Sabine Gräfin von Rothenfels

Die Schlacht von Terria


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es war nicht ihre Schönheit die König Wilkar gefangen nahm. An seinem Hof gab es viele liebreizende Frauen, weit schönere als Philomena. Es war ihre kindliche Anmut und dieses Lächeln das ihn bezauberte.

      Wenn sie einen Menschen mit ihren unschuldigen himmelblauen Augen ansah und ihm zulächelte, dann war es als ob die Sonne im Herzen aufging. Gleich ob Knecht oder König, jeder hatte dann das Bedürfnis niederzuknien und den Göttern zu danken, dass sie dieses herrliche Wesen geschaffen hatten.“ Er schluckte, gerührt von der Erinnerung.

      „Unser Vater hatte beschlossen eine Reise mit uns zu machen. Wir fuhren, mit einem kleinen Hofstaat, in Kutschen durch das ganze Reich und in alle benachbarten Länder. Zuletzt sogar jenseits der großen, blauen Berge. So kamen wir auch nach Wendorra, der Heimat des schönen Volkes.

      König Wilkar war sofort für Philomena entflammt, als er sie bei dem festlichen Empfang zu Ehren seiner königlichen Gäste, an seine Tafel führte. In dem Moment als sie ihm das berühmte Lächeln schenkte. Noch am selben Abend bat er Philomena, seine Frau und Königin zu werden. Meine Schwester, geblendet von der Schönheit und dem Glanz des schönen Volkes, stimmte sofort zu. Sie war noch so jung und hatte bis zu dieser Reise noch nicht viel von der Welt gesehen. In Wendorra zu leben, seine Königin zu sein, erschien ihr als das höchste Glück.

      Unser Vater war außer sich, als Philomena ihm sagte, sie wolle als Königin im Lande des schönen Volkes bleiben. Er schäumte und schrie vor Wut. Er warf Sachen an die Wand und drohte König Wilkar schreckliche Dinge an.

      Er vergötterte meine Schwester und wollte nicht erlauben, dass sein Kind viele Tagesreisen von ihm entfernt leben sollte.

      Am Abend darauf, ging Philomena noch mal zu Vater und sprach lange mit ihm. Sie bettelte und flehte, und überzeugte ihn schließlich, nur in Wendorra ihr Glück finden zu können. Als sie anfing zu weinen gab Vater nach. Er konnte sein kleines Mädchen nicht weinen sehen. Niemals.

      Noch in der gleichen Nacht wurde der Hochzeitstermin festgesetzt und die Vorbereitungen begannen.

      Es war ein rauschendes Fest. Philomenas Kleid war ganz aus kostbarer weißer Spitze und die Schleppe war ganze 25 Meter lang. Ein Kleid wie es nur in Wendorra gefertigt werden konnte! Drei Tage und Nächte hatten alle Näherinnen des Landes daran gearbeitet.

      Wunderschön sah sie aus, noch schöner und strahlender als je zuvor. An Vaters Arm schritt sie den langen purpurnen Teppich entlang zur großen Festhalle. Als sie ihr glückliches Lächeln sehen ließ, da weinte nicht nur unser kleiner Hofstaat, da weinte das ganze Land Tränen der Rührung.

      Eine ganze Stunde brausten die ”Hoch“-Rufe nach der Hochzeitszeremonie. Das schöne Volk war im Freudentaumel, es hatte wieder eine Königin!”

      Marken unterbrach sich. ”Aber ich schwatze und schwatze hier von Dingen, die bald vierzig Jahre her sind. Ich denke, ich sollte erst meinen Sekretär rufen und den Befehl geben, damit die Armee sich bereit machen kann. Warte kurz.” Der König erhob sich ätzend und verließ den Raum. Gab die entsprechenden Anweisungen und kam leise schlurfend zurück.

      „Jetzt will ich dir noch mehr erzählen, lieber Großneffe. Leider wird es wohl zwei Tage in Anspruch nehmen, ehe wir zum Abmarsch bereit sind“, entschuldigte sich Marken. „Unser Heer war das letzte Mal mit meinem Großvater im Kampf und es wird etwas dauern, bis wir wieder mit diesem Gedanken vertraut sind.”

      Hendrik sah ein, dass es nicht schneller ging, Almachs Heer in Bewegung zu setzen. ”Mein Vater und unser ganzes Volk wird überaus dankbar sein, dass ihr mit uns in die Schlacht ziehen wollt.”

      ”Aber natürlich werden wir das, mein Junge, natürlich. So wurde es doch beschlossen, damals bei der Hochzeit von Philomena und Wilkar.

      Wo war ich vorhin stehen geblieben?” versenkte sich Marken wieder in seine Erinnerungen. ”Ja, es war ein rauschendes Fest. So viel Pracht habe ich danach nie wieder gesehen. Euer Volk versteht es wahrlich Feste zu feiern!

      Wilkar war damals schon an die vierzig Jahre alt. Für dein Volk also schon ein alter Mann. Seine Frau war gestorben und auch die beiden Söhne hatten das Mannesalter nie erreicht. Alle drei wurden von einer schweren Krankheit dahingerafft. Philomena war für ihn und das ganze Land, die einzige Hoffnung auf einen neuen Thronerben.

      Das Schicksal meinte es gut mit ihm. Schon ein knappes Jahr später bekam Philomena einen Sohn, deinen Vater. Sie waren glückselig und dachten nicht, dass ihnen jemals etwas Schlimmes zustoßen könnte.

      Doch wie du weißt, sterben die Menschen des schönen Volkes in der Blüte ihres Lebens, sie werden nie alt und gebrechlich. Ein Fluch und eine Gnade zugleich.“ Der alte Mann hüstelte bedeutungsvoll. „Wilkar also starb, als der Thronerbe gerade sechs Jahre alt war. Es war eine schwere Zeit für Philomena. Sie musste im Namen ihres Sohnes regieren. Sie, eine Fremde. Nicht alle erkannten sie als Regentin an. Es gab auch Missgünstige, die befürworteten, dass Philomena zurück nach Almach gehen sollte, dass gar ein entfernter Neffe des verstorbenen Königs dessen Nachfolge antreten sollte. Doch Philomena kämpfte. Sie war schließlich auch nicht aus schlechtem Holz geschnitzt und sie gewann. Sie blieb Regentin und Argen bestieg zwölf Jahre später den Thron. In dieser Zeit hat sie sich Respekt verschafft. Sie hat viel Gutes getan, für das einfache Volk und sie hat es verstanden das Reich zu seinem besten zu lenken. Als Philomena schließlich starb, war sie allseits hoch geachtet, wurde mir berichtet.

      Es hat mir immer sehr leid getan, dass ich meine Schwester nie besuchen konnte. Aber nach dem Tod unseres Vaters musste ich die Staatsgeschäfte in Almach übernehmen. Ich hatte auch hierzulande manches Problem zu lösen.

      Doch dann und wann hat Philomena mir doch Nachricht geschickt und mir berichtet, wie es ihr ergangen ist.

      Doch sag mir”, der alte König unterbrach sich wieder. ”Wie geht es deinem Vater?”

      ”Er ist natürlich sehr besorgt wegen der Gefahr, die uns droht. Doch sonst geht es ihm gut. Er hat mir aufgetragen, Euch die besten Wünsche zu überbringen.”

      Marken lächelte glücklich: ”Nach all den Jahren. Ich wünschte wirklich, ich könnte mit dir kommen und auch meinen Neffen Argen, endlich in die Arme schließen. Erzähl ihm von mir, Hendrik, sag ihm, wie gern ich ihn kennen gelernt hätte.”

      ~~~~~~~~~~

      Zwei Tage später war das ganze Land in Aufruhr.

      Wig und Wamba hatten überall die Kunde vom bevorstehenden Kriegszug verbreitet. Alle kampffähigen Männer versammelten sich im Hof des Schlosses. Es war ein ziemliches Durcheinander. In aller Hast wurden Waffen und Vorräte in große Planwagen verladen. Ein Schmied war damit beschäftigt Wagenräder auszubessern und Pferde zu beschlagen. Die Knechte des Königs versuchten verzweifelt, die königlichen Rösser, von denen die meisten natürlich noch nie einen Wagen gezogen hatten, an ihre neuen Aufgaben zu gewöhnen.

      Elmar und Sonji waren einen halben Tag später als Hendrik in Andria angekommen und sofort ins Schloss beordert worden. Seitdem stellten sie ohne Pause ihre Regimenter zusammen und hielten Kampfübungen ab. Auch Wig hatte sofort befohlen die Schwerter, Speere, Schilde, Keulen, Pfeile und Bogen zu reinigen. Soweit nötig in Ordnung zu bringen und schadhafte Teile sofort auszuwechseln.

      Alles rannte und schrie wild durcheinander. Prinz Hendrik versuchte in all dem Durcheinander den Hauptleuten die örtlichen Gegebenheiten in Wendorra zu beschreiben und bemühte sich, zusammen mit ihnen, so etwas wie einen Schlachtplan aufzustellen.

      Am Abend vor der geplanten Abreise, trat auch König Marken noch einmal vor die Armee um zu den Männern zu sprechen. Alle standen plötzlich still und lauschten aufmerksam seinen Worten: ”Meine lieben Untertanen, ihr seid die Kämpfer Almachs. Ich bin stolz, euch heute so zu sehen und ich werde noch stolzer sein, wenn ihr zurückkehrt.

      Es fiel mir nicht leicht, euch in den Krieg zu schicken; doch diese Fehde ist auch unser Kampf. Es geht nicht nur darum, unseren Freunden in Wendorra beizustehen, es geht darum, alles zu verteidigen, was uns lieb und teuer ist. Darum gebt euer bestes und”, er machte eine kleine Pause: ”überlebt.

      Wir, die wir zurück bleiben müssen,