Geri Schnell

Der Politiker


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wärmen müssen, aber diese Aufgabe übernimmt er gern. Rosa besteht darauf, dass er zuerst Frühstücken muss. Gabi setzt sich zu ihnen an den Küchentisch und muss mitessen.

      «Soll ich euch mit dem Motorrad bis in den Rebbergen fahren?»

      «Nein nicht nötig, für eine Fahrt mit dem Motorrad ist Gabi falsch angezogen, wir begnügen uns mit einem Spaziergang in den Auen», bedankt sich Wilhelm für das Angebot seines Vaters.

      Kaum sind sie ausser Sichtweite, bleiben sie stehen und küssen sich leidenschaftlich. Ohne zu reden, steuern sie den Beobachtungsposten in den Auen an. Hier können sie andere Spaziergänger von weitem bemerken. Sie geniessen den Nachmittag.

      Montagmorgen muss Willi allein zum Bahnhof. Sein Zug fährt erst um acht Uhr, sowohl seine Mutter, als auch Gabi müssen um sieben Uhr mit der Arbeit beginnen. Sein Vater ist schon seit sechs Uhr unterwegs.

      Der Zug hält an jedem Bahnhof und so dauert es lange, bis er Mannheim erreicht. Er ist angespannt, morgen werden die ehemaligen Rekruten in ihre neuen Einheiten aufgeteilt. Er hat sich bei der Luftwaffe beworben, morgen wird er wissen, ob er aufgenommen wird.

      Abends findet nochmals ein Antreten der ehemaligen Rekruten statt. Der Schulkommandant lässt sie nochmals mit einem zackigen Füsse zusammenschlagen die Achtungsstellung vorführen, es klappt hervorragend. Mit einer kurzen Ansprache entlässt er die Rekruten als ausgebildete Wehrmänner, welche dem deutschen Volk Ruhm und Ehre bringen sollen.

      Anschliessend verteilt der Feldwebel den Soldaten einen Brief, darin steht, wie ihre Militärkariere weiter geht. Jeder ist gespannt, ob sein Wunsch in Erfüllung geht. Da und dort hört man ein Jubelschrei. Da die Briefe nach Alphabet verteilt werden, kommt Willi sehr spät dran.

      Er reisst den Brief auf. Da steht es, Luftwaffe! Auch er kann jubeln. Er muss morgen nach Rostock reisen, dort geht die Ausbildung weiter.

      Olympiade in Garmisch /1936

      Die Freunde über die Zuteilung zur Luftwaffe macht schnell Ernüchterung Platz. Am ersten Tag in Rostock werden sie in tolle Uniformen der Luftwaffe eingekleidet. Doch einige Tage später stellen sie fest, dass die Einheit über keine Flugzeuge verfügt. Selbst der Flugplatz muss noch gebaut werden.

      Mangels Bauarbeiter müssen die Arbeiten durch die Soldaten ausgeführt werden. Willi und seine Kollegen sind also mehr mit Schaufel und Pickel, als mit dem Steuerknüppel beschäftigt. Nebst der harten Bauarbeit, gibt es immerhin, mindestens fünf Theoriestunden pro Woche. Die Männer sollen vorbereitet sein, wenn dann die Flugzeuge geliefert werden.

      Im Dezember 1935 sind der Hangar und eine achthundert Meter lange Startbahn fertig. Jetzt muss man nur noch auf die Flugzeuge warten. Es gibt eine kleine Einweihungsfeier. Vor, in Paradeuniformen angetretener Kompanie, landeten vier Flugzeuge. Die Piloten werden wie Helden empfangen und eine Nacht lang gefeiert. Am nächsten Morgen fliegen sie weiter. Lediglich die Offiziere durften bei einem Rundflug über die Stadt Rostock und entlang der Küste mitfliegen. Am Nachmittag werden die vier Flugzeuge wieder mit militärischen Ehren verabschiedet. Das war‘s vorerst, an Flugbetrieb auf dem neuen Flugplatz.

      Da die Bauarbeiten inzwischen als abgeschlossen gelten, werden die Soldaten mit intensivieren Theorie, bei Laune gehalten. Zumindest ist man im Theorieraum vor dem kalten Wind geschützt. Der Kommandant kann Filme über die Ausbildung von Piloten vorführen, das musste vorerst reichen. Jetzt im beginnenden Winter sind Flugstunden eh zu gefährlich.

      Nach dem kurzen Weihnachtsurlaub, muss die Kompanie nicht mehr in Rostock einrücken. Sie wurden nach Garmisch Partenkirchen aufgeboten. Ihre neue Aufgabe, sie müssen die Sportstätten für die anstehende Olympiade herrichten.

      Zu diesem Zweck erhält die Kompanie neue Uniformen, welche eher wie winterfeste Arbeitskleidung aussieht. Nun werden sie in die neue Aufgaben eingewiesen. Zuerst müssen die Strassen gesäubert werden. Die aufwendig gestalteten Plakate: Juden raus! Müssen wieder entfernt werden. Deutschland soll sich als friedliebendes Volk der Sportwelt präsentieren.

      Nach dem säubern der Strassen, müssen die Sportstätten hergerichtet werden. Die Luftwaffe wird zum präparieren der Sprungschanze eingesetzt. Das sind nicht die Flüge, welche sich Willi erhoffte, aber zumindest hat es etwas mit Luftfahrt zu tun. Wie sie von Kameraden aus anderen Einheiten erfahren, haben sie noch Glück. Die Sprungschanze ist windgeschützt. Das präparieren der Abfahrtsstrecke ist bedeutend schwerer. Sie liegt viel höher und der Wind bläst den Soldaten um die Ohren. Ein richtiger Härtetest.

      Am vierten Februar meldet das Radio, das in Davos in der Schweiz, der Leiter der Landesgruppe Wilhelm Gustloff ermordet wurde. Die Kompanie von Willi wird sofort von der Schanze abgezogen und an strategisch wichtigen Punkten in Garmisch postiert. Man befürchtet Unruhen. In ganz Deutschland ist die Empörung gross. Die Regierung schürte die Entrüstung der Bevölkerung, nur, der Zeitpunkt, drei Tage vor der Eröffnung der Olympischen Spiele ist sehr ungünstig.

      Zumindest in Garmisch und deren Umgebung musste man für Ruhe sorgen. Die Welt schaut auf Deutschland. Die Schlägertrupps müssen unter Kontrolle bleiben.

      Inzwischen sind bereits viele Athleten in Garmisch eingetroffen. Alles fiebert der Eröffnungsfeier entgegen. Wird Hitler persönlich erscheinen? Das ist die Frage welche die Deutschen beschäftigt.

      Nun, er erscheint und die Kompanie von Willi muss für seine Sicherheit sorgen. Mit Gewehren müssen sie die Menge zurückdrängen, damit der Führer nicht belästigt wird. Die Begeisterung der Masse kennt keine Grenzen. Nachdem der Führer sicher auf der Tribüne angekommen ist, kann die Einheit von Willi abgezogen werden und sicherte die Umgebung des Stadions. Von der Zeremonie, wie auch an den folgenden Tagen, von den Wettkämpfen, bekommt er nichts mit. Einzig den Sieg von Ruud auf der Schanze kann er hautnah verfolgen, weil sie nach jedem Springer die Piste kurz präparieren müssen.

      Ende Februar geht der Einsatz in Garmisch zu Ende. Die Kompanie muss zurück nach Rostock und wird dort als Wachmannschaft zur Sicherung einer Flugzeugfabrik eingesetzt. Endlich geht es mit dem Bau von Flugzeugen vorwärts.

      Die Fabrikhalle steht bereits, nur ist sie noch leer. Erst nach und nach treffen Maschinen ein. Der leitende Ingenieur hiess Herr Bauer. Auf einem Plan ist eingezeichnet, wo die angelieferten Maschinen aufzustellen sind. Nach einigen Tagen hat der Ingenieur bemerkt, dass Willi eine Ahnung hatte, wie und wo die Maschinen aufgestellt werden müssen. In seinem letzten Praktikum bevor er zur Wehrmacht einberufen wurde, arbeitete er in einer Flugzeugfabrik bei München. Deshalb fragt Herr Bauer den Kompaniekommantanten, ob er nicht Soldat Wolf als seinem Assistenten abkommandieren kann? Anfänglich ist der dagegen, er dulde keine Ausnahme. Doch als die angelieferten Maschinen immer komplizierter werden, willigt er ein. Schliesslich sollen in der Fabrik so schnell wie möglich Flugzeuge gebaut werden, denn auch der Kommandant will nur eines, nämlich Flugzeuge. Auch er kam zur Luftwaffe, weil er fliegen wollte. Auch für ihn ist die Situation nicht zumutbar. Seine angehenden Piloten sind eher Bauarbeiter, mit fliegen hatte das nichts zu tun.

      Als es in der Halle langsam heiss wird, weil es Sommer wurde, sieht man, was Deutsche zu leisten imstande sind. Die Halle ist zu zwei Drittel gefüllt. Die Produktion der ersten Flugzeugteile für die Do111, wird aufgenommen. Diese werden jetzt von einem weiteren Ingenieur betreut. Herr Bauer ist für die Infrastruktur zuständig, Herr Günther für das zu bauende Flugzeug. Ein zu einem Bomber umkonstruiertes Zivielflugzeug.

      Die beiden Ingenieure verstehen sich gut und Willi arbeitet für beide. Es geht vorwärts, endlich kann Willi mit Plänen eines Flugzeugs durch die Halle laufen. An einigen Stellen kann man bereits Teile erkennen, aus denen später ein Flugzeug entsteht. Der Prototyp der Do111 wurde in einem anderen Werk gebaut und befindet sich bereits in der Erprobung. Herr Günther steht permanent in Verbindung mit den Piloten. Nach den Telefonanrufen ist er üblicherweise verärgert, da meistens Änderungen notwendig werden.

      «So werden wir nie fertig», schimpft er vor sich hin, «ich habe ihnen gesagt, aus einem Passagierflugzeug lässt sich nicht so einfach ein Bomber konstruieren, das ist doch was ganz anderes.»

      Trotzt aller Probleme