Alfred Schirokauer

Messalina


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Hüften, dann die bronzene Fibel, die ihr die Tunika auf den Schultern festhielt. Nun stand sie ohne Hülle da, bereit, ohne Gefährdung ihres Gewandes den nassen Körper Valeria Messalinas zu massieren.

      »So«, ermunterte sie, »nun komm, Herrin, und laß dich kneten. Oder befiehlst du Aufidia?«

      »Nein, deine Hände sind geschickter,« lehnte Valeria Messalina ab. »Aber laß mich noch ein wenig im Wasser ruhen. Du sollst mir zunächst ein paar Fragen beantworten.«

      »Nur zu, Domina, frage, soviel du magst,« forderte Fabulla auf, indem sie sich am Rande des Marmorbeckens niederließ. Ihr entblößter Körper fand sein Spiegelbild auf der unbewegten Oberfläche des Wassers. Die Sklavin schnupperte mit der kecken Nase. »Hmmm – wie deine Badeessenzen gut duften! Wer das auch so haben könnte!« Mit einem drolligen Seufzer sah sie listig die junge Tochter des Hauses an.

      Valeria Messalina musterte die drallen Formen der Untergebenen. »Du siehst reinlich und appetitlich aus –«

      »Wie immer,« warf Fabulla scherzend ein, wohlgefällig über ihren Körper streifend.

      »So komm in die Wanne und knete mich im Wasser,« fuhr das Mädchen fort. »Dann hast du gleich Teil an meinem duftenden Bade.«

      Fabulla klatschte auf den derben Oberschenkel. »Du hast da eine neue Bademanier ersonnen, Herrin. Du bist erfinderisch wie der Kaiser. Erzähle ihm davon, wenn du heute mit ihm tafelst.«

      »Er wird sich nicht für solche Nichtigkeiten interessieren,« erwiderte Valeria Messalina. »Auch wird mein Platz wohl kaum auf dem Tischbette des Kaisers sein.«

      »Dumm genug von ihm, wenn er sich eine so köstliche Nachbarin entgehen läßt,« meinte Fabulla. »Doch was wolltest du eigentlich fragen, Herrin? Ich werde zwar zu unwissend sein, dir dienen zu können, immerhin frage.«

      Valeria Messalina blickte versonnen auf die Wandbilder von der Hand eines sizilischen Künstlers, die den Baderaum schmückten. Es war ein buntbewegtes Spiel von Nereiden und Tritonen in den Wellen des Meeres.

      »Sage mir, Fabulla, du bist fünf Jahre älter als ich und hörst so manches in den Gesindekammern hinten im Hause – warum hat der Kaiser mich heute zu seinem Gastmahle geladen – absichtlich allein – ohne die Eltern?!«

      Fabulla drückte ein Auge zu. Ihr Gesicht war köstlich heimliches Belustigtsein. »Ich weiß es nicht,« suchte sie auszuweichen.

      Valeria Messalina zürnte.

      »Du weißt es sehr gut. Du verbirgst es mir, wie meine Mutter es mir zu verbergen sucht. Ist das der Dank für meine Güte gegen dich?!«

      Sie wandte unmutig die Glieder im Wasser.

      »Herrin,« entgegnete die Sklavin, »es dürfte schwerlich meine Sache sein, dich über die Bedeutung dieser Einladung aufzuklären. Hätte meine Aufklärung in deinem Gemüte und deinen Entschließungen Folgen, so könnte mir das empfindliche Strafe eintragen.«

      Das junge Mädchen richtete sich im Wasser auf. »Habe ich dich je bestraft?« fragte sie unwillig.

      »Gewiß nicht,« bestätigte Fabulla eifrig mit einer demütig dankbaren Gebärde. Dann zog sie die Knie empor und umschloß mit ineinander gelegten Händen ihre Beine. »Nie hast du gegen mich oder eine meiner Gefährtinnen die greuliche Stachelpeitsche erhoben. Seitdem ich allein dir dienen darf, bleibt mein Rücken und auch meine Brüste frei von Schmerz und Wunden. Domina Lepida, deine Mutter, aber weiß die Peitsche um so besser zu gebrauchen, wenn das geringste Versehen ihren Zorn erregt.«

      »Laß das!« unterbrach Valeria Messalina mit zusammengezogenen Brauen. »Nicht über meine Mutter habe ich dich gefragt. – Ich merke schon, du willst dich der Antwort auf meine Frage entziehen. Wenn ich dir nicht befehlen soll, auch für mich einmal die Stachelpeitsche zu holen, so rede endlich.«

      Fabulla blickte hilflos drein.

      »Domina, ahnst du denn wirklich nicht den Grund dieser Einladung?!« fragte sie und blinzelte in die helle Sonne über dem geöffneten Dach, den eindringlich forschenden Augen der Herrin auszuweichen.

      Zum Glücke Fabullas rief draußen vor dem dicken Filzvorhang der hierzu bestimmte Sklave die Zeit aus. Es war die neunte Tagesstunde seit Sonnenaufgang, und in der zehnten sollte das Gastmahl Caligulas beginnen. Das heikle Zwiegespräch wurde durch den Stundenruf unterbrochen. Fabulla atmete befreit auf.

      »Es ist höchste Zeit!« rief aufgeschreckt Valeria Messalina. »Steig' rasch zu mir in die Wanne und knete mich, damit wir schnell das Bad beenden.«

      Die Verna schlüpfte eilig in das duftende Wasser. Mit geschickten Händen walkte sie alle fleischigen Teile des ebenmäßigen Körpers, ohne durch Zupacken und Drücken wehe zu tun.

      »Schnell, schnell,« trieb das Mädchen die Sklavin an, »wir haben kaum Zeit zum Ankleiden. So. Genug.«

      Damit sprang sie auf und entschlüpfte der Wanne.

      Auf dem Ruhelager war bereits eine Endromis handgerecht ausgebreitet. Auf diesem aus zottiger Wolle gewebten, purpurgefärbten Mantel von tyrischem Rot bettete die Sklavin jetzt den weißblühenden Leib der Domina. Einen Augenblick erfreute sie sich an dem schönen Bilde des auf der üppigen Purpurunterlage ruhenden Gefüges ranker, junger Glieder. Dann wickelte sie die Endromis dicht um Valeria Messalina und rieb und frottierte aufs neue.

      Mittlerweile war auch sie selbst trocken geworden und bekleidete sich eilig mit der Tunika.

      Aus der Wand ragte der aus Erz gegossene Kopf eines Hirsches, der sein aus Gold getriebenes Geweih wie zum Kampfe gesenkt hielt. Die Sprossen des Gehörns dienten zum Aufhängen von Kleidungsstücken, von Mänteln und Tüchern. Von hier nahm Fabulla eine andere, saphirblaue Endromis, in die sie die Herrin hüllte, nachdem Valeria Messalina sich, erfrischt und belebt, erhoben hatte.

      Nun begaben die beiden Frauen sich in das nebenan liegende Ankleidegemach.

      Hier harrten schon andere Sklavinnen. Sie hielten muschelförmige Schalen mit Salben und Schminken bereit, kleine Kristallgefäße mit Parfümerien, ferner Tuniken und Stolen von schneeweißer Farbe zur Auswahl für das Festgewand dieses Abends. Zwei Dienerinnen breiteten Lacernen in mannigfachen Farben aus, damit die Herrin unter diesen Männermänteln einen Überwurf für den Weg in der Sänfte wähle.

      Noch in die blaue Endromis gehüllt, nahm Valeria Messalina Platz in einem Sessel, dessen Seitenlehnen aus Schildkrot mit goldenen Intarsien gefertigt waren. Fabulla entblößte den Nacken der Domina, den eine hierzu bestimmte Sklavin sofort mit einer stark duftenden, aber rasch verdunstenden Essenz zu salben begann. Nur ein zarter, erfrischender Hauch blieb auf der Haut und in den Nackenhaaren Valeria Messalinas verfangen.

      Kaum war dies beendet, kniete ein Mädchen vor der Domina nieder und hielt ihr den Spiegel, eine zu Hochglanz polierte große Silberscheibe, entgegen, in dem sie den Werdegang der Frisur verfolgen konnte. Eine ältere Sklavin, mit Namen Laronia, ordnete die Haare, trocknete sie mit heißen Tüchern, um dann durch erhitzte Elfenbeinstäbchen das schwarze Gewoge zu wellen und in Locken zu zwingen. Laronias kundige Finger waren im Hause berühmt. Im Nu entstand die Haartracht, die von einem seidenen Doppelbande durchflochten und zusammengehalten wurde. Dann befestigte Laronia die Haarbänder mit kostbaren Nadeln. Ihre Köpfe waren aus Edelsteinen und reihten sich unter ihren flinken Händen über dem Weiß der Seidenbänder zu einem blitzenden Sternendiademe.

      Jetzt kam das Schminken. Doch Fabulla riet zu mäßigem Gebrauch.

      »Dein junges Antlitz ist am schönsten, wenn es in seinen natürlichen Gaben prangt,« versicherte sie lebhaft. »Laß dir damit genügen, daß ich die Lippen ein wenig röte, den Augenbrauen ein bißchen nachhelfe und einen unmerklichen Überhauch vom Ruß einer Nußschale an die Wimpern bringe.«

      Auch das war ebenso sorgsam wie schnell vollbracht. Und nun winkte Fabulla die Sklavinnen mit den Tuniken und Stolen herbei.

      Das Ankleiden geschah unter tiefem Schweigen. Nur ab und zu unterbrach ein befehlendes Wort der Domina die Stille im