Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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      Sage mir, was ist das?

      Was bringt dich so in Aufruhr? Kennst du mehr

      Als nur den Namen bloß von meinem Hause?

      Weiß ich dein ganz Geheimnis? Hast du nichts,

      Nichts mir verschwiegen oder vorenthalten?

      BEATRICE.

      Was denkst du? Wie? Was hätt ich zu gestehen?

      DON MANUEL.

      Von deiner Mutter hast du mir noch nichts

      Gesagt. Wer ist sie? Würdest du sie kennen,

      Wenn ich sie dir beschriebe – dir sie zeigte?

      BEATRICE.

      Du kennst sie – kennst sie und verbargest mir?

      DON MANUEL.

      Weh dir und wehe mir, wenn ich sie kenne!

      BEATRICE.

      O sie ist gütig wie das Licht der Sonne!

      Ich seh sie vor mir, die Erinnerung

      Belebt sich wieder, aus der Seele Tiefen

      Erhebt sich mir die göttliche Gestalt.

      Der braunen Locken dunkle Ringe seh ich

      Des weißen Halses edle Form beschatten,

      Ich seh der Stirne rein gewölbten Bogen,

      Des großen Auges dunkelhellen Glanz,

      Auch ihrer Stimme seelenvolle Töne

      Erwachen mir –

      DON MANUEL.

      Weh mir! Du schilderst sie!

      BEATRICE.

      Und ich entfloh ihr! Konnte sie verlassen,

      Vielleicht am Morgen eben dieses Tags,

      Der mich auf ewig ihr vereinen sollte!

      O selbst die Mutter gab ich hin für dich!

      DON MANUEL.

      Messinas Fürstin wird dir Mutter sein.

      Zu ihr bring ich dich jetzt, sie wartet deiner.

      BEATRICE.

      Was sagst du? Deine Mutter und Don Cesars?

      Zu ihr mich bringen? Nimmer, nimmermehr.

      DON MANUEL.

      Du schauderst? Was bedeutet dies Entsetzen?

      Ist meine Mutter keine Fremde dir?

      BEATRICE.

      O unglückselig traurige Entdeckung,

      O hätt ich nimmer diesen Tag gesehn!

      DON MANUEL.

      Was kann dich ängstigen, nun du mich kennst,

      Den Fürsten findest in dem Unbekannten?

      BEATRICE.

      O gib mir diesen Unbekannten wieder,

      Mit ihm auf ödem Eiland wär ich selig!

      DON CESAR hinter der Szene.

      Zurück! Welch vieles Volk ist hier versammelt?

      BEATRICE.

      Gott! Diese Stimme! Wo verberg ich mich?

      DON MANUEL.

      Erkennst du diese Stimme? Nein, du hast

      Sie nie gehört, und kannst sie nicht erkennen!

      BEATRICE.

      O laß uns fliehen, komm und weile nicht.

      DON MANUEL.

      Was fliehn? Es ist des Bruders Stimme, der

      Mich sucht, zwar wundert mich, wie er entdeckte –

      BEATRICE.

      Bei allen Heiligen des Himmels, meid ihn!

      Begegne nicht dem heftig Stürmenden,

      Laß dich von ihm an diesem Ort nicht finden.

      DON MANUEL.

      Geliebte Seele, dich verwirrt die Furcht!

      Du hörst mich nicht, wir sind versöhnte Brüder!

      BEATRICE.

      O Himmel, rette mich aus dieser Stunde!

      DON MANUEL.

      Was ahndet mir! Welch ein Gedanke faßt

      Mich schaudernd? – Wär es möglich – Wäre dir

      Die Stimme keine fremde? – Beatrice!

      Du warst? Mir grauet, weiter fortzufragen!

      Du warst – bei meines Vaters Leichenfeier!

      BEATRICE.

      Weh mir!

      DON MANUEL.

      Du warst zugegen?

      BEATRICE.

      Zürne nicht!

      DON MANUEL.

      Unglückliche, du warst?

      BEATRICE.

      Ich war zugegen.

      DON MANUEL.

      Entsetzen!

      BEATRICE.

      Die Begierde war zu mächtig!

      Vergib mir! Ich gestand dir meinen Wunsch,

      Doch plötzlich ernst und finster ließest du

      Die Bitte fallen, und so schwieg auch ich.

      Doch weiß ich nicht, welch bösen Sternes Macht

      Mich trieb mit unbezwinglichem Gelüsten.

      Des Herzens heißen Drang mußt ich vergnügen,

      Der alte Diener lieh mir seinen Beistand,

      Ich war dir ungehorsam und ich ging.

      Sie schmiegt sich an ihn, indem tritt Don Cesar herein, von dem ganzen Chor begleitet.

      Beide Brüder. Beide Chöre. Beatrice.

      ZWEITER CHOR zu Don Cesar.

      Du glaubst uns nicht – Glaub deinen eignen Augen.

      DON CESAR tritt heftig ein und fährt beim Anblick seines Bruders mit Entsetzen zurück.

      Blendwerk der Hölle! Was? In seinen Armen!

      Näher tretend, zu Don Manuel.

      Giftvolle Schlange! Das ist deine Liebe!

      Deswegen logst du tückisch mir Versöhnung!

      O eine Stimme Gottes war mein Haß!

      Fahre zur Hölle, falsche Schlangenseele!

      Er ersticht ihn.

      DON MANUEL.

      Ich bin des Todes – Beatrice – Bruder!

      Er sinkt und stirbt. Beatrice fällt neben ihm ohnmächtig nieder.

      ERSTER CHOR.

      Mord! Mord! Herbei! Greift zu den Waffen alle!

      Mit Blut gerächet sei die blutge Tat!

      Alle ziehen die Degen.

      ZWEITER CHOR.

      Heil uns! Der lange Zwiespalt ist geendigt.

      Nur einem Herrscher jetzt gehorcht Messina.

      ERSTER CHOR.

      Rache!