J.D. David

Sonnenfeuer


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der trotz junger Jahre eine Glatze trug, und der etwas dickliche Dodo mit seinen blonden Haaren.

      „Hey, helft mir.“, rief Daron zu den Jungen, die sofort zu ihm kamen.

      „Lebt er noch?“, fragte Feslan und nickte zu Leon, der kurz die Augen geschlossen hatte. Wie eine Antwort schlug der Knappe diese wieder auf und fixierte den Soldaten mit seinem Blick.

      „Ja, helft mir das Pferd runterzuschieben.“, antwortete Daron für Leon und drückte mit den vier Anderen an dem schweren Leib des toten Tieres. Stück für Stück schafften sie es, dieses zur Seite zu drücken, bis Feslan schließlich Leon hinunter hervor ziehen konnte.

      Der junge Knappe sah schrecklich aus. Zu der Platzwunde am Kopf kamen eine Pfeilwunde am Arm, sowie die Beine, die unter der Last des Pferdes anscheinend gebrochen waren. Daron bezweifelte, dass der junge Mann je wieder laufen würde.

      „Wir müssen ihn ins Heerlager bringen.“, sagte Daron bestimmt. Er zeigte auf gebrochene Speere. „Lasst uns daraus eine Trage bauen.“ Obwohl er deutlich jünger war als zumindest Feslan und Borchart nickten diese nur und folgten den Anweisungen wortlos.

      „Hey, ihr. Der Ritter von Schöngau hat befohlen, dass sich alle Unverwundeten sammeln.“, hörte Daron die Stimme eines Offiziers.

      „Wir helfen dem hier noch.“, antwortete Feslan für ihn und der Offizier schaute mitleidig auf den verletzten Leon. Dann nickte er. „In Ordnung. Aber kommt dann sofort ins Heerlager. Wir brechen bald auf. Nach Burg Eisentor.“

      „Hey, Daron.“

      Der junge Soldat schreckte auf. Vor Erschöpfung war er sofort fest eingeschlafen, nachdem sie ihr Lager aufgeschlagen hatten. Als er nun die Augen öffnete und Feslan erkannte, der ihn weckte, sah er, dass es noch immer tiefste Nacht war. Nur der Fackelschein durchbrach mit einem rötlichen Flackern die Dunkelheit.

      „Was ist?“, fragte Daron den Älteren und schaute sich um. Neben ihm lagen weitere Soldaten schlafend. Neben Feslan stand Borchart, der gerade Dodo weckte.

      „Wir hauen hier ab. Sei still.“, antwortete Feslan und legte den Finger auf den Mund. Feslan und Borchart waren am Abend zur Wache eingeteilt worden. Das erklärte, wieso sie wach waren. Aber ihr Plan erschloss sich Daron nicht.

      „Nein. Wieso? Wenn sie uns finden, dann werden wir bestraft.“, antwortete er immer noch flüsternd. Die Schlacht, die doch keine gewesen war, war nun zwei Tage her. Sie hatten den verletzten Leon von Aueneck ins Lager gebracht, wo sich einige Frauen seiner angenommen hatten. Dann war das Heer weiter gezogen, nach Süden, in Richtung Burg Eisentor. Alois von Schöngau hatte eine berittene Vorhut vorgeschickt und dennoch die Fußsoldaten zur Eile angetrieben. Die nächtliche Ruhe war meist nur kurz, bevor der Marsch weiterging. Und so wurde das Heer jeden Tag erschöpfter, während sie der Grenzfestung näher kamen.

      „Jetzt komm schon. Draußen ist niemand, wir haben geschaut. Bis die merken, dass wir weg sind, sind wir schon auf halbem Weg nach Rethas. Außerdem sucht niemand nach vier Männern.“ Kurz zögerte Daron, als Feslan noch etwas hinzufügte. „Die Adeligen bekämpfen sich gegenseitig. Dafür will ich nicht sterben. Sollen die sich doch alle selber die Köpfe einschlagen.“

      Daron wusste nicht genau wieso, aber er nickte nur und stand so leise wie möglich auf. Feslan war ihm wie ein Bruder. Und er vertraute ihm. Wenn er diesen Entschluss gefasst hatte, würde er ihm folgen. Das war sicher.

      „Also los.“, sagte Daron und schlich sich mit den drei anderen Deserteuren von den Schlafenden davon.

      Als der Morgen des nächsten Tages anbrach, hatten die vier Flüchtenden das Heerlager bereits weit hinter sich gelassen. Die Sonne kroch über den Horizont und wies ihnen den Weg: nach Osten. Nach Rethas. Nach Velken, ihrer gemeinsamen Heimat. Weg von dem Krieg, den Schlachten und dem unnötigen Blutvergießen.

      „In Ordnung, wir sollten hier kurz rasten.“, unterbrach Feslan ihren Marsch. Der junge Mann hatte sich schnell als Anführer der Gruppe herausgestellt, war er doch auch schon in der Heimat Wortführer der Jungen des Dorfes gewesen. Dodo ließ sich erschöpft auf den Boden fallen. Auch Daron atmete seufzend aus, denn sie hatten ein scharfes Marschtempo angeschlagen, um schnell voran zu kommen. Nur Borchart schien wenig angestrengt.

      „Daron, teile du ein bisschen unserer Vorräte aus. Dodo, ruh dich kurz aus, es geht gleich weiter. Borchart, geh du dort oben auf den Hügel und schau dich ein bisschen um, ob Dörfer oder andere Reisende in der Nähe sind.“, gab Feslan den anderen kurze Befehle. Dodo und Daron nickten stumm, während Borchart brummte, etwas erwidern wollte, es sich dann aber anders überlegt. Mit seinem Bogen in der Hand begann er die kleine Anhöhe hochzusteigen, an dessen Fuß die Gruppe Schutz gesucht hatte.

      Daron ließ die Umhängetasche, die er trug, zu Boden sinken und kniete sich hin, um den Inhalt zu inspizieren. In der Eile hatten sie schnell zu einigen Vorräten gegriffen, ohne genau zu gucken, was es war. Die Ausbeute sah nicht schlecht aus. Einige Säckchen mit Körnern, aus denen man Brei kochen konnte, ein größeres Stück Käse, sowie einige Stücke getrocknete Wurst und Schinken. Dazu noch zwei Laibe Brot. Daron griff nach einem der Brote und brach vier Stücke ab, um diese Dodo und Feslan zu geben.

      „Hier, das können wir schnell ohne Feuer zu machen essen. Wir sollten mit unseren Vorräten gut haushalten, wenn wir bis nach Rethas Städte meiden wollen. Darum muss das erstmal reichen.“, sagte Daron zu den beiden, während sich Dodo schon über das Stück Brot hermachte.

      „Ja, sehr gut Daron.“, bestätigte ihn Feslan und biss dann auch genüsslich in das Brot. Dann ließ er seinen Blick auf den Hügel schweifen. Zu Borchart, der diesen gerade erklomm, und oben angekommen über das Land schaute. Doch dieser Moment dauerte nicht lang.

      Ein kurzer Aufschrei von Borchart war noch zu hören und dann brach der kräftige Mann zusammen und rutschte den Hügel hinunter. Selbst von unten konnte man den Pfeil erkennen, der ihm im Leib steckte.

      „Verdammt. Lauft!“, rief Feslan nur und ließ das Brot fallen. Er rannte los, auf den kleinen Wald zu, der vor ihnen lag. Daron sprang sofort auf folgte dem Bruder. Er war schon immer ein schneller Läufer gewesen und holte diesen trotz dessen Vorsprung sofort ein. Dodo brauchte länger, um die Situation zu realisieren und seinen schweren Körper aufzurichten, folgte dann aber den beiden anderen.

      „Hey, wartet auf mich.“, rief er panisch. Jetzt hörte Daron auch die Hufschläge. Hufschläge, die nichts Gutes bedeuteten. Wäre der Feind auch zu Fuß gewesen, hätten sie eine gute Chance gehabt, zu fliehen. Doch der Weg zum Wald war noch weit und die Verfolger hatten so einen großen Geschwindigkeitsvorteil. Hektisch schaute Daron über die Schulter zurück.

      Hinter ihnen sah er die Verfolger. Es waren in der Tat Reiter, bestimmt fast zehn Mann. Wie sie selbst waren sie nur leicht gerüstet und hatten Bögen. Aber an der Art ihrer Kleidung erkannte man genauso wie an dem Reitstil, dass es sich um Urben des Herzogs von Tandor handeln musste. Kurz sah Daron Dodo noch, wie dieser strauchelte. Dann trafen den Jungen schon mehrere Pfeile in den Rücken und er schlug tot auf den Boden auf. Daron wandte sich wieder ab. Er schaute nach vorne. Nur nach vorne. Und rannte, so schnell ihn seine Beine tragen konnten.

      Er spürte, wie rechts und links von ihm Pfeile flogen. Doch weder er noch Feslan, der neben ihm rannte, wurden getroffen. Sie schlugen ein paar Haken, um ein schwerer zu treffendes Ziel zu sein, während sie spürten, wie die Reiter näher und näher kamen. Doch auch der Waldrand kam näher. Und obwohl er es nicht geglaubt hatte, rannte Daron dann zwischen die Bäume. Das Licht der Sonne wich den Schatten der dichten Baumkronen. Die beiden rannten weiter in den Wald, er wagte es nicht mehr, nach hinten zu schauen. Die Bäume und Sträucher wurden dichter und dichter. Hier konnten sie ihnen mit den Pferden nicht folgen, oder?

      Vollkommen außer Atem erreichten die beiden eine Lichtung und hielten kurz inne. Feslan schnaufte schon stärker als Daron und beugte sich kurz nach vorne, um sich dann aber gleich aufzurichten. Er schaute sich um. Rings um sie war dichter Wald, nur ein kleiner Pfad schlängelte sich quer über die Lichtung und verschwand dann wieder im dichten Unterholz.

      „Haben wir sie abgehängt?“, fragte Daron skeptisch,