Fae Clarke

Das bittersüße Traumkonzert


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bin ja dermaßen dumm. Das schreibt er bestimmt bei jeder‹, ermahnt sie sich. Schließlich weiß er, was die Frauen von ihm wollen und sogar erwarten und er fügt sich eben.

      Nachdem sie das Buch wieder zugeklappt hat, gibt sie es der grinsenden Freundin zurück. Diese hakt sich unter Liliths Arm und zieht sie stetig mit sich.

      »Lauf nicht so schnell! Ich habe sowieso keine Lust, mich unter diese hysterischen Fans da vorn zu mischen!«, mahnt sie sie.

      Doch Sonja hört ihr nicht zu oder will wohl eher nicht und schleift sie weiter mit sich. Als sie nach rechts Richtung Haupteingang abbiegen, befinden sie sich plötzlich inmitten der Fanmassen, die lachend und plaudernd zum Eingang strömen.

      Liliths Laune wird trotz der überragenden Stimmung immer betrüblicher. Auf keinen Fall will sie zu diesem Manager, wer weiß, was er von ihnen will. ›Was will ich denn hier? Die freuen sich alle auf das Abschlusskonzert und wir haben nicht einmal Karten und laufen trotzdem mit.‹

      Verzweifelt blickt sie sich um. Dabei bemerkt sie eine Gruppe junger Frauen, die singend neben ihnen her hüpfen. Die Sonne, die sie heute Vormittag als angenehm empfand, prasselt nun erbarmungslos auf sie herab. Etliche Bäume, die den Weg säumen, wiegen sich sacht in dem warmen Wind. Auf den weitflächigen Wiesen liegen und sitzen etliche Menschen teilweise sogar auf Decken, die sich miteinander angeregt unterhalten und dabei immer wieder lachen.

      Hoffnungslos sucht sie nach einem triftigen Grund, um nicht am Treffpunkt zu erscheinen. Als ihr beim besten Willen keiner einfällt, versucht sie sich Ausreden auszudenken, um diesen Manager so schnell wie möglich abzuspeisen. ›Es ist etwas dazwischengekommen. Ich habe gerade einen Anruf erhalten. Wir müssen ganz schnell nach Hause, es ist etwas passiert‹, legt sie sich schon einmal zurecht. Nun muss Sonja nur noch mitspielen.

      Gerade will sie ihrer Freundin einen Vorwand in den Mund legen, als diese den besagten Typen von Weitem entdeckt und auch noch zuwinkt. Verdammt, das ging viel zu schnell oder sie war zu langsam! Nun muss sie hoffen, dass ihre Süße rasch schaltet und mitspielt. Diese zerrt sie erbarmungslos der Location entgegen. Aus dem Inneren der Halle erschallen bereits die ersten Stimmproben der Instrumente.

      Bald steht er auf der Bühne, schießt es ihr durch den Kopf. Zu gern wäre sie ebenfalls in der Halle, um ihn singen zu hören und zu sehen, so wie bereits vor knapp acht Jahren. Seufzend marschiert sie zwangsweise im Stechschritt der Freundin auf den Manager zu, der unweit des Haupteingangs auf sie wartet. Nach wenigen Sekunden stehen sie ihm auch schon gegenüber. Keine Menschen scharen sich um ihn, wie von ihr befürchtet.

      Fragend blickt er auf beide herab. Dann erhellt sich sein Gesicht, als ob ihm gerade wieder eingefallen ist, wer die beiden sind. »Hallo die Damen.«

      »Hallo. Wir müssen Ihnen leider …«, setzt sie an.

      »Entschuldigt bitte, aber wir müssen uns etwas beeilen«, unterbricht sie der Mann etwas barsch.

      »Bitte? Womit beeilen?«

      »Na nun tut nicht so, als ob ihr das nicht wüsstet. Los gehts! Folgt mir, wir haben nicht mehr so viel Zeit.« Damit dreht er sich um und geht voran.

      »Moment mal! Wir folgen Ihnen doch nicht so einfach irgendwohin. Da kann ja jeder daherkommen«, ruft sie ihm hinterher.

      Sonja zischt: »Nun lass mal gut sein! Es wird eine Überraschung.«

      Völlig fassungslos starrt sie die Freundin an.

      »Ja, nun komm schon mit! Das wird die Überraschung deines Lebens«, sagt diese weiter und versucht sie damit zum Gehen zu bewegen.

      Sie will etwas erwidern, doch es kommen keine Worte über ihre Lippen, zu perplex ist sie. Der Manager, der bereits voraneilte, bleibt abrupt stehen, als er merkt, dass ihm keiner folgt. Das ist er wohl nicht gewohnt, denn er stürmt mit einem missbilligenden Gesichtsausdruck zu den beiden zurück und öffnet gerade den Mund, um etwas zu sagen. Doch in diesem Moment lässt sie sich von ihrer Freundin mitziehen.

      Während sie am Haupteingang vorbeilaufen, holt der Mann zwei Tickets, zumindest wirken sie als solche, aus seiner Jacke und hält sie hoch. Der Türsteher erhebt nickend den Daumen und notiert irgendetwas auf einen Block, den sie aus der Entfernung nicht einsehen kann.

      ›Das sind aber keine Tickets für das Konzert, oder? Auf was lass ich mich hier ein?! Was wird dafür wohl erwartet?‹ Ratlos und überfordert trottet sie weiter mit. Sie eilen zu einer kleinen Tür - der Seiteneingang. Ihr wird mulmig zumute, aber Sonja lächelt völlig unbedarft vor sich hin. Als ob sie doch etwas wüsste.

      »Sag mal, was ist hier los?«, fragt sie forsch nach.

      »Ach komm schon, lass dich mal überraschen!«

      »Nein, du sagst mir jetzt sofort, was hier los ist! Sonst bleibe ich auf der Stelle stehen!«

      »Ich habe dir vorhin nicht alles erzählt, worüber ich mich mit Chris unterhalten habe. Als ich ihm sagte, dass wir keine Karten mehr bekommen haben, fand er das wirklich schade. Er meinte, dass er sich etwas einfallen lässt als Ausgleich für die Rumschubserei. Und nun sei kein Spielverderber und mach nicht alles kaputt!«

      Lilith bleibt das Herz fast stehen, sie bekommt kaum Luft und ist nicht in der Lage, etwas zu erwidern. Nervös kramt sie nun doch die Packung aus ihrer Tasche und zündet sich mit zittrigen Fingern eine Zigarette unter dem Laufen an.

      ›Nerven beruhigen!‹ Hastig zieht sie daran, sodass ihr geradewegs schwindelig wird. Doch das ist ihr in dem Moment völlig egal und klammert sich regelrecht an Sonjas Arm, um die Bodenhaftung beizubehalten. Sie kann es nicht glauben, dass der Sänger ihnen anscheinend Tickets geschenkt hat, hoffentlich ohne Hintergedanken. Man hört schließlich so einiges von Musikern und ihren sogenannten Groupies.

      An der Tür angekommen dreht sich der Mann nach ihnen um und reicht ihnen tatsächlich die beiden Tickets. Rasch drückt sie die Zigarette aus und nimmt eines mühsam lächelnd entgegen.

      »Danke!«, stammelt sie und wendet nervös die Eintrittskarte hin und her. Da bemerkt sie schlussendlich, was darauf steht.

      ›VIP inkl. Backstage‹

      Ihr fallen beinahe die Augen heraus, als sie das liest. Auch Sonja ist sichtlich überrascht, damit hatte sie wohl ebenfalls nicht gerechnet, dass sie nun hinter die Kulissen blicken können. Völlig baff bedanken sie sich noch einmal. Der Manager grinst beide an und öffnet die Tür. »Dann herein mit euch!«

      Liliths Herz rast immer mehr. Sie wird wahrscheinlich in wenigen Augenblicken diesem Chris gegenüberstehen. Und hoffentlich nicht in Ohnmacht fallen. ›Was soll ich nur machen? Was soll ich ihm sagen? Hilfe!‹ Gedankenchaos setzt ein. Nun dreht sich auch noch alles um sie und sie folgt wie betäubt ihrer Freundin in das Gebäude.

Klavier-Silhouette

      S

      ie wird kreidebleich, als sie die Location betritt. Stimmengewirr, Gitarrensound und Gelächter dringen zu ihr vor. Selbst hier im Backstage Bereich ist die Luft angespannt und zum Schneiden dick. Die beiden folgen dem Mann, der weiter in Richtung Tribüne läuft.

      Der Gang endet in einer Art Halle, die hinter der Bühne liegt. So etwas hätte sie sich niemals träumen lassen. Gerade macht sich die Vorband für ihren Auftritt bereit. Hüpfend und auflockernd schlendern sie zu dem langen schwarzen Vorhang. Als sie sich umblickt, bleibt Lilith mit einem Mal wie erstarrt stehen.

      »So, bis hierher und keinen Schritt weiter! Ich weiß nicht, was ich sagen soll!«, meint sie leise. Sonja schaut sie fragend an. »Ich kann das nicht. Ich weiß nicht, was ich zu ihm sagen soll, außer vielleicht einem Danke.«

      »Ach, das wird schon. Er ist doch so erfahren, dass er schon weiß, wie er dir ein paar Worte entlocken kann. Und er wird sich dabei bestimmt auch etwas gedacht haben, uns hierher einzuladen«, erwidert die Freundin und steuert hernach zielstrebig auf den Gitarristen zu.

      Lilith