Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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die Hand.

      Mylord, fahrt wohl! Der Tränen schuldgen Zoll

      Will ich Euch redlich nach der Schlacht entrichten,

      Wenn ich alsdann noch übrig bin. Jetzt aber

      Ruft das Geschick mich fort, das auf dem Schlachtfeld

      Noch richtend sitzt und seine Lose schüttelt.

      Auf Wiedersehn in einer andern Welt,

      Kurz ist der Abschied für die lange Freundschaft.

      Geht ab.

      TALBOT.

      Bald ists vorüber und der Erde geb ich,

      Der ewgen Sonne die Atome wieder,

      Die sich zu Schmerz und Lust in mir gefügt –

      Und von dem mächtgen Talbot, der die Welt

      Mit seinem Kriegsruhm füllte, bleibt nichts übrig,

      Als eine Handvoll leichten Staubs. – So geht

      Der Mensch zu Ende – und die einzige

      Ausbeute, die wir aus dem Kampf des Lebens

      Wegtragen, ist die Einsicht in das Nichts,

      Und herzliche Verachtung alles dessen,

      Was uns erhaben schien und wünschenswert –

      Siebenter Auftritt

      Karl. Burgund. Dunois. Du Chatel und Soldaten treten auf.

      BURGUND.

      Die Schanze ist erstürmt.

      DUNOIS.

      Der Tag ist unser.

      KARL Talbot bemerkend.

      Seht, wer es ist, der dort vom Licht der Sonne

      Den unfreiwillig schweren Abschied nimmt?

      Die Rüstung zeigt mir keinen schlechten Mann,

      Geht, springt ihm bei, wenn ihm noch Hülfe frommt.

      Soldaten aus des Königs Gefolge treten hinzu.

      FASTOLF.

      Zurück! Bleibt fern! Habt Achtung vor dem Toten,

      Dem ihr im Leben nie zu nahn gewünscht!

      BURGUND.

      Was seh ich! Talbot liegt in seinem Blut!

      Er geht auf ihn zu. Talbot blickt ihn starr an und stirbt.

      FASTOLF.

      Hinweg, Burgund! Den letzten Blick des Helden

      Vergifte nicht der Anblick des Verräters!

      DUNOIS.

      Furchtbarer Talbot! Unbezwinglicher!

      Nimmst du vorlieb mit so geringem Raum,

      Und Frankreichs weite Erde konnte nicht

      Dem Streben deines Riesengeistes gnügen.

      – Erst jetzo, Sire, begrüß ich Euch als König,

      Die Krone zitterte auf Eurem Haupt,

      So lang ein Geist in diesem Körper lebte.

      KARL nachdem er den Toten stillschweigend betrachtet.

      Ihn hat ein Höherer besiegt, nicht wir!

      Er liegt auf Frankreichs Erde, wie der Held

      Auf seinem Schild, den er nicht lassen wollte.

      Bringt ihn hinweg!

      Soldaten heben den Leichnam auf und tragen ihn fort.

      Fried sei mit seinem Staube!

      Ihm soll ein ehrenvolles Denkmal werden,

      Mitten in Frankreich, wo er seinen Lauf

      Als Held geendet, ruhe sein Gebein!

      So weit als er, drang noch kein feindlich Schwert,

      Seine Grabschrift sei der Ort, wo man ihn findet.

      FASTOLF gibt sein Schwert ab.

      Herr, ich bin dein Gefangener.

      KARL gibt ihm sein Schwert zurück.

      Nicht also!

      Die fromme Pflicht ehrt auch der rohe Krieg,

      Frei sollt Ihr Eurem Herrn zu Grabe folgen.

      Jetzt eilt, Du Chatel – Meine Agnes zittert. –

      Entreißt sie ihrer Angst um uns – Bringt ihr

      Die Botschaft, daß wir leben, daß wir siegten,

      Und führt sie im Triumph nach Reims!

      Du Chatel geht ab.

      Achter Auftritt

      La Hire zu den Vorigen.

      DUNOIS.

      La Hire!

      Wo ist die Jungfrau?

      LA HIRE.

      Wie? Das frag ich Euch.

      An Eurer Seite fechtend ließ ich sie.

      DUNOIS.

      Von Eurem Arme glaubt ich sie beschützt,

      Als ich dem König beizuspringen eilte.

      BURGUND.

      Im dichtsten Feindeshaufen sah ich noch

      Vor kurzem ihre weiße Fahne wehn.

      DUNOIS.

      Weh uns, wo ist sie? Böses ahndet mir!

      Kommt, eilen wir sie zu befrein. – Ich fürchte,

      Sie hat der kühne Mut zu weit geführt,

      Umringt von Feinden kämpft sie ganz allein,

      Und hülflos unterliegt sie jetzt der Menge.

      KARL.

      Eilt, rettet sie!

      LA HIRE.

      Ich folg euch, kommt!

      BURGUND.

      Wir alle!

      Sie eilen fort.

      Eine andre öde Gegend des Schlachtfelds.

      Man sieht die Türme von Reims in der Ferne, von der Sonne beleuchtet.

      Neunter Auftritt

      Ein Ritter in ganz schwarzer Rüstung, mit geschloßnem Visier. Johanna verfolgt ihn bis auf die vordere Bühne, wo er stille steht und sie erwartet.

      JOHANNA.

      Arglistger! Jetzt erkenn ich deine Tücke!

      Du hast mich trüglich durch verstellte Flucht

      Vom Schlachtfeld weggelockt und Tod und Schicksal

      Von vieler Britensöhne Haupt entfernt.

      Doch jetzt ereilt dich selber das Verderben.

      SCHWARZER RITTER.

      Warum verfolgst du mich und heftest dich

      So wutentbrannt an meine Fersen? Mir

      Ist nicht bestimmt, von deiner Hand zu fallen.

      JOHANNA.