Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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seiner Hand empfangen.

      Zur Jungfrau sich wendend.

      Hier steht die Gottgesendete, die euch

      Den angestammten König wieder gab,

      Das Joch der fremden Tyrannei zerbrochen!

      Ihr Name soll dem heiligen Denis

      Gleich sein, der dieses Landes Schützer ist,

      Und ein Altar sich ihrem Ruhm erheben!

      VOLK.

      Heil, Heil der Jungfrau, der Erretterin!

      Trompeten.

      KÖNIG zur Johanna.

      Wenn du von Menschen bist gezeugt wie wir,

      So sage, welches Glück dich kann erfreuen;

      Doch wenn dein Vaterland dort oben ist,

      Wenn du die Strahlen himmlischer Natur

      In diesem jungfräulichen Leib verhüllst,

      So nimm das Band hinweg von unsern Sinnen

      Und laß dich sehn in deiner Lichtgestalt,

      Wie dich der Himmel sieht, daß wir anbetend

      Im Staube dich verehren.

      Ein allgemeines Stillschweigen, jedes Auge ist auf die Jungfrau gerichtet.

      JOHANNA plötzlich aufschreiend.

      Gott! Mein Vater!

      Eilfter Auftritt

      Die Vorigen. Thibaut tritt aus der Menge und steht Johanna gerade gegenüber.

      MEHRERE STIMMEN.

      Ihr Vater!

      THIBAUT.

      Ja ihr jammervoller Vater,

      Der die Unglückliche gezeugt, den Gottes

      Gericht hertreibt, die eigne Tochter anzuklagen.

      BURGUND.

      Ha! Was ist das!

      DU CHATEL.

      Jetzt wird es schrecklich tagen!

      THIBAUT zum König.

      Gerettet glaubst du dich durch Gottes Macht?

      Betrogner Fürst! Verblendet Volk der Franken!

      Du bist gerettet durch des Teufels Kunst.

      Alle treten mit Entsetzen zurück.

      DUNOIS.

      Rast dieser Mensch?

      THIBAUT.

      Nicht ich, du aber rasest,

      Und diese hier, und dieser weise Bischof,

      Die glauben, daß der Herr der Himmel sich

      Durch eine schlechte Magd verkünden werde.

      Laß sehn, ob sie auch in des Vaters Stirn

      Der dreisten Lüge Gaukelspiel behauptet,

      Womit sie Volk und König hinterging.

      Antworte mir im Namen des Dreieinen,

      Gehörst du zu den Heiligen und Reinen?

      Allgemeine Stille, alle Blicke sind auf sie gespannt, sie steht unbeweglich.

      SOREL.

      Gott, sie verstummt!

      THIBAUT.

      Das muß sie vor dem furchtbarn Namen

      Der in der Höllen Tiefen selbst

      Gefürchtet wird! – Sie eine Heilige,

      Von Gott gesendet! – An verfluchter Stätte

      Ward es ersonnen, unterm Zauberbaum,

      Wo schon von alters her die bösen Geister

      Den Sabbat halten – hier verkaufte sie

      Dem Feind der Menschen ihr unsterblich Teil,

      Daß er mit kurzem Weltruhm sie verherrliche.

      Laßt sie den Arm aufstreifen, seht die Punkte,

      Womit die Hölle sie gezeichnet hat!

      BURGUND.

      Entsetzlich! – Doch dem Vater muß man glauben,

      Der wider seine eigne Tochter zeugt!

      DUNOIS.

      Nein, nicht zu glauben ist dem Rasenden,

      Der in dem eignen Kind sich selber schändet!

      SOREL zur Johanna.

      O rede! Brich dies unglückselge Schweigen!

      Wir glauben dir! Wir trauen fest auf dich!

      Ein Wort aus deinem Mund, ein einzig Wort

      Soll uns genügen – Aber sprich! Vernichte

      Die gräßliche Beschuldigung – Erkläre,

      Du seist unschuldig, und wir glauben dir.

      Johanna steht unbeweglich, Agnes Sorel tritt mit Entsetzen von ihr hinweg.

      LA HIRE.

      Sie ist erschreckt. Erstaunen und Entsetzen

      Schließt ihr den Mund. – Vor solcher gräßlichen

      Anklage muß die Unschuld selbst erbeben.

      Er nähert sich ihr.

      Faß dich, Johanna. Fühle dich. Die Unschuld

      Hat eine Sprache, einen Siegerblick,

      Der die Verleumdung mächtig niederblitzt!

      In edelm Zorn erhebe dich, blick auf,

      Beschäme, strafe den unwürdgen Zweifel,

      Der deine heilge Tugend schmäht.

      Johanna steht unbeweglich. La Hire tritt entsetzt zurück, die Bewegung vermehrt sich.

      DUNOIS.

      Was zagt das Volk? Was zittern selbst die Fürsten?

      Sie ist unschuldig – Ich verbürge mich,

      Ich selbst, für sie mit meiner Fürstenehre!

      Hier werf ich meinen Ritterhandschuh hin,

      Wer wagts, sie eine Schuldige zu nennen?

      Ein heftiger Donnerschlag, alle stehen entsetzt.

      THIBAUT.

      Antworte bei dem Gott, der droben donnert!

      Sprich, du seist schuldlos. Leugn es, daß der Feind

      In deinem Herzen ist, und straf mich Lügen!

      Ein zweiter stärkerer Schlag, das Volk entflieht zu allen Seiten.

      BURGUND.

      Gott schütz uns! Welche fürchterliche Zeichen!

      DU CHATEL zum König.

      Kommt! Kommt, mein König! Fliehet diesen Ort!

      ERZBISCHOF zur Johanna.

      Im Namen Gottes frag ich dich. Schweigst du

      Aus dem Gefühl der Unschuld oder Schuld?

      Wenn