der Explikation ermöglichte, durch welche die bisher unsichtbare Welt unter Bildzwang gesetzt wird.
Noch bleibt eine Zeitlang die Suggestion intakt, das Wissen könne die Welt bewohnen wie der Bürger seine Villa. Aber all diese Neusichtbarkeiten: der aufgeschnittene menschliche und tierische Körper, Zellkerne, Atompilze, Innenansichten von Maschinen, Röntgenaufnahmen, Computertomografien, galaktische Fotografien…treten in die menschliche Wahrnehmung ein, als ob sie nur eine Fortsetzung der Unverhülltheit der ersten Tagesnatur wären: Sie sind es nicht!
Sie sind durch einen ontologischen Graben getrennt von der naturwüchsigen, umsichtig-duldsamen Erkenntnisbereitschaft menschlicher Umblicke in mehr oder weniger vertrauten Umständen. All das ist nicht –zumindest nicht für den ursprünglichen- menschlichen Wahrnehmungsapparat bestimmt.
Für dessen „Woher“ findet die Moderne unterschiedliche Erklärungen: aus dem Unbewussten oder der Latenz (dem „Schlaf“); aus dem Unwissen; aus der Verborgenheit in den Innenseiten des Faltenwurfs der Erscheinungen; oder aus irgendeiner anderen Fassung des kognitiven Noch-Nicht.
Infolge dieser Invasion sind das menschliche Gehirn, das menschliche Genom und die menschlichen Immunsysteme so theatralisch auf die epidemische (verbreitete) Bühne gestellt worden, das ihre Bildungs- und Sensationsmöglichkeit die „Modernen“ ständig in Atem hält. Diese Themen weichen so erheblich von dem ab was die idealistische Philosophie Selbstreflexion genannt hat so das die Vorstellung absurd wäre, diese Vorgänge seien Ausfluss menschlicher Bestimmungen.
Die neuen Besitztümer können nie in unser Eigentum übergehen, weil uns für alle Zeiten nichts fremder ist als die „eigene“ explizit gemachte Biomechanik.
Aber, jedes Vordergründigwerden von lange Latentem hat immer seinen Preis.
Denn das Streben nach Erkenntnis liegt ja seit Aristoteles offensichtlich in der Natur des Menschen.
Man mag dem 20.Jhdt. alles Üble nachsagen –nur nicht, dass es den Preis für solche Verfremdungen nicht gezahlt hätte. Keine andere Epoche kann eine so weit getrieben Expertise vorweisen in der Kunst, die Existenz von ihren vitalen Prämissen her zu vernichten.
Auf der Kehrseite werden die konstruktiven Erhaltungsbedingungen kultureller Räume sichtbar: technisch, künstlich, gestaltbar. Alles muss ausgehandelt werden, jeder und keiner will aber ein Wörtchen mitreden.
Wir sind nie revolutionär gewesen
Vor und nach 1917 tauschten oben und unten nicht die Plätze, nichts was auf dem Kopf stand wurde auf die Füße gestellt, nirgendwo wurden die Letzten die Ersten, nichts wurde umgewälzt nichts im Kreis gedreht. Vieles hat sich getan was aber eher für Paul Valerys These klingt: Die Franzosen - und eo ipso die Modernen hätten aus der Revolution eine Routine gemacht. Der wahre und wirkliche Grundbegriff der Moderne lautet nicht Revolution, sondern Explikation. Das ist für unsere Zeit der wahre Name des Werdens –dem man die herkömmlichen Modi des Werdens durch Drift, durch Nachahmung, durch Katastrophe und kreative Rekombination nachordnen oder zur Seite stellen kann.
Das gegenwärtige Zeitalter wälzt die Dinge, die Zustände, die Themen nicht um:
Es walzt sie aus. Es übersetzt das Monströse ins Alltägliche. Es erfindet Verfahren, um Unerhörtes ins Register des Realen einzubauen; es schafft die Tasten, die den Benutzern leichten Zugriff auf bisher Unmögliches erlauben. Es sagt den Seinen: Ohnmacht gibt es nicht; was du nicht kannst, kannst du lernen. Zu Recht heißt es das technische Zeitalter.
In den folgenden Kapiteln werden einige Kapitel aus der Katastrophengeschichte des 20. Jhdt repetiert um zu zeigen, durch welche Kämpfe und welche Traumata der menschliche Aufenthalt in atembaren Milieus zu einem Gegenstand expliziter Kultivierung hat werden müssen. Alle Wert-,Tugend-, Diskursethiken müssen hohl bleiben, solange sie nicht in die Klimaethik übersetzt sind. Ist der Terror der Vater der Wissenschaft von den Kulturen?
poetische einleitung luftbeben
gaskrieg oder: atmoterroristische muster
das 20. jahrdt brachte die praxis des terrorismus
das konzept des produktdesigns den umweltgedanken
daneben inkommensurable leistungen in den künsten
terrorismus stellte die interaktion
zwischen feinden auf neue grundlagen
produktdesign schleuste
den funktionalismus in die wahrnehmung
kunst brachte lebensaspekte und erkenntnisphänomene
in nicht bekannte nachbarschaften
alle drei beschleunigten die explikation
es begann am 22. April 1915 um 18.00 Uhr
chlorgase als kampfmittel der deutschen west-armee
gegen französisch-kanadische infanteriestellungen
nicht auf den körper des feindes sondern
auf dessen Umwelt zu zielen ist terror im zeitgemäßen sinn
Shakespeare „Ihr nehmt mir mein Leben,
wenn ihr mir die Mittel nehmt, wodurch ich lebe“
„moderne“ mittel
ökonomische ökologische psychosoziale
grund-bedingungen menschlicher existenz
nun vom feind her den entzug der lebensbedingungen
betreiben
der „neue“ terrorist versteht seine opfer besser
als sie sich selber
tauche opfer in unlebbares milieu
chemie gas zielt auf atmung
zentralnervöse regulierungen
temperatur tödliche strahlung
die entwicklung führte in forschung über
militärklimata giftwolkenkunde
d i e wissenschaft des 20. jhdt.
„blaukreuz“ durchdrang masken
„gelbkreuz“ beschädigte den organismus
erblindungen katastrophale nervöse dysfunktionen
atemnot höchste verzweiflung
wer das atmen nicht unterlässt
wirkt am eigenen tod mit
gaskrieg zwingt zu atmotechnischen
innovationen
klimabildende faktoren
in menschlichen aufenthaltsräumen
gerieten unter explikationsdruck
humanismus und terrorismus wurden aneinander gekettet
terrorismus verschmilzt person und sache
wird gewalt gegen menschen-umgebende sachen
ohne die personen nicht personen bleiben können
feindschaft: der wille zur auslöschung des gegners
terrorist ist wer sich die lebensbasis
des gegners erarbeitet und für die tat verwertet
nach 1918 gerieten bettwanzen singschnaken mehlmotte
kleiderlaus die landwirtschaft die reinraumschaffung
in mühlen schiffen kasernen lazaretten
schulen getreide- und saatgutspeicher
ins visier der chemiker
dem 1924 entwickelten und patentierten