Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...
also, edler Dauphin!
Nicht durch dies Werkzeug irdischer Gewalt
Ist meinem Herrn der Sieg verliehn. Ich weiß
Ein ander Schwert, durch das ich siegen werde.
Ich will es dir bezeichnen, wie's der Geist
Mich lehrte, sende hin und laß es holen.
KARL.
Nenn es, Johanna.
JOHANNA.
Sende nach der alten Stadt
Fierboys, dort, auf Sankt Kathrinens Kirchhof
Ist ein Gewölb, wo vieles Eisen liegt,
Von alter Siegesbeute aufgehäuft.
Das Schwert ist drunter, das mir dienen soll.
An dreien goldnen Lilien ists zu kennen,
Die auf der Klinge eingeschlagen sind,
Dies Schwert laß holen, denn durch dieses wirst du siegen.
KARL.
Man sende hin und tue, wie sie sagt.
JOHANNA.
Und eine weiße Fahne laß mich tragen,
Mit einem Saum von Purpur eingefaßt.
Auf dieser Fahne sei die Himmelskönigin
Zu sehen mit dem schönen Jesusknaben,
Die über einer Erdenkugel schwebt,
Denn also zeigte mirs die heilge Mutter.
KARL.
Es sei so, wie du sagst.
JOHANNA zum Erzbischof.
Ehrwürdger Bischof,
Legt Eure priesterliche Hand auf mich,
Und sprecht den Segen über Eure Tochter!
Kniet nieder.
ERZBISCHOF.
Du bist gekommen, Segen auszuteilen,
Nicht zu empfangen – Geh mit Gottes Kraft!
Wir aber sind Unwürdige und Sünder!
Sie steht auf.
EDELKNECHT.
Ein Herold kommt vom engelländschen Feldherrn.
JOHANNA.
Laß ihn eintreten, denn ihn sendet Gott!
Der König winkt dem Edelknecht, der hinausgeht.
Eilfter Auftritt
Der Herold zu den Vorigen.
KARL.
Was bringst du, Herold? Sage deinen Auftrag.
HEROLD.
Wer ist es, der für Karln von Valois,
Den Grafen von Ponthieu das Wort hier führt?
DUNOIS.
Nichtswürdger Herold! Niederträchtger Bube!
Erfrechst du dich, den König der Franzosen
Auf seinem eignen Boden zu verleugnen.
Dich schützt dein Wappenrock, sonst solltest du –
HEROLD.
Frankreich erkennt nur einen einzgen König,
Und dieser lebt im engelländischen Lager.
KARL.
Seid ruhig, Vetter! Deinen Auftrag, Herold!
HEROLD.
Mein edler Feldherr, den des Blutes jammert,
Das schon geflossen und noch fließen soll,
Hält seiner Krieger Schwert noch in der Scheide,
Und ehe Orleans im Sturme fällt,
Läßt er noch gütlichen Vergleich dir bieten.
KARL.
Laß hören!
JOHANNA tritt hervor.
Sire! Laß mich an deiner Statt
Mit diesem Herold reden.
KARL.
Tu das, Mädchen!
Entscheide du, ob Krieg sei oder Friede.
JOHANNA zum Herold.
Wer sendet dich und spricht durch deinen Mund?
HEROLD.
Der Briten Feldherr, Grab von Salisbury.
JOHANNA.
Herold, du lügst! Der Lord spricht nicht durch dich.
Nur die Lebendgen sprechen, nicht die Toten.
HEROLD.
Mein Feldherr lebt in Fülle der Gesundheit
Und Kraft, und lebt euch allen zum Verderben.
JOHANNA.
Er lebte, da du abgingst. Diesen Morgen
Streckt' ihn ein Schuß aus Orleans zu Boden,
Als er von Turm La Tournelle niedersah.
– Du lachst, weil ich Entferntes dir verkünde?
Nicht meiner Rede, deinen Augen glaube!
Begegnen wird dir seiner Leiche Zug,
Wenn deine Füße dich zurücketragen!
Jetzt Herold, sprich und sage deinen Auftrag.
HEROLD.
Wenn du Verborgnes zu enthüllen weißt,
So kennst du ihn, noch eh ich dir ihn sage.
JOHANNA.
Ich brauch ihn nicht zu wissen, aber du
Vernimm den meinen jetzt! und diese Worte
Verkündige den Fürsten, die dich sandten!
– König von England, und ihr, Herzoge
Bedford und Gloster, die das Reich verwesen!
Gebt Rechenschaft dem Könige des Himmels
Von wegen des vergoßnen Blutes! Gebt
Heraus die Schlüssel alle von den Städten,
Die ihr bezwungen wider göttlich Recht,
Die Jungfrau kommt vom Könige des Himmels,
Euch Frieden zu bieten oder blutgen Krieg.
Wählt! Denn das sag ich euch, damit ihrs wisset,
Euch ist das schöne Frankreich nicht beschieden
Vom Sohne der Maria – sondern Karl
Mein Herr und Dauphin, dem es Gott gegeben,
Wird königlich einziehen zu Paris,
Von allen Großen seines Reichs begleitet.
– Jetzt Herold, geh und mach dich eilends fort,
Denn eh du noch das Lager magst erreichen,
Und Botschaft bringen, ist die Jungfrau dort,
Und pflanzt in Orleans das Siegeszeichen.
Sie geht, alles setzt