Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...
dieser einzge Augenblick. Es war
Ein Schicksal, ein unglückliches Gestirn!
BURGUND faßt seine Hand.
Ich will gutmachen! Glaubet mir, ich wills.
Alle Leiden sollen Euch erstattet werden,
Euer ganzes Königreich sollt Ihr zurück
Empfangen – nicht ein Dorf soll daran fehlen!
KARL.
Wir sind vereint. Ich fürchte keinen Feind mehr.
BURGUND.
Glaubt mir, ich führte nicht mit frohem Herzen
Die Waffen wider Euch. O wüßtet Ihr –
Warum habt Ihr mir diese nicht geschickt?
Auf die Sorel zeigend.
Nicht widerstanden hätt ich ihren Tränen!
– Nun soll uns keine Macht der Hölle mehr
Entzweien, da wir Brust an Brust geschlossen!
Jetzt hab ich meinen wahren Ort gefunden,
An diesem Herzen endet meine Irrfahrt.
ERZBISCHOF tritt zwischen beide.
Ihr seid vereinigt, Fürsten! Frankreich steigt
Ein neu verjüngter Phönix aus der Asche,
Uns lächelt eine schöne Zukunft an.
Des Landes tiefe Wunden werden heilen,
Die Dörfer, die verwüsteten, die Städte
Aus ihrem Schutt sich prangender erheben,
Die Felder decken sich mit neuem Grün –
Doch, die das Opfer eures Zwists gefallen,
Die Toten stehen nicht mehr auf, die Tränen,
Die eurem Streit geflossen, sind. und bleiben.
Geweint! Das kommende Geschlecht wird blühen,
Doch das vergangne war des Elends Raub,
Der Enkel Glück erweckt nicht mehr die Väter.
Das sind die Früchte eures Bruderzwists!
Laßts euch zur Lehre dienen! Fürchtet die Gottheit
Des Schwerts, eh ihrs der Scheid entreißt. Loslassen
Kann der Gewaltige den Krieg, doch nicht
Gelehrig wie der Falk sich aus den Lüften
Zurückschwingt auf des Jägers Hand, gehorcht
Der wilde Gott dem Ruf der Menschenstimme.
Nicht zweimal kommt im rechten Augenblick
Wie heut die Hand des Retters aus den Wolken.
BURGUND.
O Sire! Euch wohnt ein Engel an der Seite.
– Wo ist sie? Warum seh ich sie nicht hier?
KARL.
Wo ist Johanna? Warum fehlt sie uns
In diesem festlich schönen Augenblick,
Den sie uns schenkte?
ERZBISCHOF.
Sire! Das heilge Mädchen
Liebt nicht die Ruhe eines müßgen Hofs,
Und ruft sie nicht der göttliche Befehl
Ans Licht der Welt hervor, so meidet sie
Verschämt den eitlen Blick gemeiner Augen!
Gewiß bespricht sie sich mit Gott, wenn sie
Für Frankreichs Wohlfahrt nicht geschäftig ist,
Denn allen ihren Schritten folgt der Segen.
Vierter Auftritt
Johanna zu den Vorigen. Sie ist im Harnisch, aber ohne Helm, und trägt einen Kranz in den Haaren.
KARL.
Du kommst als Priesterin geschmückt, Johanna,
Den Bund, den du gestiftet, einzuweihn?
BURGUND.
Wie schrecklich war die Jungfrau in der Schlacht,
Und wie umstrahlt mit Anmut sie der Friede!
– Hab ich mein Wort gelöst, Johanna? Bist du
Befriedigt und verdien ich deinen Beifall?
JOHANNA.
Dir selbst hast du die größte Gunst erzeigt.
Jetzt schimmerst du in segenvollem Licht,
Da du vorhin in blutrotdüsterm Schein
Ein Schreckensmond an diesem Himmel hingst.
Sich umschauend.
Viel edle Ritter find ich hier versammelt
Und alle Augen glänzen freudenhell,
Nur einem Traurigen hab ich begegnet,
Der sich verbergen muß, wo alles jauchzt.
BURGUND.
Und wer ist sich so schwerer Schuld bewußt,
Daß er an unsrer Huld verzweifeln müßte?
JOHANNA.
Darf er sich nahn? O sage, daß ers darf?
Mach dein Verdienst vollkommen. Eine Versöhnung
Ist keine, die das Herz nicht ganz befreit.
Ein Tropfe Haß, der in dem Freudenbecher
Zurückbleibt, macht den Segenstrank zum Gift.
– Kein Unrecht sei so blutig, daß Burgund
An diesem Freudentag es nicht vergebe!
BURGUND.
Ha, ich verstehe dich!
JOHANNA.
Und willst verzeihn?
Du willst es, Herzog? – Komm herein, Du Chatel!
Sie öffnet die Tür und führt Du Chatel herein, dieser bleibt in der Entfernung stehen.
Der Herzog ist mit seinen Feinden allen
Versöhnt, er ist es auch mit dir.
Du Chatel tritt einige Schritte näher und sucht in den Augen des Herzogs zu lesen.
BURGUND.
Was machst du
Aus mir, Johanna? Weißt du, was du foderst?
JOHANNA.
Ein gütger Herr tut seine Pforten auf
Für alle Gäste, keinen schließt er aus;
Frei wie das Firmament die Welt umspannt,
So muß die Gnade Freund und Feind umschließen.
Es schickt die Sonne ihre Strahlen gleich
Nach allen Räumen der Unendlichkeit,
Gleichmessend gießt der Himmel seinen Tau
Auf alle durstenden Gewächse aus.
Was irgend gut ist und von oben kommt,
Ist allgemein und