Sarah Glicker

Old Home, New Love


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von mir, bevor ich ihr folge. Dort lasse ich mich auf einen Stuhl sinken und sehe alle drei gespannt an.

       „Es geht um das Hotel“, verkündet meine Oma, nachdem sie sich mir gegenüber hingesetzt hat.

       „Was ist damit?“

       Meine Stimme klingt ein wenig skeptisch und vorsichtig, doch genau das bin ich auch.

       „Ich werde es nicht mehr leiten“, verkündet sie nun und lässt damit eine Bombe platzen.

       Es dauert ein wenig, bis ihre Worte bei mir angekommen sind. Allerdings weiten sich dann meine Augen, während ich sie genau beobachte. Allerdings verzieht sie nicht das Gesicht und auch sonst kommt es mir nicht so vor, als würde sie sich einen Scherz erlauben.

       „Was?“, frage ich noch einmal nach, da es mir trotzdem so vorkommt, als hätte ich mich verhört.

       Meine Oma liebt dieses Hotel, zumindest hat sie das in der Vergangenheit immer getan. Umso überraschender kommt nun diese Ankündigung von ihr.

       „In den letzten Jahrzehnten habe ich nichts anderes getan, als dieses Hotel zu führen, gemeinsam mit deinem Großvater, und es erfolgreich zu machen. Und auch nach seinem Tod habe ich es nicht aufgegeben, sondern jede Minute des Tages in ihm verbracht. Nun bin ich jedoch der Meinung, dass es Zeit für mich ist, noch andere Ziele zu erreichen. Ich werde ja auch nicht jünger.“

       Mit einem eindringlichen Blick betrachtet sie mich. Ich habe keine Ahnung, was ich dazu sagen soll. Doch es gibt eine Frage, die mir auf der Zunge liegt.

       „Und wem gehört es nun?“

       Unsicher sehe ich einen nach dem anderen an. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Antwort darauf wirklich wissen. Doch sollte es verkauft worden sein, muss ich es wissen.

       „Mir“, verkündet meine Mutter nun. Dabei höre ich den Stolz in ihrer Stimme.

       Allerdings kann ich nicht näher darauf eingehen, da ich damit beschäftigt bin, die Nachricht zu verarbeiten.

       „Moment“, gebe ich schließlich von mir und hebe meine Hand. Auf diese Weise zeige ich ihnen, dass ich gerade nicht mehr so ganz mitkomme. In gewisser Weise kann man auch sagen, dass es mir zu schnell geht. „Du willst neue Ziele verfolgen und du hast das Hotel übernommen?“

       Nacheinander zeige ich auf die beiden Frauen, die begeistert nicken. Ich weiß gerade ehrlich gesagt nicht, ob ich ihre Begeisterung dafür teile.

       Ich gebe zu, dass ich in der letzten Zeit nicht sehr viel mit ihnen telefoniert habe, da ich viel zu tun hatte. Doch wenn wir miteinander gesprochen haben, hat keine von ihnen etwas darüber gesagt, dass sie diesen Schritt gehen wollen.

       „Wow“, flüstere ich schließlich.

       „Ich weiß, das kommt wahrscheinlich sehr überraschend“, meldet sich mein Vater zu Wort.

       „So kann man es auch ausdrücken.“

       „Doch deine Mutter hat ein paar gute Ideen“, fügt er noch hinzu. „Ich bin mir sicher, dass sie bei den Gästen gut ankommen werden.“

       Ich sehe ihn an und versuche so die Kopfschmerzen loszuwerden, die sich gerade bilden. Dafür, dass ich mich heute schon mit so einigem an Mist herumschlagen musste, ist das eindeutig zu viel für mich.

       „Und wie sehen die aus?“

       Mit diesen Worten wende ich mich an meine Mutter.

       „Ich werde den Pool und den ganzen Außenbereich neu machen lassen. Es wird alles größer und bunter. Außerdem wird es eine Bowling-Bahn im Keller und eine große Bar auf dem Dach geben. Das Hotel ist weit genug von den meisten Wohnhäusern entfernt, sodass ich mir deswegen keine Sorgen machen muss.“

       „Das sind zumindest ein paar Ideen“, gebe ich zu.

       „Viel mehr, es wird bereits alles geplant und ein paar der Umbauten sind bereits in Angriff genommen worden. Solange bleibt das Hotel geschlossen. Passend zur nächsten Saison soll alles fertig werden.“

       Mit großen Augen sehe ich meine Mutter an.

       „Da hast du dir einiges vorgenommen. Wenn ich mich nicht irre, beginnt die Saison bereits in drei Monaten“, überlege ich.

       „Und das ist der Grund, wieso wir deine Hilfe brauchen.“

       Mein Vater setzt sich neben mich und sieht mich auf eine Art und Weise an, die ich gerade nicht genau einschätzen kann. Als Kind hat er mich so betrachtet, wenn er herausfinden will, ob ich die Wahrheit sage. Doch ich kann mir nicht vorstellen, dass es jetzt auch so ist. Daher weiß ich auch nicht, wie ich darauf reagieren soll.

       „Ich kenne niemanden, der sich so gut mit Werbung auskennt, wie du. Daher müsstest du das übernehmen.“

       Einen Moment denke ich darüber nach. Mal ganz davon abgesehen, dass ich meiner Familie gerne helfe, habe ich gerade eh nichts zu tun. Bewerbungen schreiben und verschicken kann ich auch von hier.

       Und vielleicht bekomme ich hier auch endlich einen freien Kopf.

       Den genau das ist es, was ich brauche, um die nächsten Schritte gehen zu können.

       Es gibt für mich also keinen Grund, wieso ich es nicht machen sollte.

       „Okay“, willige ich schließlich ein. „Jetzt bin ja bereits hier, da kann ich das auch machen.“

       Ich zucke mit den Schultern und zeige ihnen so, dass das keine große Sache für mich ist.

       Glücklich klatscht meine Mutter in die Hände und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Gleichzeitig frage ich mich aber dennoch, ob ich es nicht bereuen werde. Was berufliche Dinge angeht weiß ich, dass meine Mutter sehr kompliziert sein kann. Daher muss ich dringend mit ihr besprechen, dass sie mir freie Hand lässt, damit wir uns nicht in die Haare bekommen.

       Gleichzeitig habe ich aber auch die Befürchtung, dass ich es schon bald mit Handwerkern und Farbmustern zu tun haben werde, sodass ich mich kaum noch um meinen eigentlichen Job kümmern kann.

      3

      Seufzend sitze ich auf meinem Bett und sehe mich in meinem ehemaligen Zimmer um. Aber was heißt ehemalig?

      Bis vor zwei Jahren habe ich hier gewohnt und auch während meiner Besuche schlafe ich immer wieder hier. Und genauso werde ich nun wahrscheinlich die nächsten Tage hier verbringen, damit ich mich um die neue Werbung für das Hotel kümmern kann.

      „Oh Mann“, entfährt es mir, während mein Blick zu dem Fenster wandert und ich das Hotel betrachte, welches sich auf dem Nachbargrundstück befindet.

      Ich kann mich noch daran erinnern, wie es als Kind für mich hier war. Ich habe stundenlang in der Hotelküche gesessen, Hausaufgaben gemacht und neue Gerichte probiert, die von den Angestellten ausprobiert wurden. Heimlich haben mir die beiden Köche auch immer bei den schwierigen Aufgaben geholfen, damit ich nicht ewig an den Hausaufgaben sitzen musste.

      Als ich jedoch älter wurde, war ich immer seltener dort, bis ich irgendwann das Interesse daran verloren habe, bis ich mich irgendwann überhaupt nicht mehr dort habe blicken lassen.

      „Du solltest rübergehen und es dir ansehen“, ertönt die Stimme meiner Oma hinter mir. „Ich, und auch meine Eltern, haben es vorgezogen, immer mal wieder etwas renovieren zu lassen. Deine Mutter macht allerdings alles auf einmal. Allerdings finde ich das gut. So stören die Handwerker wenigstens nicht die Gäste.“

      Nachdenklich sehe ich in ihre Richtung. Mit langsamen Schritten kommt sie in das Zimmer und lässt sich dann auf die Kante meines Bettes sinken.

      „Was ist?“, frage ich sie schließlich, als sie auch nach einer Ewigkeit keine Anstalten gemacht hat, etwas von sich zu geben.

      Stattdessen hat sie mich sekundenlang nur nachdenklich angesehen, was ein merkwürdiges Gefühl in mir hervorruft.

      „Es tut mir leid.