Susan Carner

Mord am Campus


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       Es war atemberaubend gewesen, mit offenem Verdeck über die Landstraße zu fahren, auf Carolines blonden Hinterkopf zu blicken, die ihren Kopf in seinem nackten Schoß vergraben hatte. Er musste das Lenkrad jedes Mal fest umklammern, um nicht in den Straßengraben zu lenken bei den himmlischen Genüssen, die sie ihm bereitet hatte.

       Allerdings war es nach der Heirat damit vorbei. Zuerst hatte sie ihre Schwangerschaft als Vorwand genommen, dann postpartale Depression und schließlich … Vorbei ist vorbei. Und er wäre nie in diese Ehe geschlittert, wäre er nicht so dumm gewesen. So gierig nach dieser Frau. Immer hatte er ein Kondom verwendet. Nur einmal nicht.

       Gut konnte er sich noch an die Situation erinnern. Es war nach einer dieser ewig langen Vorlesungen bei Dr. Sommersby, die nur deshalb interessant waren, weil der Professor Caroline dabei ständig in ihr ausgesprochen einladendes Dekolleté gestarrt hatte und sich alle Studenten lustig darüber machten. Einige waren überzeugt, dass die beiden ein Verhältnis hatten. Sommersby war damals so alt wie er heute. Vierundvierzig Jahre, gut verheiratet und ein Ehrenmann. Außerdem Vater von zwei kleinen Söhnen. Ließ sich zwar von Caroline reizen, aber mehr war da nicht. Ein Mann mittleren Alters und eine Studentin. Er hatte alle ausgelacht, wusste er doch, dass Caroline mit ihm ins Bett ging und nicht mit Dr. Sommersby.

       Jedenfalls waren sie auf der Landstraße dahingefahren, sie hatte ihn mit ihrem Mund in Ekstase versetzt und dabei um einen klaren Kopf gebracht. Er dachte daran, wie sie ihre Zunge nur leicht über seine Spitze hatte gleiten lassen, bevor diese in ihrem Mund verschwunden war. Dachte an ihre saugenden Lippen und den kecken Blick, dem sie ihm zwischendurch zugeworfen hatte. Er war ihr verfallen gewesen. Gänzlich.

       Zwar hatte er bereits mit einigen Kommilitoninnen Sex praktiziert, doch keine hatte es ihm je mit dem Mund besorgt. Caroline war einzigartig. Er hatte sich glücklich geschätzt, dass sie mit ihm geschlafen hatte. Er hatte keine ernsten Absichten gehegt, dazu war sie ihm zu vulgär. Vor allem zu wenig intellektuell. Er hatte damals schon nicht verstanden, was sie in Harvard eigentlich gewollt hatte. Wie war sie nur zu ihrem Stipendium gekommen? An der außergewöhnlichen intellektuellen Begabung konnte es nicht gelegen sein ... Aber was interessierte es ihn? Er hatte nur eines im Sinn: Sie zu vögeln. Nicht mehr. Und sie war willig gewesen.

       Wieder kam ihm das Bild von der Cabrioletfahrt in den Kopf. Kurz vor seinem Höhepunkt hatte sie ihren Mund zurückgezogen, sich aufgerichtet und bestimmt gesagt: »Fahr rechts ran!«

       Er hatte gehorcht. Kaum waren sie am Straßenrand gestanden, hatte sie sich über seinen Schoß geschwungen. Sie hatte wie stets keinen Slip getragen, was ihn noch mehr gereizt hatte.

       »Nein Caroline, nicht ohne Schutz«, hatte er trotz der Lust, die er empfunden hatte, heiser gebeten.

       »Psst«, hatte sie nur geantwortet und begonnen, auf ihm zu reiten. Ihre vollen roten Lippen leckend. Durch halb geschlossene Augenlider hatte sie lasziv auf ihn geblickt, ihre Hände auf seine Schultern gelegt und sich dort abgestützt, während sie sich gemächlich gehoben und gesenkt hatte. Jedes Mal, wenn sie ihren Körper in seinen Schoß gepresst hatte, war ihr ein leises Stöhnen entkommen und sie hatte sich auf die roten Lippen gebissen. Das alleine hatte ihn verrückt gemacht. Und ihr üppiger Busen, der ohne Büstenhalter aus der dünnen Bluse gedrängt hatte.

       So hatte er sich nicht beherrschen können. Er wusste, dass er kurzzeitig überlegt hatte, sich ein Kondom überzuziehen, die Lust aber stärker gewesen war und er gedacht hatte, was wird das eine Mal ohne Schutz schon ausmachen. So hatte er seine Männlichkeit in ihr versprüht, mit Stolz, dass sein Samen sich in dieser wundervollen Frau verbreiten konnte.

       Sechs Wochen darauf hatte sie ihm mitgeteilt, dass sie schwanger war. Drei Monate danach hatten sie geheiratet, knapp sieben Monate später kam Lilly. Zart, denn sie war einige Zeit vor dem errechneten Termin. Er hatte gedacht, dass Lilly früher aus ihrer Mutter schlüpfen wollte, weil diese während dem Endstadium der Schwangerschaft nur mehr gestöhnt hatte, wie schrecklich sie sich fühlte. Wie ein Walross. Dabei wusste er genau, dass sie bereits zu dieser Zeit mit ihren Affären begonnen hatte. Es gab Männer, die auf Walrosse standen. So hatte sie sich einmal ausgedrückt.

       Hastig trank er den heißen Espresso, verbrannte sich fast den Gaumen, wollte aber so schnell als möglich einen klaren Kopf. Dann wählte er Carolines Handy-Nummer.

       »Was willst du?«, fragte sie gereizt.

       »Was hast du Lilly angetan?«

       Ein befriedigendes Auflachen auf ihrer Seite. »Hat sie es dir erzählt?«, fragte sie schadenfroh.

       »Nein, sie wollte mir nichts sagen. Ich solle dich fragen«, antwortete er aufgebracht.

       »Will dein Schätzchen dir nicht erzählen, was ihre liebe Mommy ihr gerade gebeichtet hat?«

       Es troff vor Verachtung aus dem Telefonhörer. Warum nur hasste sie Lilly so sehr? Ein so liebreizendes Geschöpf, von der man nicht glauben konnte, dass sie von dieser Mutter stammte. Wobei Caroline in der Öffentlichkeit stets die hingebungsvolle Ehefrau und Mutter gespielt hatte, somit hatte nie jemand seine Klagen ernst genommen. Sah man Caroline auf einer Party an seiner Seite, war man überzeugt, das perfekte Paar vor sich zu haben. Waren sie alleine zu Hause, warf sie nicht nur mit bösen Worten um sich, sondern auch mit Geschirr, Möbeln und Ähnlichem.

       Sein Wunsch war all die Jahre gewesen, Lilly zu beschützen, deshalb hatte er Caroline nicht verlassen. Wer weiß, was sie Lilly angetan hätte. So bildeten er und Lilly eine verschworene Gemeinschaft gegen Frau und Mutter. Natürlich fühlte sich Caroline ausgeschlossen, doch daran war sie selbst schuld.

       Sie gab Lilly nicht einmal das Mindestmaß an mütterliche Liebe, ihm verweigerte sie den ehelichen Beischlaf. Den holte er sich zwischendurch mit Gewalt. Worauf er nicht stolz war, ihn dafür am Morgen in den Spiegel schauen ließ, weil er sich zur Wehr gesetzt hatte. Zumindest empfand er es so, obwohl es bei Tageslicht besehen lächerlich war, wie er sich verhielt.

       Wenn sie es mit ihrer Zankerei wieder einmal auf den Höhepunkt getrieben hatte, fesselte er ihre Arme und Beinen an die Bettpfosten, während sie schlief.

       Begehrte sie wütend auf, steckte er ihr einen Seidenschal in den Mund, damit sie Lilly mit dem Geschrei nicht weckte. Dann nahm er sie. Grob. Vermied es tunlichst, seinen Samen in ihr zu verteilen. Denn ein weiteres Kind wollte er unter allen Umständen vermeiden. Sondern entleerte sich über ihrem Gesicht. Und erfreute sich diebisch an ihrem Ekel ausdrückendem Gesichtsausdruck.

       Komischerweise sprach sie diese nächtlichen Übergriffe nie an. Im Gegenteil. Sie war danach tagelang wesentlicher leidlicher und vertrug sich sogar mit Lilly. Seit einigen Jahren hatte er allerdings absolut keine Lust mehr auf sie verspürt. Er fühlte ausschließlich Verachtung. Pure Verachtung.

       Vergnügte sich lieber mit den Ehefrauen von Klienten. Die waren ihm dankbar für seine Hingabe. Er holte sich seine körperliche Befriedigung, aber befriedigt von den Abenteuern war er nicht. Er sehnte sich nach wirklicher Liebe. Echter Liebe mit einer Frau wie Lilly, die warmherzig, klug und hübsch sein und außerdem über einen brillanten Verstand verfügen sollte. Eine Frau, die zu ihm stand und nicht auf seinen Status als angesehener Anwalt und Spross einer der ältesten Familien Amerikas aus war.

       Lilly könnte einmal in seine Fußstapfen treten, auch was die politischen Ambitionen anbelangte. Er konnte seine Kandidatur zum Senator von Massachusetts nicht mehr bekannt geben, doch vielleicht konnte er Lilly in einigen Jahren unterstützen?

       Wir prüden Amis, dachte er amüsiert. Amerikaner akzeptieren in der Politik keine gescheiterten Ehen oder Ehebrecher. Offiziell muss in diesem Land alles sauber sein. Obwohl jeder wusste, dass so mancher Politiker seinen Schwanz nicht in der Hose behalten konnte. Macht zog Frauen magisch an, und welcher Mann konnte weiblichem Charme schon widerstehen? Er konnte es damals nicht. Und verdiente jetzt dieses Leben. Er wollte Caroline ausnutzen. Doch sie hatte den Spieß umgedreht. Er seufzte auf.

       Ein böses Lachen aus dem Telefon. »Also gut, ich erlöse dich. Ich hab deinem Schätzchen erzählt, dass du nicht ihr Daddy bist.«

       Eine