Geri Schnell

Mutige Studenten


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«wir haben heute Diamanten gefunden!»

      Was lassen sich daraus für Erkenntnisse herleiten? Als Erstes ist deutlich, dass es sich um mehrere Diamanten handelte, denn der Schreiber verwendet die Mehrzahl. Als nächstes geht daraus hervor, dass der Fund beiden Männern bekannt war. “Wir“ bedeutet, dass sie die Diamanten gemeinsam entdeckt hatten. Rätselhaft bleibt, warum danach das Tagebuch nicht weiter geschrieben wurde. Platz wäre noch vorhanden gewesen, vielleicht ist die Tinte ausgegangen, doch das merkt man vorher und hätte es entsprechend vermerkt.

      Interessant wäre zu wissen, ob Diamanten sofort, oder erst später, eventuell durch eine andere Person durchgestrichen wurde.

      Leider bringen Olivia diese Überlegungen nicht weiter. Sie legt das Tagebuch weg. Sie muss es vergessen.

      Vor dem Einschlafen stellt sie sich vor, was die Männer erlebt hatten. Am Fusse der Felswand hatten sie sich eine Hütte gebaut. So waren sie vor dem Regen geschützt. Ihre Vorräte konnten sie so vor Tieren schützen. Die Hütte war nicht besonders gemütlich. Sicher waren die Männer mehr draussen unterwegs. Erstens um Nahrungsmittel zu beschaffen und zweitens suchten sie nach einem Ausweg, die Insel zu verlassen. Doch da beginnen die ersten Rätsel. Warum baut jemand die Hütte am Fuss einer Felswand, wenn sie die Insel verlassen wollen? Haben sie in der Nähe der Hütte die Diamanten gefunden und sie deshalb an dieser Stelle gebaut? Stand die Hütte dort, weil sie eine strategisch günstige Stelle war, die man immer wieder finden konnte. Auch das wäre möglich, die Felswand ist sehr markant und man konnte sie aus grosser Entfernung sehen.

      Wie lange haben die beiden Männer in der Hütte gelebt? Im Tagebuch wird sie nicht erwähnt. Sie versucht sich zu erinnern, wie die Hütte innen ausgesehen hatte. Es gab zwei Schlafstellen, also haben Jürg und Knut gemeinsam dort geschlafen. Die Männer haben noch zusammen hier gewohnt. Doch wo sind sie geblieben? Es gab keine Leiche in der Hütte. Zu dumm, dass sie die Umgebung der Hütte nicht besser abgesucht hatte, vielleicht hätte es in der Umgebung ein Grab gegeben. Das war nun zu spät.

      Wie haben die Männer den Fund der Diamanten verkraftet. Diamanten sind schön und wertvoll, doch im Dschungel haben sie keinen Wert. Eine Wasserquelle oder ein Baum mit nahrhaften reifen Früchten, wären wertvoller gewesen. Die Diamanten wurden erst dann wertvoll, wenn sie damit die Zivilisation erreichten. Da das Tagebuch im Dschungel blieb, gibt es darüber nicht den geringsten Anhaltspunkt. Wann verliessen sie die Insel? Waren sie noch zusammen, oder haben sie sich getrennt. Natürlich darf sie auch den Leutnant Sommer nicht ausser Acht lassen. Hat er die beiden aufgespürt und sie beobachtet? War er die Person die sie einmal kurz gesehen hatten? Wie reagierte dieser, als er von den Diamanten erfuhr. Schon viele Menschen wurden für Diamanten umgebracht.

      Schliesslich muss sie eingeschlafen sein. Dann beschliesst sie, sich endgültig von dieser Geschichte zu lösen. Sie muss sich damit abfinden, dass sie die waren Hintergründen nicht herausfinden wird.

      Nach zwei Tagen erhält Tim ein Mail von Dean. Der teilt ihm mit, dass es für ihn unmöglich ist, herauszufinden wer dem Anwaltsbüro den Auftrag zu diesem Brief gegeben hatte. Dies sei auch deshalb nicht möglich, weil er sich damit strafbar macht und das sei ihm die Sache nicht wert. Er bestätigt ausserdem, dass der Brief nichts als eine leere Drohung sei. Die amerikanische Justiz würde in dieser Sache nie international tätig werden.

      Tim ist beruhigt, dass die Rechtslage auf ihrer Seite steht, doch gleichsam enttäuscht, weil sie keinen Schritt weiter gekommen sind. Im Klartext heisst das, dass Dean ihn nicht unterstützen wird. Wenigstens machen sie sich nicht strafbar, wenn sie weiter suchen. Im Internet gibt es mehrere Suchfunktionen, doch so einfach kommt man nicht an die entsprechenden Infos heran.

      Der giftige Ton seines Handys ertönt. Er sollte endlich einen etwas ruhigeren Klingelton einstellen.

      «Ja! – Was gibt’s?»

      «Ich bin’s Olivia», meldet sich die vertraute Stimme, «ich habe erfahren, dass du ein Mail aus Amerika erhalten hast.»

      «Woher weist du das schon wieder?»

      «Ich weiss es eben, so was spürt eine Frau, stimmt’s?»

      «Ja es stimmt, Dean hat sich gemeldet. Er hat momentan keine Zeit, sich mit dem Fall zu beschäftigen. Er hat mich insofern beruhigt, dass die amerikanische Justiz bei solchen Fällen von der Schweiz keine Unterstützung erhält. Mit solchen Bagatellen, kann man niemand belangen.»

      «Wenigstens das, doch es hilft uns nicht weiter, was gedenkst du als nächstes zu unternehmen?»

      «Nichts, ich habe keine Zeit, zudem geht es mich nichts an.»

      «Nichts, der Herr hat keine Zeit, schön und was ist, wenn ein Mordfall dahinter steckt?»

      «Übertreibst du jetzt nicht ein bisschen?»

      «Vielleicht, doch ich kann den Mord auch nicht ausschliessen. Ich möchte schon wissen, warum jemand auf eine simple Nachfrage so heftig reagiert. Da muss mehr dahinter stecken.»

      «Und wenn, was geht das uns an?»

      «Nun, ich bin die, die etwas gefunden hat. Ich fühle mich verpflichtet, das Rätsel zu lösen.»

      «Richtig, Du! - fühlst dich verpflichtet, bei mir ist das etwas anderes, ich war nicht auf dieser Insel, ich habe keine Beziehung zu den Männern. Ich habe nicht einmal ihre Eintragungen gelesen.»

      «Danke für deine Hilfe», Olivia will auflegen.

      «Jetzt musst du nicht gleich sauer sein», versucht Tim die Situation zu retten, «ich weiss wirklich nicht, wo man anfangen könnte.»

      «Stimmt», muss im Olivia zustimmen, «wir stehen noch am Anfang, doch nichts haben wir nicht. Wir wissen, dass Diamanten im Spiel sind und den Zeitraum, in welchem sie auf den Markt gebracht wurden. Kann man damit nichts anfangen?»

      «Ich nicht, dazu brauchst du einen Hacker und nicht nur einen gewöhnlichen, nein, es brauchte ein Genie!»

      «Und bist du das?»

      «Nein mit Sicherheit nicht, ich werde mich rum hören, vielleicht hat einer Interesse.»

      «Danke ich wusste, dass ich auf dich zählen kann», antwortet Olivia, «ich werde mich noch mit Ray in Zürich in Verbindung setzten, der hat sehr gute Computerkenntnisse. Vielleicht kann er etwas herausfinden.»

      «Eine gute Idee», bestätigt Tim.

      «Ich versuche es einfach», bestätigt Olivia, «ich schicke ihm die gleiche Mail, die wir bereits Dean geschickt haben. Je mehr Leute suchen, umso grösser ist die Wahrscheinlichkeit, einen Treffer zu landen. Danke für die Hilfe!»

      Wer ist Jörg Herbst?

      Eine Woche nachdem sie Dean das Mail geschickt hatte, erhält Olivia einen Anruf: «Hallo!»

      «Hallo, hier ist Ray Kammber.»

      «Ach du bist es, ich habe deine Nummer nicht erkannt», meldet sich Olivia, «schön dass du dich meldest. Wie läuft‘s in Zürich?»

      «Recht gut, ich bin stolz, dass mich eine Baslerin um Hilfe bittet.»

      «Schon gut, es handelt sich um einen Notfall, sonst würden wir uns selber helfen, doch bei illegalen Sachen sind uns die Zürcher überlegen!»

      «Ja natürlich, für die Drecksarbeit sind wir gut genug», macht Ray das Spiel Zürich gegen Basel mit.

      «Oh sorry, ich werde dir eine Packung Seife schicken, dann kannst du dir wenigsten die Hände waschen.»

      «Danke nicht nötig», entgegnet Ray, «wer hat gesagt, dass ich mir die Hände schmutzig mache, vielleicht habe ich ja dein Mail direkt in den Papierkorb verschoben.»

      «Könnte ich dir nicht übel nehmen», erwidert Olivia, «nur würdest du mich dann vermutlich nicht anrufen.»

      «Da hast du Recht», erklärt Ray, dessen Ton etwas ernster klingt, die Eröffnung des Gesprächs ist somit beendet, jetzt kommt er zum