J.D. David

Sonnenfeuer


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      J.D. David

      Sonnenfeuer

      Legenden von Valorien

      Legenden von Valorien

      Sonnenfeuer

      J.D. David

      Impressum

      © 2017 J.D. David

      Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

      ISBN 978-3-7450-6798-9

      Printed in Germany

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      Prolog 770 St. Gilbert

      „Pfeile los!“

      Es war dieser eine Befehl, den Daron nicht glauben konnte. Aber der Ritter aus Tandor rief ihn mit voller Kraft und wie die anderen Soldaten ließ er die Sehne los. Er schaute noch seinem Pfeil nach. Und den all den anderen Pfeilen, die auf die Reiter zuflogen. Er sah den eigenen Pfeil nicht mehr, fühlte aber, dass er sein Ziel fand. Die Reiter der Kronlande. Die doch gerade noch ihre Verbündeten gewesen waren.

      „Ulf, beende diesen Wahnsinn!“, hörte er den Ruf des zweiten Ritters. Alois von Schöngau. Doch der glatzköpfige Anführer schaute nur nach vorne, während Soldaten aus Tandor Alois abführten.

      „Weiter schießen. Dies sind Verräter an unserer Heimat. Sie müssen den Tod finden. Pfeile los!“, rief Ulf von Darbenkort mit fester Stimme. Wie in Trance zog Daron den nächsten Pfeil aus dem Köcher und schickte ihn den Hügel hinab.

      Während ein fremder Geist ihn dazu zu zwingen schien, wie seine Kameraden neben ihm zu handeln, fragte er sich, wie es soweit hatte kommen können. Gerade noch war er in Rethas gewesen, in seinem Heimatdorf Velken. Zusammen mit seinem Freund Feslan, der ihm nach dem Tod der Eltern fast zum Bruder geworden war. Dazu die anderen Jungs. Der ältere Borchart, der jüngere Dodo, der in seinem Alter war, oder all die anderen Jungen aus Velken. Doch dann war der Befehl von Herzog Helmbrecht gekommen und jeder Junge, der zumindest fünfzehn Sommer gesehen hatte, war in den Krieg gezogen.

      Er ließ den nächsten Pfeil fliegen. Die Reiter kamen den Hügel hinauf und kamen näher und näher. Dennoch hatten sie keine Chance. Zu schlecht war ihre Lage, den Hügel aufwärts die Fußsoldaten angreifen zu müssen. Zu groß die Anzahl der Verteidiger, die ihnen mit einer Salve nach der nächsten den Tod schickten.

      Mit zitternden Händen zog er den nächsten Pfeil. Er erinnerte sich in der Bewegung daran, wie sein Vater ihm einst das Bogenschießen beigebracht hatte. In dessen letztem Herbst, bevor er wie die Mutter den Winter nicht überlebte. Daron hatte noch immer die gleichen krausen, schlammbraunen Haare wie damals, die zu allen Seiten abstanden und sich nicht bändigen ließen. Doch sein Gesicht war seitdem strenger geworden, härter. Nicht nur das Alter, sondern auch die Bitterkeit des jungen Lebens hatten ihn gekennzeichnet. Im Winter hatte sich sogar der erste Flaum an seiner Lippe gebildet. Dennoch war er noch mehr Junge als Mann, der Körper nicht voll ausgewachsen oder gestählt.

      Erneut ließ er die Sehne los. Mittlerweile schossen die Schützen mehr nach vorne, als nach oben. Die ballistische Flugbahn war nicht mehr notwendig, die Feinde waren schon näher. Doch es waren nur noch wenige, die ihre Pferde weiter trieben. Daron beobachtete die Flugbahn seines Pfeils. Er wollte eigentlich gar nicht sehen, ob er traf. Er wollte nicht für den Tod eines Mannes verantwortlich sein. Doch es war genau dieses Entsetzen, das ihn starren ließ. Er konnte den Blick nicht abwenden. Und dann sah er wie der Pfeil traf.

      Zu seiner Verwunderung war es nicht ein Mann, den er traf. Die junge Frau in voller Rüstung schrie auf. Ihr Schild sank nach unten, als sich sein Pfeil in die Schulter bohrte. Er konnte das Wappen gerade noch erkennen. Ein silbernes Schwert auf dunkelblauen Grund, darunter ein silberner Halbmond. Fast wie das Wappen des Reiches, und dennoch anders. Er beobachte die Reiterin. Selbst durch den eigentlich fatalen Treffer schien ihr Angriff nicht zu stoppen zu sein. Sie schaute entschlossen und Daron erkannte die Schönheit der Person. Wie konnten sie nur ihre eigenen Kameraden angreifen? Wie nur etwas so Schönes zerstören?

      „Hey, weiterschießen, sonst erreichen die uns noch.“, hörte Daron die Stimme von Feslan neben sich, die sich sogar über den Lärm der Schlacht erhob. Über die Hufschläge und die fernen Schreie der Sterbenden. Daron nickte und zog den nächsten Pfeil aus dem Köcher. Er legte an, spannte den Bogen und zielte.

      Noch immer sah er die Frau, die den Linien näher und näher kam. Noch weitere Pfeile hatten sie getroffen, aber mit unbändigem Willen hielt sie sich im Sattel. Er wusste, dass ein einziger Pfeil das Ende bedeuten konnte. Doch sie ritt weiter und weiter.

      Daron riss den Bogen leicht nach oben und ließ den Pfeil los. Er sah noch, wie dieser flog und über die Ritterin hinweg glitt. Dann ging alles ganz schnell. Mit einem letzten Anritt erreichte diese die erste Linie, tötete einen, dann den nächsten Mann. Er schaute ihr noch nach, als sie ein Banner aus dem Boden riss und die Spitze dem verdutzt schauenden Ulf von Darbenkort, der ihren Angriff befohlen hatte, in die Brust trieb. Beide fielen vom Pferd. Beide schienen tot.

      „Haltet ein. Soldaten Valoriens, senkt die Waffen!“, hörte Daron den lauten Ruf eines anderen Mannes. Er drehte sich um und erkannte den zweiten Ritter, der sie angeführt hatte. Mit einer schnellen Bewegung zog dieser seine Waffe und hielt die einstigen Bewacher in Schach. Als der eine Tandorer Anstalten machte, seine Waffe zu ziehen, durchbohrte die prachtvolle Waffe von Alois dessen Leib. Die anderen zogen sich schnell zurück.

      Alois schwang sich auf ein Pferd und ritt vor die Reihen. „Im Namen des Königs, legte alle die Waffen nieder. Dieser Wahnsinn, dieser Verrat ist vorbei. Als Ritter Valoriens führe ich nun dieses Heer.“, sagte er mit kraftvoller Stimme. Nach dem Tod des tandorischen Freiherrn schien ihm niemand widersprechen zu wollen. Viele Soldaten senkten den Blick zu Boden. Eine fast gespenstische Stille legte sich über das Schlachtfeld.

      Daron war einer der ersten Männer, die sich regten. Erneut schien es jemand anderes zu sein, der ihn lenkte, aber diesmal ein guter Geist. Er warf den Bogen davon und lief nach vorne. Zu den Verwundeten, die über den Hügel verstreut lagen, dazwischen sich windende Körper sterbender Pferde. Daron wusste nicht wirklich wohin, aber er lief. Er wollte denen helfen, die doch bis vor wenigen Momenten ihre Kameraden gewesen waren.

      Es schien, als hätte die Bewegung des Jungen eine Welle ausgelöst. Mehr und mehr Soldaten Valoriens lösten sich, um die Verwundeten zu retten, oder auch nur den Sterbenden das Ende leichter zu machen. Kurz schaute Daron noch hoch auf den Hügel und sah, wie der Ritter Alois zu der gefallenen Ritterin ging und an ihrer Seite niedersank. Dann richtete Daron den Blick wieder nach vorne.

      „Hilf mir.“, hörte er die leise Stimme eines Jungen neben sich. Daron wandte sich um und ging auf die Stimme zu. Erst konnte er den Verwundeten gar nicht sehen, aber dann erkannte er unter dem Leib des toten Pferdes einen jungen Soldaten. Obwohl er deutlich größer als Daron selbst aussah, erkannte man an dessen Gesicht, dass er kaum war. Die braunen Haare mit einer rötlichen Tönung waren kurz geschnitten, Sommersprossen bedeckten das Gesicht, über das ein sich eine Blutspur aus einer Platzwunde am Kopf bildete.

      „Ich bin eingeklemmt.“, keuchte der Junge. „Bitte töte mich nicht. Ich bin Leon von Aueneck. Du bekommst für mich bestimmt ein großzügiges Kopfgeld.“, sprach er leise weiter. Obwohl er mit dem Tod zu rechnen schien, konnte man keine Angst in dessen Augen erkennen.

      Daron schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin nicht hier um dich zu töten. Der Ritter, der den Angriff befahl, ist tot. Wir wollen euch helfen.“, sagte er und drückte an dem Pferd. Doch es schien hoffnungslos, zumindest alleine.

      Daron drehte sich um, um nach Hilfe zu rufen, als er schon Feslan erkannte,