Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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hergeführt zu dieses Festes Feier.

      Wir kommen deine Herrlichkeit zu sehn,

      Und wir sind nicht allein!

      JOHANNA schnell.

      Der Vater ist mit euch!

      Wo, wo ist er? Warum verbirgt er sich?

      MARGOT.

      Der Vater ist nicht mit uns.

      JOHANNA.

      Nicht? Er will sein Kind

      Nicht sehn? Ihr bringt mir seinen Segen nicht?

      LOUISON.

      Er weiß nicht, daß wir hier sind.

      JOHANNA.

      Weiß es nicht!

      Warum nicht? – Ihr verwirret euch? Ihr schweigt

      Und seht zur Erde! Sagt, wo ist der Vater?

      MARGOT.

      Seitdem du weg bist –

      LOUISON winkt ihr.

      Margot!

      MARGOT.

      Ist der Vater

      Schwermütig worden.

      JOHANNA.

      Schwermütig!

      LOUISON.

      Tröste dich!

      Du kennst des Vaters ahndungsvolle Seele!

      Er wird sich fassen, sich zufrieden geben,

      Wenn wir ihm sagen, daß du glücklich bist.

      MARGOT.

      Du bist doch glücklich? Ja du mußt es sein,

      Da du so groß bist und geehrt!

      JOHANNA.

      Ich bins,

      Da ich euch wieder sehe, eure Stimme

      Vernehme, den geliebten Ton, mich heim

      Erinnre an die väterliche Flur.

      Da ich die Herde trieb auf unsern Höhen,

      Da war ich glücklich wie im Paradies –

      Kann ichs nicht wieder sein, nicht wieder werden!

      Sie verbirgt ihr Gesicht an Louisons Brust. Claude Marie, Etienne und Bertrand zeigen sich und bleiben schüchtern in der Ferne stehen.

      MARGOT.

      Kommt, Etienne! Bertrand! Claude Marie!

      Die Schwester ist nicht stolz, sie ist so sanft

      Und spricht so freundlich, als sie nie getan,

      Da sie noch in dem Dorf mit uns gelebt.

      Jene treten näher und wollen ihr die Hand reichen, Johanna sieht sie mit starren Blicken an, und fällt in ein tiefes Staunen.

      JOHANNA.

      Wo war ich? Sagt mir! War das alles nur

      Ein langer Traum und ich bin aufgewacht?

      Bin ich hinweg aus Dom Remi? Nicht wahr!

      Ich war entschlafen unterm Zauberbaum,

      Und bin erwacht, und ihr steht um mich her,

      Die wohlbekannten traulichen Gestalten?

      Mir hat von diesen Königen und Schlachten

      Und Kriegestaten nur geträumt – es waren

      Nur Schatten, die an mir vorübergingen,

      Denn lebhaft träumt sichs unter diesem Baum.

      Wie kämet ihr nach Reims? Wie käm ich selbst

      Hieher? Nie, nie verließ ich Dom Remi!

      Gesteht mirs offen und erfreut mein Herz.

      LOUISON.

      Wir sind zu Reims. Dir hat von diesen Taten

      Nicht bloß geträumt, du hast sie alle wirklich

      Vollbracht. – Erkenne dich, blick um dich her,

      Befühle deine glänzend goldne Rüstung!

      Johanna fährt mit der Hand nach der Brust, besinnt sich und erschrickt.

      BERTRAND.

      Aus meiner Hand empfingt Ihr diesen Helm.

      CLAUDE MARIE.

      Es ist kein Wunder, daß Ihr denkt zu träumen,

      Denn was Ihr ausgerichtet und getan,

      Kann sich im Traum nicht wunderbarer fügen.

      JOHANNA schnell.

      Kommt, laßt uns fliehn! Ich geh mit euch, ich kehre

      In unser Dorf, in Vaters Schoß zurück.

      LOUISON.

      O komm! komm mit uns!

      JOHANNA.

      Diese Menschen alle

      Erheben mich weit über mein Verdienst!

      Ihr habt mich kindisch, klein und schwach gesehn,

      Ihr liebt mich, doch ihr betet mich nicht an!

      MARGOT.

      Du wolltest allen diesen Glanz verlassen!

      JOHANNA.

      Ich werf ihn von mir, den verhaßten Schmuck,

      Der euer Herz von meinem Herzen trennt,

      Und eine Hirtin will ich wieder werden.

      Wie eine niedre Magd will ich euch dienen,

      Und büßen will ichs mit der strengsten Buße,

      Daß ich mich eitel über euch erhob!

      Trompeten erschallen.

      Zehnter Auftritt

      Der König tritt aus der Kirche, er ist im Krönungsornat, Agnes Sorel, Erzbischof, Burgund, Dunois, La Hire, Du Chatel, Ritter, Hofleute und Volk.

      ALLE STIMMEN rufen wiederholt, während daß der König vorwärtskommt.

      Es lebe der König! Karl der Siebente!

      Trompeten fallen ein. Auf ein Zeichen, das der König gibt, gebieten die Herolde mit erhobenem Stabe Stillschweigen.

      KÖNIG.

      Mein gutes Volk! Habt Dank für eure Liebe!

      Die Krone, die uns Gott aufs Haupt gesetzt,

      Durchs Schwert ward sie gewonnen und erobert,

      Mit edelm Bürgerblut ist sie benetzt,

      Doch friedlich soll der Ölzweig sie umgrünen.

      Gedankt sei allen, die für uns gefochten,

      Und allen, die uns widerstanden, sei

      Verziehn, denn Gnade hat uns Gott erzeigt,

      Und unser erstes Königswort sei – Gnade!

      VOLK.

      Es lebe der König! Karl der Gütige!

      KÖNIG.

      Von Gott allein, dem höchsten Herrschenden,

      Empfangen Frankreichs Könige die Krone.

      Wir