Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...
Rinderherde, die dort weidete.
DON CESAR.
Wie konnten Räuber aus des Klosters Mitte
Die Wohlverschloßne heimlich raubend stehlen?
DIEGO.
Des Klostergartens Mauren waren leicht
Auf hoher Leiter Sprossen überstiegen.
DON CESAR.
Wie brachen sie ins Innerste der Zellen?
Denn fromme Nonnen hält der strenge Zwang.
DIEGO.
Die noch durch kein Gelübde sich gebunden,
Sie durfte frei im Freien sich ergehn.
DON CESAR.
Und pflegte sie des freien Rechtes oft
Sich zu bedienen? Dieses sage mir.
DIEGO.
Oft sah man sie des Gartens Stille suchen,
Der Wiederkehr vergaß sie heute nur.
DON CESAR nachdem er sich eine Weile bedacht.
Raub sagst du? War sie frei genug dem Räuber,
So konnte sie in Freiheit auch entfliehen.
ISABELLA steht auf.
Es ist Gewalt! Es ist verwegner Raub!
Nicht pflichtvergessen konnte meine Tochter
Aus freier Neigung dem Entführer folgen!
– Don Manuel! Don Cesar! Eine Schwester
Dacht ich euch zuzuführen, doch ich selbst
Soll jetzt sie eurem Heldenarm verdanken!
In eurer Kraft erhebt euch, meine Söhne!
Nicht ruhig duldet es, daß eure Schwester
Des frechen Diebes Beute sei – Ergreift
Die Waffen! Rüstet Schiffe aus! Durchforscht
Die ganze Küste! Durch alle Meere setzt
Dem Räuber nach! Erobert euch die Schwester!
DON CESAR.
Leb wohl! Zur Rache flieg ich, zur Entdeckung!
Er geht ab. Don Manuel aus einer tiefen Zerstreuung erwachend, wendet sich beunruhigt zu Diego.
DON MANUEL.
Wann, sagst du, sei sie unsichtbar geworden?
DIEGO.
Seit diesem Morgen erst ward sie vermißt.
DON MANUEL zu Donna Isabella.
Und Beatrice nennt sich deine Tochter?
ISABELLA.
Dies ist ihr Name! Eile! Frage nicht!
DON MANUEL.
Nur eines noch, o Mutter, laß mich wissen –
ISABELLA.
Fliege zur Tat! Des Bruders Beispiel folge!
DON MANUEL.
In welcher Gegend, ich beschwöre dich –
ISABELLA ihn forttreibend.
Sieh meine Tränen, meine Todesangst!
DON MANUEL.
In welcher Gegend hieltst du sie verborgen?
ISABELLA.
Verborgner nicht war sie im Schoß der Erde!
DIEGO.
O jetzt ergreift mich plötzlich bange Furcht.
DON MANUEL.
Furcht und worüber? Sage, was du weißt.
DIEGO.
Daß ich des Raubs unschuldig Ursach sei.
ISABELLA.
Unglücklicher, entdecke, was geschehn.
DIEGO.
Ich habe dirs verhehlt, Gebieterin,
Dein Mutterherz mit Sorge zu verschonen.
Am Tage, als der Fürst beerdigt ward,
Und alle Welt, begierig nach dem Neuen,
Der ernsten Feier sich entgegendrängte,
Lag deine Tochter, denn die Kunde war
Auch in des Klosters Mauren eingedrungen,
Lag sie mir an mit unabläßgem Flehn,
Ihr dieses Festes Anblick zu gewähren.
Ich Unglückseliger ließ mich bewegen,
Verhüllte sie in ernste Trauertracht,
Und also war sie Zeugin jenes Festes.
Und dort, befürcht ich, in des Volks Gewühl,
Das sich herbeigedrängt von allen Enden,
Ward sie vom Aug des Räubers ausgespäht,
Denn ihrer Schönheit Glanz birgt keine Hülle.
DON MANUEL vor sich, erleichtert.
Glückselges Wort, das mir das Herz befreit!
Das gleicht ihr nicht! Dies Zeichen trifft nicht zu.
ISABELLA.
Wahnsinnger Alter! So verrietst du mich!
DIEGO.
Gebieterin, ich dacht es gut zu machen.
Die Stimme der Natur, die Macht des Bluts
Glaubt ich in diesem Wunsche zu erkennen;
Ich hielt es für des Himmels eignes Werk,
Der mit verborgen ahnungsvollem Zuge
Die Tochter hintrieb zu des Vaters Grab!
Der frommen Pflicht wollt ich ihr Recht erzeigen,
Und so, aus guter Meinung, schafft ich Böses!
DON MANUEL vor sich.
Was steh ich hier in Furcht und Zweifels Qualen?
Schnell will ich Licht mir schaffen und Gewißheit.
Will gehen.
DON CESAR der zurückkommt.
Verzieh, Don Manuel, gleich folg ich dir.
DON MANUEL.
Folge mir nicht, hinweg, mir folge niemand.
Er geht ab.
DON CESAR sieht ihm verwundert nach.
Was ist dem Bruder? Mutter, sage mirs.
ISABELLA.
Ich kenn ihn nicht mehr. Ganz verkenn ich ihn.
DON CESAR.
Du siehst mich wiederkehren, meine Mutter,
Denn in des Eifers heftiger Begier
Vergaß ich, um ein Zeichen dich zu fragen,
Woran man die verlorne Schwester kennt.
Wie find ich ihre Spuren, eh ich weiß,
Aus welchem Ort die Räuber sie gerissen?
Das Kloster nenne mir, das sie verbarg.
ISABELLA.
Der heiligen Cecilia ists gewidmet
Und hinterm Waldgebirge, das zum Ätna
Sich langsam steigend hebt, liegt es versteckt,