Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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den ewigen Strahlen

      Als die ragenden Gipfel der Welt.

      ISABELLA mit ihren Söhnen hervortretend.

      Blick nieder, hohe Königin des Himmels,

      Und halte deine Hand auf dieses Herz,

      Daß es der Übermut nicht schwellend hebe,

      Denn leicht vergäße sich der Mutter Freude,

      Wenn sie sich spiegelt in der Söhne Glanz,

      Zum erstenmal, seitdem ich sie geboren,

      Umfaß ich meines Glückes Fülle ganz.

      Denn bis auf diesen Tag mußt ich gewaltsam

      Des Herzens fröhliche Ergießung teilen,

      Vergessen ganz mußt ich den einen Sohn,

      Wenn ich der Nähe mich des andern freute.

      O meine Mutterliebe ist nur eine,

      Und meine Söhne waren ewig zwei!

      – Sagt, darf ich ohne Zittern mich der süßen

      Gewalt des trunknen Herzens überlassen?

      Zu Don Manuel.

      Wenn ich die Hand des Bruders freundlich drücke,

      Stoß ich den Stachel tief in deine Brust?

      Zu Don Cesar.

      Wenn ich das Herz an seinem Anblick weide,

      Ists nicht ein Raub an dir? – O ich muß zittern,

      Daß meine Liebe selbst, die ich euch zeige,

      Nur eures Hasses Flammen heftger schüre.

      Nachdem sie beide fragend angesehen.

      Was darf ich mir von euch versprechen? Redet!

      Mit welchem Herzen kamet ihr hieher?

      Ists noch der alte unversöhnte Haß,

      Den ihr mit herbringt in des Vaters Haus,

      Und wartet draußen vor des Schlosses Toren

      Der Krieg, auf Augenblicke nur gebändigt,

      Und knirschend in das eherne Gebiß,

      Um alsobald, wenn ihr den Rücken mir

      Gekehrt, mit neuer Wut sich zu entfesseln?

      CHOR.

      Krieg oder Frieden! Noch liegen die Lose

      Dunkel verhüllt in der Zukunft Schoße!

      Doch es wird sich noch, eh wir uns trennen, entscheiden,

      Wir sind bereit und gerüstet zu beiden.

      ISABELLA im ganzen Kreis umherschauend.

      Und welcher furchtbar kriegerische Anblick!

      Was sollen diese hier? Ists eine Schlacht,

      Die sich in diesen Sälen zubereitet?

      Wozu die fremde Schar, wenn eine Mutter

      Das Herz aufschließen will vor ihren Kindern?

      Bis in den Schoß der Mutter fürchtet ihr

      Der Arglist Schlingen, tückischen Verrat,

      Daß ihr den Rücken euch besorglich deckt?

      – O diese wilden Banden, die euch folgen,

      Die raschen Diener eures Zorns – Sie sind

      Nicht eure Freunde! Glaubet nimmermehr,

      Daß sie euch wohlgesinnt zum Besten raten!

      Wie könnten sies von Herzen mit euch meinen,

      Den Fremdlingen, dem eingedrungnen Stamm,

      Der aus dem eignen Erbe sie vertrieben,

      Sich über sie der Herrschaft angemaßt?

      Glaubt mir! Es liebt ein jeder, frei sich selbst

      Zu leben nach dem eigenen Gesetz,

      Die fremde Herrschaft wird mit Neid ertragen.

      Von eurer Macht allein und ihrer Furcht

      Erhaltet ihr den gern versagten Dienst.

      Lernt dies Geschlecht, das herzlos falsche, kennen!

      Die Schadenfreude ists, wodurch sie sich

      An eurem Glück, an eurer Größe rächen.

      Der Herrscher Fall, der hohen Häupter Sturz

      Ist ihrer Lieder Stoff und ihr Gespräch,

      Was sich vom Sohn zum Enkel forterzählt,

      Womit sie sich die Winternächte kürzen.

      – O meine Söhne! Feindlich ist die Welt

      Und falsch gesinnt! Es liebt ein jeder nur

      Sich selbst, unsicher, los und wandelbar

      Sind alle Bande, die das leichte Glück

      Geflochten – Laune löst, was Laune knüpfte –

      Nur die Natur ist redlich! Sie allein

      Liegt an dem ewgen Ankergrunde fest,

      Wenn alles andre auf den sturmbewegten Wellen

      Des Lebens unstet treibt – Die Neigung gibt

      Den Freund, es gibt der Vorteil den Gefährten,

      Wohl dem, dem die Geburt den Bruder gab,

      Ihn kann das Glück nicht geben! Anerschaffen

      Ist ihm der Freund, und gegen eine Welt

      Voll Kriegs und Truges steht er zweifach da!

      CHOR.

      Ja, es ist etwas Großes, ich muß es verehren,

      Um einer Herrscherin fürstlichen Sinn,

      Über der Menschen Tun und Verkehren

      Blickt sie mit ruhiger Klarheit hin.

      Uns aber treibt das verworrene Streben

      Blind und sinnlos durchs wüste Leben.

      ISABELLA zu Don Cesar.

      Du, der das Schwert auf seinen Bruder zückt,

      Sieh dich umher in dieser ganzen Schar,

      Wo ist ein edler Bild als deines Bruders?

      Zu Don Manuel.

      Wer unter diesen, die du Freunde nennst,

      Darf deinem Bruder sich zur Seite stellen?

      Ein jeder ist ein Muster seines Alters,

      Und keiner gleicht und keiner weicht dem andern.

      Wagt es, euch in das Angesicht zu sehn!

      O Raserei der Eifersucht, des Neides!

      Ihn würdest du aus Tausenden heraus

      Zum Freunde dir gewählt, ihn an dein Herz

      Geschlossen haben als den einzigen,

      Und jetzt, da ihn die heilige Natur

      Dir gab, dir in der Wiege schon ihn schenkte,

      Trittst du, ein Frevler an dem eignen Blut,

      Mit stolzer Willkür ihr Geschenk mit Füßen,

      Dich wegzuwerfen an den schlechtern Mann,

      Dich an den Feind und Fremdling anzuschließen!

      DON MANUEL.

      Höre mich, Mutter!

      DON