Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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Pfaden führen,

      Daß ihr nichts zu befürchten habt. Wir kennen

      Die Schliche.

      RAIMOND zur Johanna.

      Legt den Helm ab und die Rüstung,

      Sie macht Euch kenntlich und beschützt Euch nicht.

      Johanna schüttelt den Kopf.

      KÖHLER.

      Die Jungfrau ist sehr traurig – Still! Wer kommt da?

      Dritter Auftritt

      Vorige. Köhlerweib kommt aus der Hütte mit einem Becher. Köhlerbub.

      KÖHLERWEIB.

      Es ist der Bub, den wir zurückerwarten.

      Zur Johanna.

      Trinkt, edle Jungfrau! Mögs Euch Gott gesegnen!

      KÖHLER zu seinem Sohn.

      Kommst du, Anet? Was bringst du?

      KÖHLERBUB hat die Jungfrau ins Auge gefaßt, welche eben den Becher an den Mund setzt; er erkennt sie, tritt auf sie zu und reißt ihr den Becher vom Munde.

      Mutter! Mutter!

      Was macht Ihr? Wen bewirtet Ihr? Das ist die Hexe

      Von Orleans!

      KÖHLER UND KÖHLERWEIB.

      Gott sei uns gnädig!

      Bekreuzen sich und entfliehen.

      Vierter Auftritt

      Raimond. Johanna.

      JOHANNA gefaßt und sanft.

      Du siehst, mir folgt der Fluch, und alles flieht mich,

      Sorg für dich selber und verlaß mich auch.

      RAIMOND.

      Ich Euch verlassen! Jetzt! Und wer soll Euer

      Begleiter sein?

      JOHANNA.

      Ich bin nicht unbegleitet.

      Du hast den Donner über mir gehört.

      Mein Schicksal führt mich. Sorge nicht, ich werde

      Ans Ziel gelangen, ohne daß ichs suche.

      RAIMOND.

      Wo wollt Ihr hin? Hier stehn die Engelländer,

      Die Euch die grimmig blutge Rache schwuren –

      Dort stehn die Unsern, die Euch ausgestoßen,

      Verbannt –

      JOHANNA.

      Mich wird nichts treffen, als was sein muß.

      RAIMOND.

      Wer soll Euch Nahrung suchen? Wer Euch schützen

      Vor wilden Tieren und noch wildern Menschen?

      Euch pflegen, wenn Ihr krank und elend werdet?

      JOHANNA.

      Ich kenne alle Kräuter, alle Wurzeln,

      Von meinen Schafen lernt ich das Gesunde

      Vom Giftgen unterscheiden – ich verstehe

      Den Lauf der Sterne und der Wolken Zug

      Und die verborgnen Quellen hör ich rauschen.

      Der Mensch braucht wenig und an Leben reich

      Ist die Natur.

      RAIMOND faßt sie bei der Hand.

      Wollt Ihr nicht in Euch gehn?

      Euch nicht mit Gott versöhnen – in den Schoß

      Der heilgen Kirche reuend wiederkehren?

      JOHANNA.

      Auch du hältst mich der schweren Sünde schuldig?

      RAIMOND.

      Muß ich nicht? Euer schweigendes Geständnis –

      JOHANNA.

      Du, der mir in das Elend nachgefolgt,

      Das einzge Wesen, das mir treu geblieben,

      Sich an mich kettet, da mich alle Welt

      Ausstieß, du hältst mich auch für die Verworfne,

      Die ihrem Gott entsagt –

      Raimond schweigt.

      O das ist hart!

      RAIMOND erstaunt.

      Ihr wäret wirklich keine Zauberin?

      JOHANNA.

      Ich eine Zauberin!

      RAIMOND.

      Und diese Wunder,

      Ihr hättet sie vollbracht mit Gottes Kraft

      Und seiner Heiligen?

      JOHANNA.

      Mit welcher sonst!

      RAIMOND.

      Und Ihr verstummtet auf die gräßliche

      Beschuldigung? – Ihr redet jetzt, und vor dem König,

      Wo es zu reden galt, verstummtet Ihr!

      JOHANNA.

      Ich unterwarf mich schweigend dem Geschick,

      Das Gott, mein Meister, über mich verhängte.

      RAIMOND.

      Ihr konntet Eurem Vater nichts erwidern!

      JOHANNA.

      Weil es vom Vater kam, so kams von Gott,

      Und väterlich wird auch die Prüfung sein.

      RAIMOND.

      Der Himmel selbst bezeugte Eure Schuld!

      JOHANNA.

      Der Himmel sprach, drum schwieg ich.

      RAIMOND.

      Wie? Ihr konntet

      Mit einem Wort Euch reinigen, und ließt

      Die Welt in diesem unglückselgen Irrtum?

      JOHANNA.

      Es war kein Irrtum, eine Schickung wars.

      RAIMOND.

      Ihr littet alle diese Schmach unschuldig,

      Und keine Klage kam von Euren Lippen!

      – Ich staune über Euch, ich steh erschüttert,

      Im tiefsten Busen kehrt sich mir das Herz!

      O gerne nehm ich Euer Wort für Wahrheit,

      Denn schwer ward mirs, an Eure Schuld zu glauben.

      Doch konnt ich träumen, daß ein menschlich Herz

      Das Ungeheure schweigend würde tragen!

      JOHANNA.

      Verdient ichs, die Gesendete zu sein,

      Wenn ich nicht blind des Meisters Willen ehrte!

      Und ich bin nicht so elend, als du glaubst.

      Ich leide Mangel, doch das ist kein Unglück

      Für meinen Stand, ich bin verbannt und flüchtig,

      Doch in der Öde lernt