineren Städten im Umland, wo er auch einen Großteil seiner Drogengeschäfte abwickelte. Die Gewinne verlieh er, zum Einen, um sie zu waschen und zum anderen, um noch mehr Geld daraus zu machen.

      Hast du