Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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fließend Blut den alten Haß versöhnen!

      KARL blickt ihn eine Zeitlang gerührt und schweigend an.

      Ist es denn wahr? Steht es so schlimm mit mir,

      Daß meine Freunde, die mein Herz durchschauen,

      Den Weg der Schande mir zur Rettung zeigen?

      Ja, jetzt erkenn ich meinen tiefen Fall,

      Denn das Vertraun ist hin auf meine Ehre.

      DU CHATEL.

      Bedenk –

      KARL.

      Kein Wort mehr! Bringe mich nicht auf!

      Müßt ich zehn Reiche mit dem Rücken schauen,

      Ich rette mich nicht mit des Freundes Leben.

      – Tu was ich dir befohlen. Geh und laß

      Mein Heergerät einschiffen.

      DU CHATEL.

      Es wird schnell

      Getan sein.

      Steht auf und geht, Agnes Sorel weint heftig.

      Siebenter Auftritt

      Karl und Agnes Sorel.

      KARL ihre Hand fassend.

      Sei nicht traurig, meine Agnes.

      Auch jenseits der Loire liegt noch ein Frankreich,

      Wir gehen in ein glücklicheres Land.

      Da lacht ein milder niebewölkter Himmel

      Und leichtre Lüfte wehn, und sanftre Sitten

      Empfangen uns, da wohnen die Gesänge

      Und schöner blüht das Leben und die Liebe.

      SOREL.

      O muß ich diesen Tag des Jammers schauen!

      Der König muß in die Verbannung gehn,

      Der Sohn auswandern aus des Vaters Hause

      Und seine Wiege mit dem Rücken schauen.

      O angenehmes Land, das wir verlassen,

      Nie werden wir dich freudig mehr betreten.

      Achter Auftritt

      La Hire kommt zurück. Karl und Sorel.

      SOREL.

      Ihr kommt allein. Ihr bringt ihn nicht zurück?

      Indem sie ihn näher ansieht.

      La Hire! Was gibts? Was sagt mir Euer Blick?

      Ein neues Unglück ist geschehn!

      LA HIRE.

      Das Unglück

      Hat sich erschöpft und Sonnenschein ist wieder!

      SOREL.

      Was ists? Ich bitt Euch.

      LA HIRE zum König.

      Ruf die Abgesandten

      Von Orleans zurück!

      KARL.

      Warum? Was gibts?

      LA HIRE.

      Ruf sie zurück. Dein Glück hat sich gewendet,

      Ein Treffen ist geschehn, du hast gesiegt.

      SOREL.

      Gesiegt! O himmlische Musik des Wortes!

      KARL.

      La Hire! Dich täuscht ein fabelhaft Gerücht.

      Gesiegt! Ich glaub an keine Siege mehr.

      LA HIRE.

      O du wirst bald noch größre Wunder glauben.

      – Da kommt der Erzbischof. Er führt den Bastard

      In deinen Arm zurück –

      SOREL.

      O schöne Blume

      Des Siegs, die gleich die edeln Himmelsfrüchte,

      Fried und Versöhnung trägt!

      Neunter Auftritt

      Erzbischof von Reims. Dunois. Du Chatel mit Raoul, einem geharnischten Ritter, zu den Vorigen.

      ERZBISCHOF führt den Bastard zu dem König und legt ihre Hände ineinander.

      Umarmt euch, Prinzen!

      Laßt allen Groll und Hader jetzo schwinden,

      Da sich der Himmel selbst für uns erklärt.

      Dunois umarmt den König.

      KARL.

      Reißt mich aus meinem Zweifel und Erstaunen.

      Was kündigt dieser feierliche Ernst mir an?

      Was wirkte diesen schnellen Wechsel?

      ERZBISCHOF führt den Ritter hervor und stellt ihn vor den König.

      Redet!

      RAOUL.

      Wir hatten sechzehn Fähnlein aufgebracht

      Lothringisch Volk, zu deinem Heer zu stoßen,

      Und Ritter Baudricour aus Vaucouleurs

      War unser Führer. Als wir nun die Höhen

      Bei Vermanton erreicht und in das Tal,

      Das die Yonne durchströmt, herunterstiegen,

      Da stand in weiter Ebene vor uns der Feind,

      Und Waffen blitzten, da wir rückwärts sahn.

      Umrungen sahn wir uns von beiden Heeren.

      Nicht Hoffnung war zu siegen noch zu fliehn,

      Da sank dem Tapfersten das Herz und alles,

      Verzweiflungsvoll, will schon die Waffen strecken.

      Als nun die Führer miteinander noch

      Rat suchten und nicht fanden – sieh da stellte sich

      Ein seltsam Wunder unsern Augen dar!

      Denn aus der Tiefe des Gehölzes plötzlich

      Trat eine Jungfrau, mit behelmtem Haupt

      Wie eine Kriegesgöttin, schön zugleich

      Und schrecklich anzusehn, um ihren Nacken

      In dunkeln Ringen fiel das Haar, ein Glanz

      Vom Himmel schien die Hohe zu umleuchten,

      Als sie die Stimm erhub und also sprach:

      »Was zagt ihr, tapfre Franken! Auf den Feind!

      Und wären sein mehr denn des Sands im Meere,

      Gott und die heilge Jungfrau führt euch an!«

      Und schnell dem Fahnenträger aus der Hand

      Riß sie die Fahn und vor dem Zuge her

      Mit kühnem Anstand schritt die Mächtige.

      Wir, stumm vor Staunen, selbst nicht wollend, folgen

      Der hohen Fahn und ihrer Trägerin,

      Und auf den Feind gerad an stürmen wir.

      Der, hochbetroffen, steht bewegungslos

      Mit