Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


Скачать книгу

gefesselt stehen!

      Ich habe mit dem Herzoge zu reden.

      Nachdem alles ruhig ist.

      Was willst du tun, Burgund? Wer ist der Feind,

      Den deine Blicke mordbegierig suchen?

      Dieser edle Prinz ist Frankreichs Sohn wie du

      Dieser Tapfre ist dein Waffenfreund und Landsmann,

      Ich selbst bin deines Vaterlandes Tochter.

      Wir alle, die du zu vertilgen strebst,

      Gehören zu den Deinen – unsre Arme

      Sind aufgetan dich zu empfangen, unsre Knie

      Bereit dich zu verehren – unser Schwert

      Hat keine Spitze gegen dich. Ehrwürdig

      Ist uns das Antlitz, selbst im Feindeshelm,

      Das unsers Königs teure Züge trägt.

      BURGUND.

      Mit süßer Rede schmeichlerischem Ton

      Willst du Sirene! deine Opfer locken.

      Arglistge, mich betörst du nicht. Verwahrt

      Ist mir das Ohr vor deiner Rede Schlingen

      Und deines Auges Feuerpfeile gleiten

      Am guten Harnisch meines Busens ab.

      Zu den Waffen, Dunois!

      Mit Streichen nicht mit Worten laß uns fechten.

      DUNOIS.

      Erst Worte und dann Streiche. Fürchtest du

      Vor Worten dich? Auch das ist Feigheit

      Und der Verräter einer bösen Sache.

      JOHANNA.

      Uns treibt nicht die gebieterische Not

      Zu deinen Füßen, nicht als Flehende

      Erscheinen wir vor dir. – Blick um dich her!

      In Asche liegt das engelländsche Lager,

      Und eure Toten decken das Gefild.

      Du hörst der Franken Kriegstrommete tönen,

      Gott hat entschieden, unser ist der Sieg.

      Des schönen Lorbeers frisch gebrochnen Zweig

      Sind wir bereit, mit unserm Freund zu teilen.

      – O komm herüber! Edler Flüchtling komm!

      Herüber, wo das Recht ist und der Sieg.

      Ich selbst, die Gottgesandte, reiche dir

      Die schwesterliche Hand. Ich will dich rettend

      Herüberziehn auf unsre reine Seite! –

      Der Himmel ist für Frankreich. Seine Engel,

      Du siehst sie nicht, sie fechten für den König,

      Sie alle sind mit Lilien geschmückt,

      Lichtweiß wie diese Fahn ist unsre Sache,

      Die reine Jungfrau ist ihr keusches Sinnbild.

      BURGUND.

      Verstrickend ist der Lüge trüglich Wort,

      Doch ihre Rede ist wie eines Kindes.

      Wenn böse Geister ihr die Worte leihn,

      So ahmen sie die Unschuld siegreich nach.

      Ich will nicht weiter hören. Zu den Waffen!

      Mein Ohr, ich fühls, ist schwächer als mein Arm.

      JOHANNA.

      Du nennst mich eine Zauberin, gibst mir Künste

      Der Hölle schuld – Ist Frieden stiften, Haß

      Versöhnen ein Geschäft der Hölle? Kommt

      Die Eintracht aus dem ewgen Pfuhl hervor?

      Was ist unschuldig, heilig, menschlich gut,

      Wenn es der Kampf nicht ist ums Vaterland?

      Seit wann ist die Natur so mit sich selbst

      Im Streite, daß der Himmel die gerechte Sache

      Verläßt, und daß die Teufel sie beschützen?

      Ist aber das, was ich dir sage, gut,

      Wo anders als von oben konnt ichs schöpfen?

      Wer hätte sich auf meiner Schäfertrift

      Zu mir gesellt, das kindsche Hirtenmädchen

      In königlichen Dingen einzuweihn?

      Ich bin vor hohen Fürsten nie gestanden,

      Die Kunst der Rede ist dem Munde fremd.

      Doch jetzt, da ichs bedarf dich zu bewegen,

      Besitz ich Einsicht, hoher Dinge Kunde,

      Der Länder und der Könige Geschick

      Liegt sonnenhell vor meinem Kindesblick,

      Und einen Donnerkeil führ ich im Munde.

      BURGUND lebhaft bewegt, schlägt die Augen zu ihr auf und betrachtet sie mit Erstaunen und Rührung.

      Wie wird mir? Wie geschieht mir? Ists ein Gott,

      Der mir das Herz im tiefsten Busen wendet!

      – Sie trügt nicht, diese rührende Gestalt!

      Nein! Nein! Bin ich durch Zaubers Macht geblendet,

      So ists durch eine himmlische Gewalt,

      Mir sagts das Herz, sie ist von Gott gesendet.

      JOHANNA.

      Er ist gerührt, er ists! Ich habe nicht

      Umsonst gefleht, des Zornes Donnerwolke schmilzt

      Von seiner Stirne tränentauend hin,

      Und aus den Augen, Friede strahlend, bricht

      Die goldne Sonne des Gefühls hervor.

      – Weg mit den Waffen – drücket Herz an Herz –

      Er weint, er ist bezwungen, er ist unser!

      Schwert und Fahne entsinken ihr, sie eilt auf ihn zu mit ausgebreiteten Armen und umschlingt ihn mit leidenschaftlichem Ungestüm. La Hire und Dunois lassen die Schwerter fallen und eilen ihn zu umarmen.

      Hoflager des Königs zu Chalons an der Marne.

      Erster Auftritt

      Dunois und La Hire.

      DUNOIS.

      Wir waren Herzensfreunde, Waffenbrüder,

      Für eine Sache hoben wir den Arm

      Und hielten fest in Not und Tod zusammen.

      Laßt Weiberliebe nicht das Band zertrennen,

      Das jeden Schicksalswechsel ausgehalten.

      LA HIRE.

      Prinz, hört mich an!

      DUNOIS.

      Ihr liebt das wunderbare Mädchen,

      Und mir ist wohl bekannt, worauf Ihr sinnt.

      Zum König denkt Ihr stehnden Fußes jetzt

      Zu