Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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      Die Neigung trüge zu dem irdschen Mann!

      Mir wäre besser, ich wär nie geboren!

      Kein solches Wort mehr, sag ich euch, wenn ihr

      Den Geist in mir nicht zürnend wollt entrüsten!

      Der Männer Auge schon, das mich begehrt,

      Ist mir ein Grauen und Entheiligung.

      KARL.

      Brecht ab. Es ist umsonst sie zu bewegen.

      JOHANNA.

      Befiehl, daß man die Kriegstrommete blase!

      Mich preßt und ängstigt diese Waffenstille,

      Es jagt mich auf aus dieser müßgen Ruh,

      Und treibt mich fort, daß ich mein Werk erfülle,

      Gebietrisch mahnend meinem Schicksal zu.

      Fünfter Auftritt

      Ein Ritter eilfertig.

      KARL.

      Was ists?

      RITTER.

      Der Feind ist über die Marne gegangen,

      Und stellt sein Heer zum Treffen.

      JOHANNA begeistert.

      Schlacht und Kampf!

      Jetzt ist die Seele ihrer Banden frei.

      Bewaffnet euch, ich ordn indes die Scharen.

      Sie eilt hinaus.

      KARL.

      Folgt ihr, La Hire – Sie wollen uns am Tore

      Von Reims noch um die Krone kämpfen lassen!

      DUNOIS.

      Sie treibt nicht wahrer Mut. Es ist der letzte

      Versuch ohnmächtig wütender Verzweiflung.

      KARL.

      Burgund, Euch sporn ich nicht. Heut ist der Tag,

      Um viele böse Tage zu vergüten.

      BURGUND.

      Ihr sollt mit mir zufrieden sein.

      KARL.

      Ich selbst

      Will Euch vorangehn auf dem Weg des Ruhms,

      Und in dem Angesicht der Krönungsstadt

      Die Krone mir erfechten. – Meine Agnes!

      Dein Ritter sagt dir Lebewohl!

      AGNES umarmt ihn.

      Ich weine nicht, ich zittre nicht für dich,

      Mein Glaube greift vertrauend in die Wolken!

      So viele Pfänder seiner Gnade gab

      Der Himmel nicht, daß wir am Ende trauern!

      Vom Sieg gekrönt umarm ich meinen Herrn,

      Mir sagts das Herz, in Reims' bezwungnen Mauern.

      Trompeten erschallen mit mutigem Ton und gehen, während daß verwandelt wird, in ein wildes Kriegsgetümmel über, das Orchester fällt ein bei offener Szene und wird von kriegerischen Instrumenten hinter der Szene begleitet. Der Schauplatz verwandelt sich in eine freie Gegend, die von Bäumen begrenzt wird. Man sieht während der Musik Soldaten über den Hintergrund schnell wegziehen.

      Sechster Auftritt

      Talbot auf Fastolf gestützt und von Soldaten begleitet. Gleich darauf Lionel.

      TALBOT.

      Hier unter diesen Bäumen setzt mich nieder,

      Und ihr begebt euch in die Schlacht zurück,

      Ich brauche keines Beistands, um zu sterben.

      FASTOLF.

      O unglückselig jammervoller Tag!

      Lionel tritt auf.

      Zu welchem Anblick kommt Ihr, Lionel!

      Hier liegt der Feldherr auf den Tod verwundet.

      LIONEL.

      Das wolle Gott nicht! Edler Lord, steht auf!

      Jetzt ists nicht Zeit, ermattet hinzusinken.

      Weicht nicht dem Tod, gebietet der Natur

      Mit Eurem mächtgen Willen, daß sie lebe!

      TALBOT.

      Umsonst! Der Tag des Schicksals ist gekommen,

      Der unsern Thron in Frankreich stürzen soll.

      Vergebens in verzweiflungsvollem Kampf

      Wagt ich das Letzte noch, ihn abzuwenden.

      Vom Stahl dahin geschmettert lieg ich hier,

      Um nicht mehr aufzustehn. – Reims ist verloren,

      So eilt, Paris zu retten!

      LIONEL.

      Paris hat sich vertragen mit dem Dauphin,

      Soeben bringt ein Eilbot uns die Nachricht.

      TALBOT reißt den Verband ab.

      So strömet hin, ihr Bäche meines Bluts,

      Denn überdrüssig bin ich dieser Sonne!

      LIONEL.

      Ich kann nicht bleiben. – Fastolf, bringt den Feldherrn

      An einen sichern Ort, wir können uns

      Nicht lange mehr auf diesem Posten halten.

      Die Unsern fliehen schon von allen Seiten,

      Unwiderstehlich dringt das Mädchen vor –

      TALBOT.

      Unsinn, du siegst und ich muß untergehn!

      Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.

      Erhabene Vernunft, lichthelle Tochter

      Des göttlichen Hauptes, weise Gründerin

      Des Weltgebäudes, Führerin der Sterne,

      Wer bist du denn, wenn du dem tollen Roß

      Des Aberwitzes an den Schweif gebunden,

      Ohnmächtig rufend, mit dem Trunkenen

      Dich sehend in den Abgrund stürzen mußt!

      Verflucht sei, wer sein Leben an das Große

      Und Würdge wendet und bedachte Plane

      Mit weisem Geist entwirft! Dem Narrenkönig

      Gehört die Welt –

      LIONEL.

      Mylord! Ihr habt nur noch

      Für wenig Augenblicke Leben – denkt

      An Euren Schöpfer!

      TALBOT.

      Wären wir als Tapfre

      Durch andre Tapfere besiegt, wir könnten

      Uns trösten mit dem allgemeinen Schicksal,

      Das immer wechselnd seine Kugel dreht –

      Doch solchem groben Gaukelspiel erliegen!

      War unser ernstes arbeitvolles Leben

      Keines ernsthaftern Ausgangs wert?