Sarah Glicker

Old Home, New Love


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nach Hause. Ich könnte hier wirklich deine Hilfe gebrauchen.“

       „Was?“

       So zeige ich ihr, dass ich nicht einschätzen kann, wovon sie gerade spricht.

       „Komm in die Glades. Ich werde es dir erklären, sobald du hier bist.“

       Ich weiß, dass irgendetwas passiert sein muss, wenn sie sich so verhält. Und es passiert nicht sehr oft, dass sie so ein Geheimnis daraus macht. Schon alleine das lässt mich neugierig werden.

       „Okay“, sage ich also, lasse sie gleichzeitig aber auch wissen, dass ich nicht sehr begeistert davon bin.

       Es ist das dritte Mal an diesem Tag, dass ich so gesehen vor einem Rätsel stehe, wenn man es so nennen will. Doch ich weiß auch, dass ich es dieses Mal wirklich nicht innerhalb der nächsten Minuten erfahre werde.

       Wenn meine Mutter sich etwas in den Kopf gesetzt hat, setzt sie das auch durch. Und in diesem Fall hat sie es sich wahrscheinlich in den Kopf gesetzt, dass ich nichts wissen soll, bis ich dort bin.

      2

      Obwohl ich mir eigentlich einen neuen Job suchen sollte, damit ich in einigen Wochen nicht auch noch meine Wohnung verliere, mache ich mich auf den Weg in die Glades, um von meiner Mutter zu erfahren, was passiert ist.

      Während ich die Strecke hinter mich bringe und mich meinem Ziel nähere, werde ich immer nervöser. Ich hasse es, wenn etwas vor sich geht und ich keine Ahnung habe, was es ist. Ich entscheide nämlich gerne darüber, ob ich mich deswegen in den Wagen setze, oder nicht. Aber noch mehr hasse ich es, nachdem an diesem Tag schon so einiges schiefgelaufen ist, auf das ich keinen Einfluss hatte.

      Und genau das ist auch der Grund, wieso sie es mir nicht gesagt hat. Sie wollte mir diese Wahl nehmen und ich habe mich darauf eingelassen. Dies aber nur aus dem Grund, weil ich das Gefühl habe, dass es mich von dem Chaos ablenkt, welches gerade in meinem Leben herrscht. Denn meine Mutter wird schon einen Grund haben, wieso sie mich nach Hause holt.

      Als ich in meiner Heimatstadt ankomme, ist es bereits nach einundzwanzig Uhr. Da ich mich erst um ein paar Sachen kümmern musste, damit während meiner Abwesenheit das Chaos nicht noch größer wird, bin ich spät weggekommen. Und ich muss zugeben, dass ich mir während der Fahrt auch Zeit gelassen habe. Ich hatte es nicht eilig, anzukommen. Und das schon alleine aus dem Grund, weil ich keine Lust habe, mir anhören zu können, mit was für einem Idioten ich doch zusammen war.

       Das weiß ich auch so.

       Meine Mutter hat noch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie kein Fan von Anthony ist. Und in den letzten zwei Jahren hat sie mir auch mehrmals gesagt, dass er nicht zu den Männern gehört, die einer Frau treu sind. Allerdings hat sie auch mehrmals betont, dass sie hofft, dass sie sich irrt.

       Leider habe ich nur immer wieder gesagt, dass sie ein völlig falsches Bild von ihm hat. Und genauso muss ich auch leider zugeben, dass sie recht hatte.

       Als ich in die Straße einbiege, in der meine Eltern und meine Großmutter wohnen, sehe ich mich zu allen Seiten hin um.

       Meine Eltern wohnen in einer kleinen Seitenstraße, die aber den gleichen Namen trägt. Direkt daneben befindet sich das Hotel, was sich schon seit Generationen im Familienbesitz befindet und welches von jeder Generation mindestens zweimal renoviert wird.

       Während ich an dem Parkplatz, der dazu gehört, vorbeifahre erkenne ich, dass gerade anscheinend niemand dort wohnt. Stattdessen stehen zwei Autos vor der Tür, die irgendwelchen Handwerkern gehören. Aus der Entfernung kann ich aber leider nicht erkennen, welche es sind.

       Ein letztes Mal seufze ich leise, nachdem ich den Wagen am Straßenrand abgestellt habe, ehe ich aussteige und auf das Haus zugehe, in dem ich aufgewachsen bin. Es ist nicht sonderlich groß, sodass es einem nicht direkt ins Auge fällt. Doch es ist groß genug, um die ganze Familie zu beherbergen, die nicht gerade klein ist.

       Nachdem ich den Weg durch den Vorgarten entlang gelaufen bin, greife ich nach dem Türknauf und öffne die Tür.

       „Mom? Dad?“, rufe ich in die Stille des Hauses hinein, nachdem ich es betreten habe. Dabei sehe ich mich zu allen Seiten hin um. Doch weder auf dem Sofa, welches sich auf der rechten Seite befindet, sitzen sie, noch an dem riesigen Esstisch, der eigentlich nur an Feiertagen genutzt wird und sich auf der linken Seite befindet.

       Auch nach einigen Sekunden hat noch niemand geantwortet, sodass ich in die Küche gehe, die sich in dem hinteren Teil des Hauses befinden, aber auch dort ist niemand.

       „Toll, sie will, dass ich komme und ist selber nicht da“, knurre ich schlecht gelaunt, während ich mich einmal im Kreis drehe.

       Schnell gehe ich zum Kühlschrank, hole eine Wasserflasche heraus und nehme einen großen Schluck daraus. Dann sehe ich mich um.

       Ich bin früher davon ausgegangen, dass meine Eltern es als Chance nutzen, das Haus verkaufen und die Welt bereisen, so wie sie es immer gesagt haben, sobald ich nicht mehr zu Hause wohne. Doch bis jetzt haben sie noch nichts in diese Richtung von sich gegeben.

       Aber vielleicht hat meine Mutter mich auch deswegen hergeholt.

       Kaum habe ich das Wohnzimmer wieder betreten, geht die Tür ein weiteres Mal auf und meine Eltern, gefolgt von meiner Oma, betreten das Haus. Auf den ersten Blick erkenne ich, dass mein Vater ein wenig genervt aussieht und meine Mutter und meine Großmutter über irgendetwas diskutieren.

       „Hi, Leute“, begrüße ich sie und unterbreche so ihre Unterhaltung.

       Im ersten Moment sehen sie mich prüfend von oben bis unten an. Ein wenig kommt es mir so vor, als würden sie sichergehen wollen, dass ich es auch wirklich bin. Doch dann breitet sich ein glückliches Lächeln auf ihren Gesichtern aus.

       „Ich hatte schon die Befürchtung, dass du heute nicht mehr kommst“, begrüßt mich meine Oma, schließt mich in ihre Arme und grinst mich dann wieder an. „Du siehst gut aus.“

       „Danke“, murmle ich nur, da ich schon von meinen Eltern belagert werde, die mich ebenfalls für eine feste Umarmung an sich ziehen.

       „Ich freue mich, dass es so schnell geklappt hat. Ich hoffe, dein Chef ist nicht zu wütend deswegen“, erklärt meine Mutter.

       Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich ihr nur gesagt habe, dass ich mich von Anthony getrennt habe. Meine Entlassung habe ich mit keinem Wort erwähnt.

       Ich kann es mir nicht verkneifen, die Augen zu verdrehen, als meine Mutter auf dieses Thema zu sprechen kommt. Mir war bewusst, dass sie früher oder später damit anfangen wird. Allerdings hatte ich gehofft, dass ich wenigstens noch bis morgen Zeit habe. Nun hat sie jedoch damit angefangen, daher werde ich ihr auch nicht ausweichen.

       „Das glaube ich weniger. Nachdem ich entlassen wurde, kann es ihm egal sein, wie ich meine Zeit verbringe“, gebe ich ausweichend von mir.

       Mit großen Augen und geöffneten Mündern stehen meine Eltern und meine Oma mir gegenüber und lassen mich keine Sekunde aus den Augen. Ich sehe meinem Vater an, dass er etwas dazu sagen will, doch das macht er nicht. Und darüber bin ich froh. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das morgen oder in einigen Tagen noch immer so aussieht.

       Er kann nur schwer etwas für sich behalten. Und vor allem in solchen Dingen kann er nur schwer den Mund halten.

       „Dann kommt das ja genau passend“, verkündet er stattdessen und geht an mir vorbei.

       Verblüfft sehe ich ihm nach, als er in der Küche verschwindet, bevor ich mich wieder auf die beiden älteren Frauen konzentriere, die vor mir stehen.

       „Würdet ihr mir jetzt vielleicht sagen, wieso ich hier bin? Ich verstehe nämlich ehrlich gesagt kein einziges Wort.“

       Ich ziehe meine Augenbrauen ein Stück nach oben und zeige ihnen so, dass sie mir nicht ausweichen können. Zur Not werde ich so lange hier stehen bleiben, bis sie es mir gesagt haben.