Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


Скачать книгу

der Sturm der Schlacht mich faßte,

      Speere sausend mich umtönten

      In des heißen Streites Wut!

      Wieder fänd ich meinen Mut!

      Diese Stimmen, diese Töne,

      Wie umstricken sie mein Herz,

      Jede Kraft in meinem Busen

      Lösen sie in weichem Sehnen,

      Schmelzen sie in Wehmuts-Tränen!

      Nach einer Pause lebhafter.

      Sollt ich ihn töten? Konnt ichs, da ich ihm

      Ins Auge sah? Ihn töten! Eher hätt ich

      Den Mordstahl auf die eigne Brust gezückt!

      Und bin ich strafbar, weil ich menschlich war?

      Ist Mitleid Sünde? – Mitleid! Hörtest du

      Des Mitleids Stimme und der Menschlichkeit

      Auch bei den andern, die dein Schwert geopfert?

      Warum verstummte sie, als der Walliser dich,

      Der zarte Jüngling, um sein Leben flehte?

      Arglistig Herz! Du lügst dem ewgen Licht,

      Dich trieb des Mitleids fromme Stimme nicht!

      Warum mußt ich ihm in die Augen sehn!

      Die Züge schaun des edeln Angesichts!

      Mit deinem Blick fing dein Verbrechen an,

      Unglückliche! Ein blindes Werkzeug fodert Gott,

      Mit blinden Augen mußtest dus vollbringen!

      Sobald du sahst, verließ dich Gottes Schild,

      Ergriffen dich der Hölle Schlingen!

      Die Flöten wiederholen, sie versinkt in eine stille Wehmut.

      Frommer Stab! O hätt ich nimmer

      Mit dem Schwerte dich vertauscht!

      Hätt es nie in deinen Zweigen,

      Heilge Eiche! mir gerauscht!

      Wärst du nimmer mir erschienen,

      Hohe Himmelskönigin!

      Nimm, ich kann sie nicht verdienen,

      Deine Krone, nimm sie hin!

      Ach, ich sah den Himmel offen

      Und der Selgen Angesicht!

      Doch auf Erden ist mein Hoffen,

      Und im Himmel ist es nicht!

      Mußtest du ihn auf mich laden

      Diesen furchtbaren Beruf,

      Konnt ich dieses Herz verhärten,

      Das der Himmel fühlend schuf!

      Willst du deine Macht verkünden

      Wähle sie, die frei von Sünden

      Stehn in deinem ewgen Haus,

      Deine Geister sende aus,

      Die Unsterblichen, die Reinen,

      Die nicht fühlen, die nicht weinen!

      Nicht die zarte Jungfrau wähle,

      Nicht der Hirtin weiche Seele!

      Kümmert mich das Los der Schlachten,

      Mich der Zwist der Könige?

      Schuldlos trieb ich meine Lämmer

      Auf des stillen Berges Höh.

      Doch du rissest mich ins Leben,

      In den stolzen Fürstensaal,

      Mich der Schuld dahinzugeben,

      Ach! es war nicht meine Wahl!

      Zweiter Auftritt

      Agnes Sorel. Johanna.

      SOREL kommt in lebhafter Rührung, wie sie die Jungfrau erblickt, eilt sie auf sie zu und fällt ihr um den Hals; plötzlich besinnt sie sich, läßt sie los und fällt vor ihr nieder.

      Nein! Nicht so! Hier im Staub vor dir –

      JOHANNA will sie aufheben.

      Steh auf!

      Was ist dir? Du vergissest dich und mich.

      SOREL.

      Laß mich! Es ist der Freude Drang, der mich

      Zu deinen Füßen niederwirft – ich muß

      Mein überwallend Herz vor Gott ergießen,

      Den Unsichtbaren bet ich an in dir.

      Du bist der Engel, der mir meinen Herrn

      Nach Reims geführt und mit der Krone schmückt.

      Was ich zu sehen nie geträumt, es ist

      Erfüllt! Der Krönungszug bereitet sich,

      Der König steht im festlichen Ornat,

      Versammelt sind die Pairs, die Mächtigen

      Der Krone, die Insignien zu tragen,

      Zur Kathedrale wallend strömt das Volk,

      Es schallt der Reigen und die Glocken tönen,

      O dieses Glückes Fülle trag ich nicht!

      Johanna hebt sie sanft in die Höhe. Agnes Sorel hält einen Augenblick inne, indem sie der Jungfrau näher ins Auge sieht.

      Doch du bleibst immer ernst und streng, du kannst

      Das Glück erschaffen, doch du teilst es nicht.

      Dein Herz ist kalt, du fühlst nicht unsre Freuden,

      Du hast der Himmel Herrlichkeit gesehn,

      Die reine Brust bewegt kein irdisch Glück.

      Johanna ergreift ihre Hand mit Heftigkeit, läßt sie aber schnell wieder fahren.

      O könntest du ein Weib sein und empfinden!

      Leg diese Rüstung ab, kein Krieg ist mehr,

      Bekenne dich zum sanfteren Geschlechte!

      Mein liebend Herz flieht scheu vor dir zurück,

      Solange du der strengen Pallas gleichst.

      JOHANNA.

      Was foderst du von mir!

      SOREL.

      Entwaffne dich!

      Leg diese Rüstung ab, die Liebe fürchtet,

      Sich dieser stahlbedeckten Brust zu nahn.

      O sei ein Weib und du wirst Liebe fühlen!

      JOHANNA.

      Jetzt soll ich mich entwaffnen! Jetzt! Dem Tod

      Will ich die Brust entblößen in der Schlacht!

      Jetzt nicht – o möchte siebenfaches Erz

      Vor euren Festen, vor mir selbst mich schützen!

      SOREL.

      Dich liebt Graf Dunois. Sein edles Herz,

      Dem Ruhm nur offen und der Heldentugend,

      Es glüht für dich in heiligem Gefühl.

      O