Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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fasse dieses Kreuz und gib ein Zeichen!

      Johanna bleibt unbeweglich. Neue heftige Donnerschläge. Der König, Agnes Sorel,

      Erzbischof, Burgund, La Hire und Du Chatel gehen ab.

      Zwölfter Auftritt

      Dunois. Johanna.

      DUNOIS.

      Du bist mein Weib – Ich hab an dich geglaubt

      Beim ersten Blick, und also denk ich noch.

      Dir glaub ich mehr als diesen Zeichen allen,

      Als diesem Donner selbst, der droben spricht.

      Du schweigst in edelm Zorn, verachtest es,

      In deine heilge Unschuld eingehüllt,

      So schändlichen Verdacht zu widerlegen.

      – Veracht es, aber mir vertraue dich,

      An deiner Unschuld hab ich nie gezweifelt.

      Sag mir kein Wort, die Hand nur reiche mir

      Zum Pfand und Zeichen, daß du meinem Arme

      Getrost vertraust und deiner guten Sache.

      Er reicht ihr die Hand hin, sie wendet sich mit einer zuckenden Bewegung von ihm hinweg; er bleibt in starrem Entsetzen stehen.

      Dreizehnter Auftritt

      Johanna. Du Chatel. Dunois. Zuletzt Raimond.

      DU CHATEL zurückkommend.

      Johanna d'Arc! Der König will erlauben,

      Daß Ihr die Stadt verlasset ungekränkt.

      Die Tore stehn Euch offen. Fürchtet keine

      Beleidigung. Euch schützt des Königs Frieden –

      Folgt mir, Graf Dunois – Ihr habt nicht Ehre,

      Hier länger zu verweilen – Welch ein Ausgang!

      Er geht. Dunois fährt aus seiner Erstarrung auf, wirft noch einen Blick auf Johanna und geht ab. Diese steht einen Augenblick ganz allein. Endlich erscheint Raimond, bleibt eine Weile in der Ferne stehen, und betrachtet sie mit stillem Schmerz. Dann tritt er auf sie zu und faßt sie bei der Hand.

      RAIMOND.

      Ergreift den Augenblick. Kommt! Kommt! Die Straßen

      Sind leer. Gebt mir die Hand. Ich will Euch führen.

      Bei seinem Anblick gibt sie das erste Zeichen der Empfindung, sieht ihn starr an und blickt zum Himmel, dann ergreift sie ihn heftig bei der Hand und geht ab.

      Ein wilder Wald, in der Ferne Köhlerhütten. Es ist ganz dunkel, heftiges Donnern und Blitzen, dazwischen Schießen.

      Erster Auftritt

      Köhler und Köhlerweib.

      KÖHLER.

      Das ist ein grausam, mördrisch Ungewitter,

      Der Himmel droht in Feuerbächen sich

      Herabzugießen, und am hellen Tag

      Ists Nacht, daß man die Sterne könnte sehn.

      Wie eine losgelaßne Hölle tobt

      Der Sturm, die Erde bebt und krachend beugen

      Die alt verjährten Eschen ihre Krone.

      Und dieser fürchterliche Krieg dort oben,

      Der auch die wilden Tiere Sanftmut lehrt,

      Daß sie sich zahm in ihre Gruben bergen,

      Kann unter Menschen keinen Frieden stiften –

      Aus dem Geheul der Winde und des Sturms

      Heraus hört ihr das Knallen des Geschützes;

      Die beiden Heere stehen sich so nah,

      Daß nur der Wald sie trennt, und jede Stunde

      Kann es sich blutig fürchterlich entladen.

      KÖHLERWEIB.

      Gott steh uns bei! Die Feinde waren ja

      Schon ganz aufs Haupt geschlagen und zerstreut,

      Wie kommts, daß sie aufs neu uns ängstigen?

      KÖHLER.

      Das macht, weil sie den König nicht mehr fürchten.

      Seitdem das Mädchen eine Hexe ward

      Zu Reims, der böse Feind uns nicht mehr hilft,

      Geht alles rückwärts.

      KÖHLERWEIB.

      Horch! Wer naht sich da?

      Zweiter Auftritt

      Raimond und Johanna zu den Vorigen.

      RAIMOND.

      Hier seh ich Hütten. Kommt, hier finden wir

      Ein Obdach vor dem wütgen Sturm. Ihr haltets

      Nicht länger aus, drei Tage schon seid Ihr

      Herumgeirrt, der Menschen Auge fliehend,

      Und wilde Wurzeln waren Eure Speise.

      Der Sturm legt sich, es wird hell und heiter.

      Es sind mitleidge Köhler. Kommt herein.

      KÖHLER.

      Ihr scheint der Ruhe zu bedürfen. Kommt!

      Was unser schlechtes Dach vermag, ist euer.

      KÖHLERWEIB.

      Was will die zarte Jungfrau unter Waffen?

      Doch freilich! Jetzt ist eine schwere Zeit,

      Wo auch das Weib sich in den Panzer steckt!

      Die Königin selbst, Frau Isabeau, sagt man,

      Läßt sich gewaffnet sehn in Feindes Lager,

      Und eine Jungfrau, eines Schäfers Dirn,

      Hat für den König unsern Herrn gefochten.

      KÖHLER.

      Was redet Ihr? Geht in die Hütte, bringt

      Der Jungfrau einen Becher zur Erquickung.

      Köhlerweib geht nach der Hütte.

      RAIMOND zur Johanna.

      Ihr seht, es sind nicht alle Menschen grausam,

      Auch in der Wildnis wohnen sanfte Herzen.

      Erheitert Euch! Der Sturm hat ausgetobt,

      Und friedlich strahlend geht die Sonne nieder.

      KÖHLER.

      Ich denk, ihr wollt zu unsers Königs Heer,

      Weil ihr in Waffen reiset – Seht euch vor!

      Die Engelländer stehen nah gelagert,

      Und ihre Scharen streifen durch den Wald.

      RAIMOND.

      Weh uns! Wie ist da zu entkommen?

      KÖHLER.

      Bleibt,

      Bis daß mein Bub zurück ist aus der