Veronique Larsen

Maxillia


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nur die gleichen Wände“, erklärte Max und zupfte sich nervös am Ärmel herum. Sie konnte nur hoffen, dass ihre Mutter ihr diese Erklärung abkaufen und nicht weiter nachfragen würde. Doch eigentlich war es ihr fast schon klar, dass dies nicht eintreffen würde. „Soso“, erwiderte Isabella und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Ich komme mit dir zurück in die Burg und bleib wie immer zur Strafe die beiden nächsten Wochen auf meinen Gemächern und bereite einen Vortrag über ein Thema der Politik vor“, versuchte sich Max ergeben und gehorsam zu zeigen, um die Strafe zu mildern. „Wenn du mir die volle Wahrheit sagst, habe ich dich hier nicht gesehen. Und um dir nochmal die Entscheidung zu erleichtern: Du weißt, dass es keinen Sinn macht mich anzulügen“, grinste Isabella breit mit hochgezogenen Augenbrauen. Verwirrt schaute Max zu ihr hoch und fragte: „Inwiefern, hast du mich hier dann nicht gesehen?“. „Na so wie ich es sage. Sag mir die Wahrheit und ich vergesse, dass ich dich hier gesehen habe. Ich vergesse am besten einfach, dass ich hier gewesen bin“, antwortete Isabella mit einem überaus freundlichen Gesichtsausdruck. Es war keinerlei Ärger darin zu sehen und das Lächeln sah auch nicht aufgesetzt aus. Maxillia verstand nicht ganz und fühlte sich, als wäre sie in einem seltsamen Traum. Sie hatte lautes Geschimpfe und heftige Vorwürfe erwartet, sowie Tränen der Enttäuschung. Doch von keinem dieser Dinge war etwas im Gesicht ihrer Mutter zu erahnen. Gerade, als Maxillia ihren Mund öffnete und eine Erklärung geben wollte, sprang Seraphina auch aus dem Versteck und verbeugte sich tief vor Isabella. „Sie trifft sich hier immer mit mir. Eure Hoheit“, gestand die junge Nymphe und richtete sich wieder auf. „Ich hätte jetzt, aufgrund des politischen Vorschlags, Rekruten erwartet, aber das ist natürlich auch sehr schön“, lachte Isabella freudig und beäugte Seraphina mit strahlenden Augen. Irritiert schauten sich die beiden Mädchen an, die alles andere als freudiges Lachen erwartet hatten. Schließlich hatte Maxillia gleich mehrere Regeln gebrochen. „Jetzt schaut doch nicht so. Ich freue mich darüber. Don und ich hatten schon Angst, dass du gar keine Freunde hast. Stell sie mir doch mal vor“, amüsierte Isabella sich weiter über die beiden, die sie immer noch anstarrten, als sähen sie einen Geist. „Ähm. Also das ist Seraphina“, stotterte Max verunsichert und deutete auf ihre Freundin, die einen schüchternen Knicks machte. „Wie hast du mich eigentlich gefunden?“, fragte Max und schaute kurz zu dem Gebüsch rüber, wo die drei jungen Männer sich immer noch versteckten. „Naja. Deine Wache hat es schon mitbekommen, dass du die Burg verlassen hast und ist dir bis zu dem Weg gefolgt. Du warst gestern ein wenig unvorsichtig, so dass er bemerkte, wie du hinausgestürmt bist. Und da der Weg nur hierherführt, war es eigentlich klar, dass du hier bist“, erklärte Isabella, die sichtlich Spaß an der Sache hatte. „Es tut mir leid Mama“, entschuldigte sich Max noch einmal, da sie befürchtete es könnte doch noch negative Folgen für sie haben. „Ach, hör auf dich zu entschuldigen. Freundschaften sind mit das Wichtigste, weswegen ich froh darüber bin, dass du dich wegschleichst, um dich mit deiner Freundin zu treffen. Ich hätte mich genauso wenig an diese dämlichen Vorschriften gehalten. Aber jetzt will ich noch die Wahrheit darüber wissen, wie du auf die Idee mit den Rekruten gekommen bist. Deine Geschichte war ja ganz nett, aber ich glaube nicht, dass das der wahre Grund ist. Zumal wir mit der Wache über das Buch gesprochen haben, die sich seltsamerweise nicht daran erinnern kann. Und wehe du lügst. Dann bekommst du doch noch eine Strafe“, sagte Isabella mit einem mahnenden Blick. Beschämt senkte Max den Kopf und überlegte, wie sie wohl darauf antworten sollte. Sollte sie sich wirklich trauen die Wahrheit zu erzählen oder sich doch eine andere Lüge ausdenken? „Ich habe vormittags immer die Rekruten trainieren hören“, begann sie eine neue Lüge und zupfte sich verlegen an ihrem Ärmel. „Max, die Wahrheit“, ermahnte Isabella ihre Tochter, als sie Luft holte, um ihrer Geschichte Glaubwürdigkeit zu verleihen. „Na schön. Was ist, wenn ich in der Stadt war?“, wich Max von den Lügen ab und versuchte sich vorsichtig mit der Wahrheit vorzutasten. „Was soll dann sein?“, fragte Isabella mit hoch gezogenen Augenbrauen und einem leichten Unverständnis im Gesicht. „Mir ist es doch eigentlich verboten die Burg ohne Wachen zu verlassen. Und angenommen ich wäre in der Stadt gewesen, hätte ich ja gegen Regeln verstoßen“, entgegnete Max vorsichtig. „Das stimmt. Aber was ich nicht genau weiß, kann ich auch nicht bestrafen. Abgesehen davon hast du da scheinbar nicht das erste Mal und auch nicht das letzte Mal gegen die Regeln verstoßen“, entgegnete Isabella. „Ich glaube zum Beispiel auch zu wissen, dass du dich mal in die Welt der Menschen geschlichen hast“, ergänzte sie schmunzelnd und wippte dabei mit dem Fuß. „Woher weißt du denn das?!“, entsetzte sich Max mit aufgerissenen Augen, während ihr Puls wieder in die Höhe schoss. „Ich bekomme es mit, wenn eins der Portale benutzt wird, besonders, wenn es in die Welt der Menschen führt. Schließlich muss dort eine gewisse Kontrolle sein, damit nicht jeder dort hindurch spaziert. Gewisse Dinge, die ich bei dir gefunden habe, sind hier zudem auch nicht zu bekommen. Wie zum Beispiel Gummibälle, die man Flummis nennt. Aber, wie gesagt, was ich nicht genau weiß…“, antwortete sie mit einem selbstgefälligen Lächeln auf den Lippen. Offenbar hatten Maxillias Eltern doch weit mehr mitbekommen, als sie es je gewagt hatte zu befürchten. Und scheinbar war sie doch eindeutig zu unvorsichtig gewesen. „Aber um nochmal auf das Entstehen deiner Idee zurückzukommen: Was ist denn in der Stadt passiert, so dass du darauf gekommen bist?“, führte Isabella das Gespräch auf die ursprüngliche Frage zurück. Eigentlich hatte Maxillia gehofft, dass sie doch nicht weiter nachfragen und sie damit in Ruhe lassen würde. Aber scheinbar wollte ihre Mutter es dafür dann doch zu gerne wissen. „Ich habe mit der Mutter eines Rekruten gesprochen“, antwortet Max wahrheitsgemäß. „Aha. Und warum hast du dich so energisch dahintergeklemmt und dich sogar mit deinem Vater angelegt?“, hakte Isabella lachend weiter nach. „Die Frau hat sichtlich gelitten ihren Sohn nicht mehr zu sehen. Es hat mir einfach das Herz zerrissen. Deswegen habe ich mit ihr eine Vereinbarung getroffen. Ich organisiere, dass sie und ihre Familie den Rekruten wiedersehen können und sie verkauft mir im Gegenzug den Dolch, der ihr ziemlich viel bedeutet. Dieser Dolch wurde nämlich von ihrem Sohn gefertigt und ist das Einzige, was seine Familie noch von ihm hatte“, gab Max nun endgültig alles zu. „Das ergibt endlich Sinn. Aber ist dieser Dolch dir denn wirklich so viel wert?“, wollte Isabella wissen. „Es ging mir doch nicht um den Dolch. Ja, ich habe mich auch für den Dolch sehr interessiert. Aber es war vor allem das Leid der Frau, das ich in ihren Augen gesehen habe. Es tat mir so leid, dass wir die sind, die daran schuld sind. Ich meine, wir waren es doch, die bisher diese dummen Regeln nicht geändert haben, obwohl wir die Macht dafür besitzen“ erwiderte Max und machte den Dolch von ihrem Gürtel ab. Zögernd zeigte sie ihn ihrer Mutter, die staunend das feine Handwerk betrachtete. „Der ist wirklich sehr schön. Wie ist denn der Name des Rekruten?“ fragte Isabella neugierig, die das Geschick offenbar ebenso bewunderte, wie es Maxillia tat. Unsicher warf Max einen unauffälligen Blick zu den Gebüschen, da es ihr schon ein wenig unangenehm war, dass womöglich dieser eine Rekrut zuhörte. Etwas nervös holte sie Luft und versuchte sich das blöde Gefühl aus dem Bauch zu atmen. „Ian. Ian Amell“, antwortete Max und nahm ihren Dolch wieder zurück. Vorsichtig befestigte sie ihn wieder an ihrem Gürtel und warf unwillkürlichen nochmal einen Blick zum Gebüsch hinter ihrer Mutter. „Nun gut. Das scheint diesmal wirklich die Wahrheit zu sein. Zumindest klingt das alles plausibler als das, was du vorher erzählt hast“, stellte Isabella zufrieden fest und legte lächelnd eine Hand auf die Schulter ihrer Tochter. „Und ich bekomme wirklich keine Strafe?“ wollte Max nochmal sichergehen, da sie immer noch nicht ganz glauben konnte, dass das Ganze wirklich kein Nachspiel für sie haben sollte. „Nein. Wieso sollte ich jemanden bestrafen, den ich gar nicht hier gesehen habe“, zwinkerte Isabella lächelnd und schaute in das noch immer ungläubige Gesicht ihrer Tochter. „Sag mal, deinem Kopf scheint es ja auch wieder ganz gut zu gehen. Oder?“, fragte sie mit zusammengekniffenen Augen und inspizierte den kleinen Verband, den Max nur noch als Tarnung trug. „Naja, würde meine freie Woche schon beendet sein, wenn es so wäre?“, fragte Max lieber nochmal nach, bevor sie sich selbst reinritt. „Nein, sie wäre nicht beendet. Mich würde es nur interessieren, ob wir dann Verbandsmittel sparen können“, entgegnete Isabella zu Maxillias Freude. „In Ordnung. Seraphina hat mich geheilt, weswegen es meinem Kopf wieder gut geht“, antwortete sie und nahm den Verband ab. „Gut. Dann würde mich nur noch interessieren, wie und wann ihr euch kennen gelernt habt. Aber das kannst du mir ein anderes Mal erzählen. Ich muss langsam wieder zurück. Schließlich ist mein Terminplan wie immer voll“, seufzte Isabella, die sichtlich gerne noch länger der Burg ferngeblieben wäre. Doch die Pflicht rief