Yupag Chinasky

Männerphantasien - Fotomanien


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künstlerische Erhöhung dieses Ereignisses, die gekonnte Inszenierung des nicht Darstellbaren, Perversion und Überhöhung zugleich. Wenn er diese Bilder veröffentlichen würde, er musste tief atmen, wenn die irgendwo erscheinen würden, dann hätte sich der Traum eines jeden Fotografen erfüllt, er wäre auf einen Schlag ein Star und er könnte sogar Geld verdienen, wenn er es richtig anstellen würde, richtig viel Kohle machen, denn viele Menschen sind Voyeure und geilen sich am Leid anderer mehr auf als an der Freude und genießen morbide, unmoralische Kunstwerke mehr als sie je zugeben würden.

      Das Rollenspiel und die intensive Erfahrung des nahezu Realen, hatte beide so fasziniert und beschäftigt, dass sie das kleine Mädchen in seinem Hochstuhl fast vergessen hatten. Es hatte erst still dagesessen und begeistert dem unverständlichen, aber anscheinend vergnüglichen Treiben der Erwachsenen zugeschaut und war dann eingeschlafen. Es schien nicht das erste Mal zu sein, dass es im Hochstuhl wartete und spielte und schlief. Doch nun war die Kleine aufgewacht, hatte Hunger und rief lautstark „Mama, Brot essen wollen“. Damit war der Zauberbann gebrochen und die seltsam angespannte, erotisierte Atmosphäre fort geweht, aber alle drei waren gut gelaunt, ja geradezu glücklich. Das Glück der jungen Frau wurde nur ein wenig dadurch getrübt, dass sie nicht soviel Geld bekam, wie sie sich erhofft hatte, als zusätzlichen Bonus für ihre Leistung. Aber er versicherte ihr, dass er nicht mehr dabei habe und zeigte ihr zum Beweis sein leeres Portemonnaie. Nach einigem Grummeln nahm sie das, was er ihr hinhielt. Als er nun schon zum zweiten Mal an diesem Nachmittag dem Kind zum Abschied über den Kopf strich, zögerte er einen Moment und war versucht, noch ein paar Aufnahmen von dem während des Fotografierens vernachlässigten, doch trotzdem freudig winkenden Mädchen in seinem Hochstuhl zu machen. Aber es ging nicht mehr, alle Speicherkarten waren voll und auch der Reserveakku war leer und auch sein Kopf und so richtig Lust auf weitere unkonventionelle Aufnahmen hätte er auch nicht gehabt. Genug ist schließlich genug. Im Treppenhaus reichte ihm die junge Frau nicht nur die Hand sondern umarmte ihn und drückte ihm sogar einen Kuss auf die Wange. „Danke für diesen Nachmittag, es war einer der schönsten und spannendsten in meinem ganzen Leben“ und, fügte sie hinzu „weißt du, was ich ganz prima fand? Dass du nicht versucht hast, mich anzumachen und mich zu begrabschen oder zu bumsen, dass du nur diese tollen Bilder gemacht hast“.

       Ein Brief

      Auch er fand die Bilder „toll“, als er sie daheim am Computer bearbeitete. Es waren naturgemäß die letzten Bilder, die außergewöhnlich waren, spannungsreich und emotional, höchst anregend und geradezu gefährlich aufregend. Er würde es sich gut überlegen müssen, was er mit ihnen anfangen sollte, ja er fragte sich, ob er sie überhaupt veröffentlichen sollte. Sie waren so realistisch, dass ihm niemand abnehmen würde, dass die Situation nur gestellt und die Vergewaltigung gespielt war. Er tat sich schwer mit der Entscheidung, weil er noch nie so gute Bilder gemacht hatte, lauter kleine Kunstwerke. Er überlegte sich auch, ob er diese verfänglichen Bilder der jungen Frau überhaupt schicken sollte oder nicht lieber nur die schönen, harmlosen mit den Szenen auf dem Spielplatz und mit den Körperdetails aus der ersten Phase in der Wohnung. Doch dann fand er, dass sie als Modell ein Recht darauf hätte, alles zu sehen und das Resultat auch bestimmt sehen wollte, obwohl sie, da sie ja Geld für das „shooting“ erhalten hatte, keine weiteren Ansprüche mehr stellen konnte. Aber es kam auch ein bisschen Eitelkeit ins Spiel. Er wollte ihr sein Können vorführen, ihr die Genialität des gemeinsamen Werkes zeigen, gelobt, vielleicht sogar ein wenig angehimmelt werden. Also legte er dem Brief, den er ihr schickte, auch einige der verfänglichen Bilder bei.

      Er bekam keine Antwort, kein Danke schön, keine Bitte nach einem neuen Treffen, nach weiteren Aufnahmen, nach mehr kribbelnden „shootings“, was er insgeheim gehofft hatte. Er war etwas enttäuscht, wusste aber auch, dass sich die Einmaligkeit dieser Begegnung nicht wiederholen ließ, der zweite Aufguss wäre nur ein fades Gebräu. So kam es, dass er das Ereignis zwar nicht vergaß, so etwas vergisst man nie, aber durch andere Aktivitäten weitgehend verdrängte. Von einer Veröffentlichung hatte er dann doch, nach intensivem Nachdenken und mangels Kontakten zu einem geeigneten Medium, Abstand genommen. Doch das aufregende Ereignis war keineswegs folgenlos. Ein paar Wochen später kam ein Brief. Es war ein billiger Umschlag, ohne Absender und darin war nur ein Bild, ein einziges, dafür aber eindeutiges Bild. Es zeigte die fast nackte, junge Frau auf dem Fußboden der Küche sitzend, den Oberkörper gegen den Küchentisch gelehnt. Ihr BH war zerrissen, eine der Brüste frei, darauf zeichnete sich ein großer schwarz-blauer Fleck ab, den sie vergeblich mit einer Hand zu verdecken suchte. Mit der anderen zog sie krampfhaft ihren Slip nach oben, als ob sie dadurch verhindern könnte, dass ihre Blöße zur Schau gestellt wurde. Unter dem Slip sah man eine verschmierte rote Blutspur hervorkommen, die sich bis über den halben Oberschenkel hinabzog. Am eindringlichsten waren jedoch die ängstlichen, weit aufgerissenen Augen, die verzweifelt in die Kamera starrten. Der Anblick der verzweifelten Frau beunruhigte ihn nicht so sehr, er wusste ja, dass alles nur gespielt, nur inszeniert war. Was ihn jedoch zutiefst entsetzte, war ein Gegenstand, der zwar etwas unscharf und undeutlich, aber doch eindeutig auf dem Bild zu sehen war. Neben dem Küchentisch lag ein pinkfarbener Rucksack mit der Aufschrift „titanic-bag“. Er hätte sich in den Hintern beißen können, dass ihm das nicht aufgefallen war oder er die Konsequenzen nicht bedacht hatte, als er das Bild für sie ausgesucht hatte. Auf der Rückseite des Fotos stand in ungelenker, verstellter Kinderschrift: „Zahlen sie 1000 Euros sonst geh ich zur Polizei und zeig sie wegen Vergewaltigung an. Stecken sie das Geld in einen Umschlag. Werfen sie diesen in den Papierkorb mit dem gelben Aufkleber auf dem Spielplatz neben der Bank da wo sie gesessen haben. Abgabe Mittwoch 7. Mai Punkt 11 Uhr in der Nacht. Anschließend verschwinden sie sofort. Warnung: keine Tricks, keine Polizei.“ Heute war Dienstag.

      Seine erste Reaktion war blanke Wut, die zweite Empörung, die dritte nackte Angst. Es ärgerte ihn maßlos, dass dieses Luder erst abkassiert hatte und dann durch Erpressung noch mehr Geld eintreiben wollte. Dabei hatte er ihr doch das gegeben, wie sie gefordert hatte, ohne herumzuhandeln. Und sie hatten sich gut verstanden, hatten Spaß bei den Aufnahmen gehabt und alles war problemlos abgelaufen. Sie hatte sich doch beim Abschied noch ausdrücklich bedankt, dass er sie in keiner Weise belästigt, angemacht oder gar angefasst hatte. Und jetzt war diese gemeine Tussi, diese Schlampe auf die Idee gekommen, ihn zu erpressen. Er würde natürlich nicht zahlen, Tausend Euro waren auch für ihn viel Geld. Er wollte aber auch keinen Ärger, keine Polizei, keine Nachforschungen, keine Verhöre, keine Gegenüberstellung und Rechtfertigungen. Wer würde seinen Erklärungen Glauben schenken? Wer würde seine Version des Geschehens abnehmen, wenn diese angeblichen Beweise auf dem Tisch lagen und die Frau steif und fest behaupten würde, dass es nicht gespielt, sondern echt gewesen war? Zu all dem würde ihm seine Frau höchst unangenehme Fragen stellen und es wäre genauso unangenehm, wenn seine Bekannten, seine Freunde, die Arbeitskollegen oder gar sein Chef Wind von der Sache bekämen. Das Bild sprach nun mal für sich, da gab es nichts zu deuteln. Wie wollte er die gezeigte Situation widerlegen? Wie wollte er beweisen, dass die blauen Flecken und Kratzwunden nur aufgemalt waren? Selbst wenn die Verletzungen echt gewesen wären, mittlerweile wären sie verheilt und spurlos verschwunden und man könnte nicht mehr feststellen, dass sie nur fiktiv waren. Auch seine Fotos, die sowohl eine glückliche, zufriedene Frau und ein vergnügtes Kind auf dem Spielplatz als auch detaillierte Körperpartien ohne jegliche Verletzungen oder Spuren von Gewalt zeigten, waren ohne Beweiskraft. Irgendwann im Laufe des Nachmittags, so würde das Biest aussagen, habe sich ihre Beziehung grundlegend verändert. Ganz plötzlich habe er sich auf sie gestürzt und ihr Gewalt angetan. Ja, sie gebe zu, dass sie ihn durch ihre Nacktheit und ihre gespielte Geilheit erregt habe, aber dieses Spiel habe er ja gewollt. Den Zeitpunkt, an dem die harmlose Aktfotografie in eine brutale Vergewaltigung umschlug, würde man sogar exakt an Hand der exif-Daten der digitalen Bilddateien ermitteln können. Denn ab diesem Zeitpunkt gab es nur noch Bilder, die von Gewalt zeugten, mit Wunden und Verletzungen. Bilder, auf denen sich statt Freude und Vergnügen nur noch Angst und Wut und Scham im Gesicht der Frau spiegelten. Es gab kein Bild, in dem der Schminkvorgang dokumentiert war, kein Bild, auf dem die scheinbar misshandelte Frau beim Abschied ihren angeblichen Peiniger anlächelte, kein Bild mit einem freundlich winkenden Kind im Hochstuhl. Hätte er doch wenigsten noch ein harmloses Abschiedsbild gemacht. Dafür dieser verdammte, auffallende Rucksack auf dem Fußboden, den nicht nur seine Frau kannte, auch die