Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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sie mich würdig hält, sie zu empfangen.

      KARL.

      Unwiderstehlich Mädchen, du häufst Wunder

      Auf Wunder! Ja, nun glaub ich, daß dir nichts

      Unmöglich ist. Du hast dies stolze Herz

      Bezwungen, das der Liebe Allgewalt

      Hohn sprach bis jetzt.

      LA HIRE tritt vor.

      Johannas schönster Schmuck,

      Kenn ich sie recht, ist ihr bescheidnes Herz.

      Der Huldigung des Größten ist sie wert,

      Doch nie wird sie den Wunsch so hoch erheben.

      Sie strebt nicht schwindelnd irdscher Hoheit nach,

      Die treue Neigung eines redlichen

      Gemüts genügt ihr, und das stille Los,

      Das ich mit dieser Hand ihr anerbiete.

      KARL.

      Auch du, La Hire? Zwei treffliche Bewerber

      An Heldentugend gleich und Kriegesruhm!

      – Willst du, die meine Feinde mir versöhnt,

      Mein Reich vereinigt, mir die liebsten Freunde

      Entzwein? Es kann sie einer nur besitzen,

      Und jeden acht ich solches Preises wert.

      So rede du, dein Herz muß hier entscheiden.

      SOREL tritt näher.

      Die edle Jungfrau seh ich überrascht

      Und ihre Wangen färbt die züchtge Scham.

      Man geb ihr Zeit, ihr Herz zu fragen, sich

      Der Freundin zu vertrauen und das Siegel

      Zu lösen von der fest verschloßnen Brust.

      Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo

      Auch ich der strengen Jungfrau schwesterlich

      Mich nahen, ihr den treu verschwiegnen Busen

      Darbieten darf. – Man laß uns weiblich erst

      Das Weibliche bedenken und erwarte,

      Was wir beschließen werden.

      KARL im Begriff zu gehen.

      Also seis!

      JOHANNA.

      Nicht also, Sire! Was meine Wangen färbte,

      War die Verwirrung nicht der blöden Scham.

      Ich habe dieser edeln Frau nichts zu vertraun,

      Des ich vor Männern mich zu schämen hätte.

      Hoch ehrt mich dieser edeln Ritter Wahl,

      Doch nicht verließ ich meine Schäfertrift,

      Um weltlich eitle Hoheit zu erjagen,

      Noch mir den Brautkranz in das Haar zu flechten,

      Legt ich die ehrne Waffenrüstung an.

      Berufen bin ich zu ganz anderm Werk,

      Die reine Jungfrau nur kann es vollenden.

      Ich bin die Kriegerin des höchsten Gottes,

      Und keinem Manne kann ich Gattin sein.

      ERZBISCHOF.

      Dem Manne zur liebenden Gefährtin ist

      Das Weib geboren – wenn sie der Natur

      Gehorcht, dient sie am würdigsten dem Himmel!

      Und hast du dem Befehle deines Gottes,

      Der in das Feld dich rief, genuggetan,

      So wirst du deine Waffen von dir legen,

      Und wiederkehren zu dem sanfteren

      Geschlecht, das du verleugnet hast, das nicht

      Berufen ist zum blutgen Werk der Waffen.

      JOHANNA.

      Ehrwürdger Herr, ich weiß noch nicht zu sagen,

      Was mir der Geist gebieten wird zu tun;

      Doch wenn die Zeit kommt, wird mir seine Stimme

      Nicht schweigen, und gehorchen werd ich ihr.

      Jetzt aber heißt er mich mein Werk vollenden,

      Die Stirne meines Herren ist noch nicht

      Gekrönt, das heilge Öl hat seine Scheitel

      Noch nicht benetzt, noch heißt mein Herr nicht König.

      KARL.

      Wir sind begriffen auf dem Weg nach Reims.

      JOHANNA.

      Laß uns nicht still stehn, denn geschäftig sind

      Die Feinde rings, den Weg dir zu verschließen.

      Doch mitten durch sie alle führ ich dich!

      DUNOIS.

      Wenn aber alles wird vollendet sein,

      Wenn wir zu Reims nun siegend eingezogen,

      Wirst du mir dann vergönnen, heilig Mädchen –

      JOHANNA.

      Will es der Himmel, daß ich sieggekrönt

      Aus diesem Kampf des Todes wiederkehre,

      So ist mein Werk vollendet – und die Hirtin

      Hat kein Geschäft mehr in des Königs Hause.

      KARL ihre Hand fassend.

      Dich treibt des Geistes Stimme jetzt, es schweigt

      Die Liebe in dem gotterfüllten Busen.

      Sie wird nicht immer schweigen, glaube mir!

      Die Waffen werden ruhn, es führt der Sieg

      Den Frieden an der Hand, dann kehrt die Freude

      In jeden Busen ein, und sanftere

      Gefühle wachen auf in allen Herzen –

      Sie werden auch in deiner Brust erwachen,

      Und Tränen süßer Sehnsucht wirst du weinen,

      Wie sie dein Auge nie vergoß – dies Herz,

      Das jetzt der Himmel ganz erfüllt, wird sich

      Zu einem irdschen Freunde liebend wenden –

      Jetzt hast du rettend Tausende beglückt,

      Und einen zu beglücken wirst du enden!

      JOHANNA.

      Dauphin! Bist du der göttlichen Erscheinung

      Schon müde, daß du ihr Gefäß zerstören,

      Die reine Jungfrau, die dir Gott gesendet,

      Herab willst ziehn in den gemeinen Staub?

      Ihr blinden Herzen! Ihr Kleingläubigen!

      Des Himmels Herrlichkeit umleuchtet euch,

      Vor eurem Aug enthüllt er seine Wunder,

      Und ihr erblickt in mir nichts als ein Weib.

      Darf sich ein Weib mit kriegerischem Erz

      Umgeben, in die Männerschlacht sich mischen?

      Weh mir, wenn ich das Rachschwert meines Gottes