Manfred Wasner

DAS SOZIALE LEBEN RUND UM UNBEWEGLICHE SACHEN


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sehr interessiert. Sie treffen einander drei Mal und das Ergebnis ist ein Pilotprojekt, - die Sanierung des Althauses der Gemeinde Wien Lambertgasse 11 mit siebzehn Substandard-Wohnungen. Auf der Grundlage des damaligen Wohnbauförderungs- Gesetzes wird eine besondere Förderung "gestrickt", die die Förderung des späteren Wohnhaussanierungs- Gesetzes vorweg nimmt.

      Das Urbanbau- Team bekommt den Auftrag vom Magistrat, diese Sanierung planerisch und technisch zu betreuen, was der Timo, der Werner und der Verfasser dann auch tun. Im Erdgeschoss dieses Hauses tritt dann der zuständige Gemeinderats- Ausschuss zwei Mal zusammen. Die Politikerinnen und Politiker aller Parteien stehen zu dem Projekt.

      Auf das Bedenken, die förderbaren Kosten könnten nicht ausreichen, antwortet der Verfasser: "In diesem Fall machen wir eben einen Sockel - §7", - womit eine Mietenerhöhung gemäß dem damaligen Mietengesetz gemeint wist. Aus diesem Ausspruch wird, - wohl durch August Fröhlich, - dann das Wort "Sockelsanierung", womit in Wien die durchgreifende Sanierung bewohnter Häuser bezeichnet wird. Der Boden ist aufbereitet für die Wiener Handhabung des späteren Wohnhaussanierungs- Gesetzes.

      19. Der "kleine" Hofmann und die Beistriche (WSG 2)

      Der Verfasser hatte es ja von Anfang an gewusst: Er hatte über ihre Arbeit in Ottakring den Forschungsbericht für das damalige Bauten- Ministerium zu verfassen. Zuerst denkt er: "Das ist ja erst in zwei Jahren" und macht sich nicht viel Gedanken darüber. Doch dann sind die zwei Jahre um. In einem sonst den Prüfverbands - Prüfern vorbehaltenen Dachboden- Kammerl im Sozialbau-Gebäude zieht sich der Verfasser zurück.

      Unter Schwitzen, Ächzen und Stöhnen entsteht der Bericht. Wolfgang Gräsel hatte einige kurze Texte verfasst und darin einen Stadterneuerungs- Fonds vorgeschlagen, den es ja inzwischen in Wien gibt. Den Rest der Texte hat der Verfasser zu verfertigen und Johnny Winter macht die Grafik dazu.

      Der Verfasser schlägt ein neues Wohnungsverbesserungsgesetz vor, das mit Mitteln aus dem Wohnbauförderungs- Topf arbeiten soll und auf Grund dessen die Reparatur, die hausseitigen Installationen als Grundlage für die Wohnungs- Verbesserungen und die Wohnungsverbesserungen selbst gefördert werden sollen.

      Bevor der Bericht an das Ministerium geht, bekommt ihn der „Sozialbau" - Direktor Magister Fritz Hofmann, - zum Unterschied zum Stadtrat gleichen Namens der "Kleine" genannt, - zu lesen. Der Verfasser denkt, "Der kann den Bericht nicht durchlassen. Weil: wenn das vorgeschlagene Gesetz kommt, müsste das Neubauvolumen der Sozialbau beträchtlich schrumpfen, da ja ein wesentlicher Teil der Förderungsmittel in die Altbausanierung fließen würde."

      Fritz Hofmann ist tatsächlich verärgert über den Bericht. Er läd den Verfasser vor. Was kommt jetzt? Etwas völlig Unerwartetes: "Da fehlen eine ganze Menge Beistriche!" Perfekte Rechtschreibung ist für den ehemaligen Schriftsetzer eben besonders wichtig! Dass den Inhalt jemand Maßgeblicher ernst nehmen könnte, - das glaubt er sowieso nicht! Sie verbessern also die Beistriche, das Ministerium gibt die Veröffentlichungs- Genehmigung und die 300 Exemplare des Berichtes sind bald vergriffen.

      20. Karikatur und Magistrats- Umbildung (Ass.Geb.Ottakring 2)

       2020 eingefügt

      Naturgemäß ist der Kontakt mit jenen Dienststellen des Magistrats, die für den jeweiligen Einzelfall zuständig sind, Aufgabe des Teams der Gebietsbetreuung. Den Kontakt herstellen ist ja recht leicht. Die Telefonzentrale verbindet. Etwas durch Koordination weiter zu bringen, das erweist sich bald als schwierig. Warum?

      Die erste Unbedarftheit ist bald vorbei. Langsam stellt sich Überblick ein. Und Erstaunen. Es sind nämlich 38 Dienststellen befasst, aus allen neun Geschäfts- Gruppen des Magistrats und zusätzlich aus Magistratsdirektion und Bezirksamt. Das ist mehr als die Hälfte der Dienststellen, die es überhaupt damals gibt! Um diese Stellen alle zu koordinieren gibt es unterhalb des Bürgermeisters niemand! Da fühlst du dich als Gebietsbetreuer irgendwie in einem Hamster- Rad!

      Aus dieser Stimmung heraus zeichnet der Verfasser alle diese Dienststellen auf, und wie sie mit Vorbereitung, Finanzierung, Ausführung und Kontrolle der vielen Einzel- Maßnahmen der Stadterneuerung zusammen hängen.

      Heraus kommt eine Bestandsaufnahme von wissenschaftlicher Genauigkeit, die allerdings aussieht, als wäre sie eine Karikatur. Alle, die diese Zeichnung sehen, sind beeindruckt. Fritz Hof macht davon eine Reinzeichnung. Sie wird im Rahmen einer Veranstaltung neben anderen Ergebnissen aus Ottakring präsentiert und erscheint in verschiedenen Medien.

      Und – kaum zu glauben, - Bürger-meister Leopold Gratz bildet den Magistrat um, damit die Stadt-Erneuerung besser organisierbar wird. So wechselt etwa die Baupolizei von der Geschäftsgruppe „Stadtplanung“ zur Geschäftsgruppe „Wohnen und Stadterneuerung“.

      Natürlich werden die Erkenntnisse aus dem Assanierungsgebiet Ottakring von den Funktions- Trägern im Bezirk und später in der „Koordinationsstelle Stadterneuerung” weiter getragen. Natürlich gibt es auch Einflüsse aus den anderen Stadterneuerungs- Gebieten Wiens. Doch im Zug von all dessen kommt der Karikatur- haften Darstellung der magistratischen Wirklichkeit jedenfalls besondere Bedeutung zu!

      Die Zeichnung wird in die im August 1981 erscheinende Kurzfassung des Forschungsberichts und in den ersten Teil des Forschungs- Berichts aufgenommen. Im „Endbericht“ über die Forschungs- Vorhaben im Juli 1984 kommt die Zeichnung gar nicht mehr vor. Sie hatte ihre Schuldigkeit getan! Außerdem ist sie ja seit der Magistratsumbildung ohnehin nicht mehr richtig.

      21. Als Betriebsrat bei der Staatsekretätin (WSG 3)

      Beatrix Eypeltauer aus Oberösterreich ist damals die Staatsekretärin im Bauten- Ministerium. Sie ist als Mitglied der Bundesregierung für die Förderung des Wohnbaues und für den Forschungsbericht des Teams über Ottakring zuständig. Wolfgang Gräsel erzählt ihr anlässlich einer gemeinsamen Bahnfahrt nach Graz über die Ergebnisse der Arbeit des Teams im Stadterneuerungsgebiet Ottakring: über den Stadterneuerungsfonds, den er vorgeschlagen hatte und über das umfassende Wohnungsverbesserungs- Gesetz, das der Verfasser vorgeschlagen hatte.

      Der Beatrix Eypeltauer erscheint der Vorschlag des neuen Wohnungsverbesserungs- Gesetzes für ihre politische Tätigkeit sehr brauchbar. Sie glaubt an die dahinter steckenden Ideen und glaubt daran, damit Erfolg haben zu können. Bald darauf stehen die Ergebnisse des Teams im Wohnbauprogramm der Sozialistischen Partei Österreichs (so hieß die Sozialdemokratische Partei damals).

      Doch zu einem neuen Gesetz ist es noch ein weiter Weg. Beatrix Eypeltauer will ein neues Wort und sagt "Wohnhaussanierungs- Gesetz" anstatt dem bisher bekannten Wort "Wohnungsverbesserungs- Gesetz". Sie fürchtet sich nicht davor, dass unter „Sanierung“. in der Bundesrepublik Deutschland damals hauptsächlich Abbruch und Neubau verstanden wird. Sie beauftragt einen ihrer Beamten mit dem Verfassen dieses Gesetzes.

      Zur gleichen Zeit kommt es zu Differenzen zwischen dem Sozialbau - Direktor Hofmann, der die gemeinnützigen Bauvereinigungen von ganz Wien vertritt, und Beatrix Eypeltauer. Es geht wohl um die Frage, ob das Honorar der Bauvereinigungen für „Bauverwaltung" nicht wieder vier Prozent anstelle von drei Prozent betragen solle. Fritrz Hofmann fühlt sich schlecht behandelt und glaubt, dass die Maßnahmen des Ministeriums auch für das Personal der Sozialbau negative Auswirkungen hätten. Daher regt er bei den Sozialbau- Betriebsräten an, sie sollten die Staatssekretärin Eypeltauer besuchen, - und aus ihrer Sicht das Problem darlegen.

      Die Sozialbau - Betriebsräte setzen den Verfasser nach kurzer Firmen- Zugehörigkeit auf die Kandidaten- Liste für die Betriebsrats- Wahl. Er hat Erfahrungen als Studentenvertreter und beim Aufbau des Betriebsrates der Architekten-ARGE im Allgemeinen Krankenhaus.

      Zwei Listen, - beide unter dem Namen „Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter", - kandidieren gegeneinander. Es gibt Stimmen- Gleichheit. Das Los entscheidet für die Liste, auf der der Verfasser steht.

      Er tritt, - um all die lieben Leute, die ihn vorschlagen, nicht zu enttäuschen, - diskret im der