Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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höre mich!

      ISABELLA.

      Nicht Worte sinds, die diesen traurgen Streit

      Erledigen – Hier ist das Mein und Dein,

      Die Rache von der Schuld nicht mehr zu sondern.

      – Wer möchte noch das alte Bette finden

      Des Schwefelstroms, der glühend sich ergoß?

      Des unterirdschen Feuers schreckliche

      Geburt ist alles, eine Lavarinde

      Liegt aufgeschichtet über dem Gesunden,

      Und jeder Fußtritt wandelt auf Zerstörung.

      – Nur dieses eine leg ich euch ans Herz.

      Das Böse, das der Mann, der mündige,

      Dem Manne zufügt, das, ich will es glauben,

      Vergibt sich und versöhnt sich schwer. Der Mann

      Will seinen Haß, und keine Zeit verändert

      Den Ratschluß, den er wohlbesonnen faßt.

      Doch eures Haders Ursprung steigt hinauf

      In unverständger Kindheit frühe Zeit,

      Sein Alter ists, was ihn entwaffnen sollte.

      Fraget zurück, was euch zuerst entzweite,

      Ihr wißt es nicht, ja, fändet ihrs auch aus,

      Ihr würdet euch des kindschen Haders schämen.

      Und dennoch ists der erste Kinderstreit,

      Der fortgezeugt in unglückselger Kette,

      Die neuste Unbill dieses Tags geboren.

      Denn alle schweren Taten, die bis jetzt geschahn,

      Sind nur des Argwohns und der Rache Kinder.

      – Und jene Knabenfehde wolltet ihr

      Noch jetzt fortkämpfen, da ihr Männer seid?

      Beider Hände fassend.

      O meine Söhne! Kommt, entschließet euch,

      Die Rechnung gegenseitig zu vertilgen,

      Denn gleich auf beiden Seiten ist das Unrecht.

      Seid edel, und großherzig schenkt einander

      Die unabtragbar ungeheure Schuld.

      Der Siege göttlichster ist das Vergeben!

      In eures Vaters Gruft werft ihn hinab

      Den alten Haß der frühen Kinderzeit!

      Der schönen Liebe sei das neue Leben,

      Der Eintracht, der Versöhnung seis geweiht.

      Sie tritt einen Schritt zwischen beiden zurück, als wollte sie ihnen Raum geben, sich einander zu nähern. Beide blicken zur Erde, ohne einander anzusehen.

      CHOR.

      Höret der Mutter vermahnende Rede,

      Wahrlich, sie spricht ein gewichtiges Wort!

      Laßt es genug sein und endet die Fehde,

      Oder gefällts euch, so setzet sie fort.

      Was euch genehm ist, das ist mir gerecht,

      Ihr seid die Herrscher und ich bin der Knecht.

      ISABELLA nachdem sie einige Zeit innegehalten und vergebens eine Äußerung der Brüder erwartet, mit unterdrücktem Schmerz.

      Jetzt weiß ich nichts mehr. Ausgeleert hab ich

      Der Worte Köcher und erschöpft der Bitten Kraft.

      Im Grabe ruht, der euch gewaltsam bändigte,

      Und machtlos steht die Mutter zwischen euch.

      – Vollendet! Ihr habt freie Macht! Gehorcht

      Dem Dämon, der euch sinnlos wütend treibt,

      Ehrt nicht des Hausgotts heiligen Altar,

      Laßt diese Halle selbst, die euch geboren,

      Den Schauplatz werden eures Wechselmords.

      Vor eurer Mutter Aug zerstöret euch

      Mit euren eignen, nicht durch fremde Hände.

      Leib gegen Leib, wie das thebanische Paar,

      Rückt aufeinander an und wutvoll ringend

      Umfanget euch mit eherner Umarmung,

      Leben um Leben tauschend siege jeder

      Den Dolch einbohrend in des andern Brust,

      Daß selbst der Tod nicht eure Zwietracht heile,

      Die Flamme selbst, des Feuers rote Säule,

      Die sich von eurem Scheiterhaufen hebt,

      Sich zweigespalten voneinander teile,

      Ein schaudernd Bild, wie ihr gestorben und gelebt.

      Sie geht ab. Die Brüder bleiben noch in der vorigen Entfernung voneinander stehen.

      Beide Brüder. Beide Chöre.

      CHOR.

      Es sind nur Worte, die sie gesprochen,

      Aber sie haben den fröhlichen Mut

      In der felsigten Brust mir gebrochen!

      Ich nicht vergoß das verwandte Blut.

      Rein zum Himmel erheb ich die Hände,

      Ihr seid Brüder! Bedenket das Ende!

      DON CESAR ohne Don Manuel anzusehen.

      Du bist der ältre Bruder, rede du!

      Dem Erstgebornen weich ich ohne Schande.

      DON MANUEL in derselben Stellung.

      Sag etwas Gutes und ich folge gern

      Dem edeln Beispiel, das der jüngre gibt.

      DON CESAR.

      Nicht weil ich für den Schuldigeren mich

      Erkenne, oder schwächer gar mich fühle –

      DON MANUEL.

      Nicht Kleinmuts zeiht Don Cesarn, wer ihn kennt,

      Fühlt' er sich schwächer, würd er stolzer reden.

      DON CESAR.

      Denkst du von deinem Bruder nicht geringer?

      DON MANUEL.

      Du bist zu stolz zur Demut, ich zur Lüge.

      DON CESAR.

      Verachtung nicht erträgt mein edles Herz.

      Doch in des Kampfes heftigster Erbittrung

      Gedachtest du mit Würde deines Bruders.

      DON MANUEL.

      Du willst nicht meinen Tod, ich habe Proben.

      Ein Mönch erbot sich dir, mich meuchlerisch

      Zu morden, du bestraftest den Verräter.

      DON CESAR tritt etwas näher.

      Hätt ich dich früher so gerecht erkannt,

      Es wäre vieles ungeschehn geblieben.

      DON MANUEL.

      Und hätt ich dir ein so versöhnlich Herz

      Gewußt, viel Mühe spart ich dann der Mutter.

      DON CESAR.

      Du wurdest mir viel stolzer abgeschildert.

      DON MANUEL.

      Es