Alexandra Eck

Between the fronts


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brauche deine Hilfe, schrieb ich Kevin in meiner Not.

      Wie kann ich dir behilflich sein?

      Der Vogel muss unbedingt mit, sonst findet meine Mutter ihn noch.

      Ok.

      Du musst jetzt rau gehen und vor meinem Fenster warten.

      Schon eine Minute später stand Kevin da, wo ich ihn haben wollte. Ich packte Mr. Duddle und setzte ihn in meine Tasche. Die Tasche ließ ich dann, per Wollschnur, zu meinem Freund runter. Dann ging ich an meiner Mama vorbei, die sich aufs Sofa warf und den Fernseher einschaltete und schloss die Tür. Kevin wartete bereits vorm Auto auf mich mit der Tasche. »Vielen, vielen Dank! Wie kann ich mich dafür erkenntlich zeigen?«, fragte ich ihn glücklich. »Wie wäre es mit einem kleinen Kuss?«, schlug er verschmitzt offen vor. Sollte ich? Ich ging auf ihn zu und drückte meinen Lippen auf seine. Zuerst war es ein ruhiger Kuss aber dann wurde er fordernder. Ich löste mich lächelnd langsam von ihm. »Du wolltest einen kleinen Kuss«, neckte ich ihn lächelnd. Er verzog das Gesicht zu einer Schnute: »Kann ich das im Nachhinein ändern?«, fragte er. »Nein« »Mist«, er tat gespielt betreten. Ich hüpfte um ihn herum ins Auto. »Kommst du? Ich dachte wir wollten schwimmen gehen. Außerdem hast du mir Frühstück versprochen« »Ich bin schon da«, er stieg in den Ferrari und überreichte mir die Tüte. Ich gab ihm als Belohnung ein Küsschen auf die Wange, das ihn lächeln ließ.

      *

      Weil es noch so früh war kamen wir schnell voran. Wir fuhren zum Backaro Beach. Dieser Strand war nicht so sehr von Touristen überfüllt. Zuerst sah man nur Wiese aber dann breitete sich der Sand aus. Alle fünfzig Meter führten meterhohe Stege ins Meer. Es war einfach wunderschön. Es gab sogar eine Strandbar. Wir legten unsere Handtücher in die Sonne und stellten einen regenbogenfarbenen Schirm auf. »Wer zuerst im Wasser ist«, rief Kevin plötzlich und stürmte voll angezogen auf die türkisen Wellen zu. Unterm Laufen zog er sich bis auf die Shorts aus. (Er trug blaue mit gelben und roten Laserstrahlen.). Ich tat es ihm gleich und stürzte mich in die Fluten. Das Wasser war angenehm kühl, denn obwohl es noch morgen war stieg die Hitze stetig an. »Schau! Da sind Tom, Severin, Taylor, Lena und die Zwillinge«, rief er erfreut. »Hey Leute!« Die anderen erkannten uns und winkten uns stürmisch zu sich. Die Jungs kannte ich nur flüchtig, denn sie waren alle Basketballer. Lena kannte ich aus Physik. Die Zwillinge, Ava und Lexi, kannte ich nur, weil Lexi Schülersprecherin war. Insgesamt schien die Gruppe nett zu sein, keine Zicken oder Spasten. Als wir uns durchs Wasser zu ihnen durchgearbeitet hatten, begrüßte er erst die Jungs mit einem komplizierten Handschlag und stellte mich dann vor. »Leute, das ist Jess aber ihr kennt sie vielleicht bereits« »Hi«, sagte ich schüchtern. »Nett dich kennenzulernen«, begrüßte mich Tom freundlich. »Du bist doch die, deren Vater gestorben ist, oder?« »Ava! Sei mal ein bisschen einfühlsamer«, ermahnte Lexi sie. »Das passt schon. Aber ja, mein Dad ist vor vier Monaten gestorben, ich bin schon darüber hinweg«, erklärte ich, bevor sie mich für labil hielten. »So was fragt man trotzdem nicht. Hi, ich bin Lexi.« Wow, sie war echt offen, höflich und direkt, kein Wunder, dass sie mit der Mehrheit der Stimmen gewonnen hatte. »Hey Leute, wie wärs mit Wasser Wrestling?«, schlug Taylor vor. Kevin tauchte unter mich und als er mich nur wenige Sekunden auf seine Schultern hievte, entwich mir ein Quietschen. Alle taten es unserem Beispiel gleich. Lexi saß auf den Schultern von Severin, Ava und Tom bildeten ein Team und Taylor nahm Lena auf die Schultern. Und schon ging die Schlacht los, immer zwei Teams versuchten sich gegeneinander ins Wasser zu befördern. Wir hatten einen Heidenspaß. Am Ende gewann Taylors Team, Kevin und ich wurden Zweite.

      »Ich geh an die Bar, wer kommt mit?«, erklärte Tom. »Ich!!«, schrien alle wie aus einem Munde.

      Die Bar war aus Bambus gebaut worden und auf ihrem Dach lagen sogar Palmwedel. Sie stand auf einer Holzterrasse, auf der sich auch Tischchen und Stühle befanden. Unter dem Tresen kreuzten sich an der Wand zwei blaue Surfbretter. Der Tresen selbst wurde von einer Lichterkette umrahmt. Vom Dach hingen bunte Lampions und der Weg zu der Hütte wurde in der Nacht von Strandfackeln beleuchtet.

      Wir setzten uns an eine äußere Kante der Terrasse. »Leute, würde es euch etwas ausmachen, wenn ein Vogel in unseren Reihen wäre?«, fragte ich sachte nach. »Nö, hast du einen?«, erwiderte Ava. »Ja« »Seit wann?«, wollte Lena wissen. »Seit Freitagmorgen. Deshalb stand ich auch im BH vor Matz«, erklärte ich ihnen. »Dachte mir schon, dass es nicht stimmt was der Quaterback gesagt hat. Du hast mich noch nie so angeschaut, als ob du was von dem willst«, sagte Severin. »Mann, hat hier überhaupt jemand Feingefühl? Seht ihr nicht, dass es ihr unangenehm ist über solche Sachen zu sprechen?«, Lexi schüttelte den Kopf. »Hol deinen Vogel und dann schlagen wir ein anderes Thema an. Ein nicht so peinliches und auch keins über Volltrottel. Verstanden?«, die letzten Worte richtete sie an alle. Keiner konnte sich ein Lächeln über ihre Eskapade verkneifen. Sie war wirklich direkt. Aber irgendwie gefiel mir das, vielleicht konnten wir ja Freunde werden. Dankbar war ich ihr. »Ich begleite dich«, erklärte mir Kevin. Zusammen gingen wir, um den Eichelhäher zu holen. »Und?«, fragte er. »Und was?«, wollte ich wissen. »Wie findest du die anderen?« »Ich find sie toll! Sie sind so freundlich«, erzählte ich. »Vor allem Lexi. Du hättest mich aber ruhig vor ihr warnen können«, sagte ich mit gespielter Empörung. »Ja, sie kann echt direkt sein, du hättest ihr aber auch nichts vorspielen können. Ich glaub, sie mag dich auch«, antwortete er. Bei meiner Tasche angekommen hörte ich schon saures Piepen. »Sorry. Du bekommst gleich was«, entschuldigte ich mich bei meinem Haustier und hob ihn eingewickelt in ein Tuch hoch. Zurück bei den anderen bekam er Brotkrümel von Lena und Ava. »Wie heißt er eigentlich?«, wollte Tom wissen. »Ich hab ihn Mr. Duddle genannt« »Wie süß! Duzzi Duu. Wer ist ein super süßer Voggi. Ja, du Mr. Duddle!«, fing Ava sofort an mit ihm in Babysprache zu sprechen. »Also ich werde euch Mädels wohl nie verstehen. Dieser Name allein schon, tut mir leid Jess, und dann noch diese Babyspeach. Der Eichelhäher versteht dich doch eh nicht«, brach es aus Taylor heraus. Lena warf ihm einen bösen Blick zu, musste dann aber auch lachen, als Taylor in Gelächter ausbrach. Dieser Blick von ihr sah echt komisch aus. »Ich wette, du schaffst es nicht einen Tag lang dich anständig aufzuführen. Geschweige denn Feingefühl oder Vorbildfunktion zu repräsentieren«, forderte Lex ihn raus. »Ich dachte du wettest nicht meine Liebe«, erwiderte er. »Für dich mach ich eine Ausnahme«, erklärte sie verschmitzt. »Gut. Wir wetten um einen Kuss«, kam die Antwort von Taylor. »Taylor! Das ist meine Freundin!!«, mischte sich Severin entsetzt ein. »Okay, Okay«, er nahm die Hände hoch »Dann zahlt der Verlierer dem Gewinner halt Eis, so viel er will.« »Passt, ich würde auf jeden Fall Vanille nehmen, nur das du es schon mal weißt«, willigte die Schülersprecherin ein.

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      Kapitel 8

      Wir hatten den ganzen Tag über eine schöne Zeit. Nachdem wir Volleyball gespielt hatten, brachen wir auf, weil es zu regnen anfing. Kevin brachte mich noch zurück. Dann blieb ich allein zurück. Da morgen wieder Schule war, ging ich früh ins Bett. Meine Mum hatte sich bereits in ihr Zimmer zurückgezogen. Ich machte mir ein Wurstbrot und nahm es mit auf mein Zimmer. Nachdem ich es gegessen hatte, legte ich mich ins Bett. Mr. Duddle durfte mit einer Decke auf meinem Schreibtisch schlafen.

       Ich lag in der Wiese auf einer roten Decke. Drei Meter von mir entfernt erstreckte sich ein Wald. Die Sonne schien und es zog mich magisch zu den Bäumen hin. Ich ging so lange, bis ich auf einer Lichtung angelangte. Vereinzelte Sonnenstrahlen bahnten sich einen Weg durch das saftig grüne Blätterdach. Magie lag in der Luft. Es war friedlich. Während ich in der Mitte der freien Fläche stand, näherten sich mir die Waldbewohner. Ein brauner Hase kam hüpfend auf mich zu und auch ein Eichhörnchen blickte mich neugierig von einem Baum aus an. Hinter einem Strauch erkannte ich ein Rehkitz, das mich an Bambi erinnerte. Ich kniete mich hin, um den niedlichen Hasen anzulocken. Die weißen Gänseblümchen auf der Wiese verströmten einen süßlichen Duft. Eine leichte Brise wehte durch mein Haar und ließ mich frösteln. Das Eichhörnchen spitzte die Ohren und verschwand, auch das Bambi schaute sich ruckartig um und eilte mit weiten Sprüngen davon. Der Hase, der sich zuvor auf mich zu bewegt hatte, trat die Flucht