Loa Imago

Tochter des Mare


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um sie. Alynn sah in knapp drei Dutzend Gesichter. Die paar Waldelfen, die überlebt hatten.

      Der Schock saß noch tief. Sie hatten noch nicht realisiert, was mit ihrem Volk passiert war. Sie bewegten sich wie im Traum.

      Einem Albtraum. Alynn spürte den Kloß im Hals.

      Aber sie hatte keine Zeit für Mitleid. „Ihr seid am Fluss Gameoth. Auf der elderanischen Seite. In Sicherheit.“ Ein Raunen ging durch die Menge.

      „Elderan?“ Baldur sah verzweifelt aus. Das ganze Ausmaß ihrer Lage wurde ihm jetzt wohl bewusst.Alynn sah weg.

      „Keine Sorge Alynn. Ich werde mich um sie kümmern“, sagte Tali’Weir und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

      „Danke, dass du sie gerettet hast.“ Er lächelte warmherzig. Oh, Tali’Weir! Die ganze Wucht des schlechten Gewissens traf sie. Sie hatte gewusst, dass wenn sie die Frau zum Kanzler zurückbrachte, der die Elfen jagen würde. Und sie hatte nichts unternommen. Sie betrank sich nur um die Schuldgefühle zu vergessen. Dumme naive Alynnweir!

      „Ich hole deine Meerjungfrau da jetzt raus. Aber das ist das letzte Mal, dass ich mich von dir überreden lasse nach Elderan zu kommen. Das verdammt letzte Mal!“

      Tali’Weir ging nicht darauf ein, sondern drückte Alynn noch einmal an sich.

      „Vielen Dank Alynnweir. Dein Vater wäre sicher stolz auf dich.“

      „Ja, Ja. Wir sehen uns.“ Alynn wandte sich um und sprang zurück ins Wasser. Da rief Baldur nach ihr. Sie wandte sich im Wasser um. „Ihr könnt doch nicht…“, rief er. „Haltet Euch an den Löwen. Er wird euch helfen. Vertraut ihm!“ Mit diesen Worten tauchte sie unter. Der riesige stämmige Mann in der weißen Robe neigte grüßend den Kopf als er sich an Baldur wandte.

      Alynn und die Meerhexe

      Er erinnerte sich genau. Blaues Haar, an manchen Tagen so blau wie zarter Flieder an anderen so blau wie der tiefe Ozean. Es fühlte sich an wie fließendes Wasser. Er vergrub das Gesicht in ihrem Nacken. Sie roch wie…

      „Wer bist du?“

      Er erinnerte sich an ihren entsetzten Gesichtsausdruck. Die Nähe zwischen ihnen war augenblicklich verschwunden.

      „Bei Mare, was habe ich getan?“ Und vor seinen Augen zerfloss sie zu Wasser.

      Oberon zuckte zusammen und öffnete die Augen. Wieder ein Traum. Immer wieder derselbe Traum. Von Ihr!

      „Geliebter…“ Er spürte wie eine zarte Hand seine Wange berührte. In seinen Armen lag eine wunderschöne Elfenprinzessin. Emerald war ihr Name. Sie erwartete sein viertes Kind. Ihr sehnlichster Wunsch war es endlich seine Gemahlin zu werden und somit Königin über alle Elfenkönigreiche. Es war eine Schmach für eine Elfenprinzessin wie sie als Mätresse des Königs bezeichnet zu werden. Er war aber bereits verheiratet. Das Mal auf seinen Arm erinnerte ihn jeden Tag, jede Stunde jeden Augenblick seines Lebens daran.

      An seine Frau. Seine Gemahlin und Königin. Damals war er freilich noch nicht Hochkönig gewesen. Er erinnerte sich genau an sie. An das blaue Haar, dass floss wie Wasser. Die Augen die leuchteten wie Feuer. Sie lachte. Sie tanzte. Sie schwor ihm ewige Liebe.

      Dann sah sie ihn an als wäre er ein Fremder und floh.

      Er strich der Prinzessin durch das blonde Haar. „Keine Sorge Geliebte. Wir finden sie und dann wirst du mein.“

      Sie sah ihn aus den kugelrunden himmelblauen Augen leidend an. „Sagt mir, dass ihr wenigstens eine Spur habt.“

      Er strich ihr lachend über die Wange. „Mehr als das. Blaues Haar ist selten, Geliebte. Wir werden sie finden, auch wenn wir alle Ozeane und Lande durchstreifen müssen.“ Eine hatten sie schon gefunden. Morgen würde er mit ihr sprechen. Die Prinzessin in seinen Armen versank wieder in tiefen Schlummer. Er legte sie sanft in die Kissen und schwang sich lautlos aus dem Bett. Im Gehen warf er sich seinen Morgenmantel über und verließ auf leisen Sohlen und mit fliegendem Rock das Schlafgemach.

      Alynn war eins mit dem Wasser. Sie floss durch die Rohe und Kanäle des Palastes. Reinkommen war einfach. Jedenfalls für ein Wasserelementar, wie sie eines war.

      Rauskommen war mit einer Meerjungfrau gar nicht so einfach.

      Sie verfluchte Tali, der sie immer wieder dazu brachte unmögliche Dinge zu tun.

      Er und seine dämlichen politischen Spielchen.

      Nichts für Alynn!

      Sie kannte den Palast. Gezwungener Maßen, war sie schon oft genug hier gewesen. Früher freilich mehr als heute. Der Palast war das Herz des Elfenreiches und sein ganzer Stolz. Ein Ort der Magie und Macht. Hier residierte der Hochkönig, Herr über alle Elfen. Oberon. Zum Glück war er zu abgehoben, um die unwichtigen Untergebenen wahrzunehmen. Er hatte Alynn nie erkannt. Selbst wenn sie im Thronsaal gut sichtbar dabeistand.

      Alynn tauchte auf. Ihre Augen gewöhnten sich schnell an das Dämmerlicht. Sie spuckte Wasser und schwamm mit kräftigen Zügen an den Rand des Beckens, in dem sie aufgetaucht war.

      Sie sah sich um. In der anderen Ecke des Schwimmbeckens kauerte eine Meerjungfrau mit blauem Haar, die Alynn erschrocken ansah.

      „Bist du die Tochter der Meereshexe?“, fragte Alynn leise.

      Das Mädchen nickte langsam. „Ich bin Alynn. Ich wurde beauftragt dich nach Hause zu bringen.“

      „Von wem? Meiner Mutter?“ Die Stimme der Meerjungfrau überschlug sich fast. Sie war nicht so eingeschüchtert, wie Alynn vermutet hatte.

      „Nein. Von einem Freund.“

      Sie musterte Alynn misstrauisch. „Dein Haar. Es ist ebenfalls blau. Sie suchen nach einer Meerjungfrau mit blauen Haaren. Deshalb greifen sie jede auf und bringen sie hierher.“

      Alynn seufzte und ließ sich wieder ins Wasser gleiten, um neben dem Mädchen wiederaufzutauchen. „Der Ozean ist auch blau. Da können sie lange suchen. Jetzt kommt. Wir müssen hier raus.“

      „Es ist eine Belohnung auf uns ausgeschrieben“, platzte es aus ihr heraus.

      „Offensichtlich suchen sie die Frau des Hochkönigs, die ihn vor Jahren verzaubert und dazu gezwungen hatte sie zu ehelichen.“

      Alynn konnte ein Lachen nicht verkneifen.

      „Kommt schon. Könnt Ihr laufen? An Land?“ Die Meerjungfrau wollte schon weiterreden.

      „Wir haben keine Zeit für Gerüchte und Tratschgeschichten. Ich bin Eure Rettung schon vergessen? Wir müssen einen Weg hier herausfinden.“

      Die Meerjungfrau kniff argwöhnisch die Augen zusammen und schwamm ein paar Meter von ihr weg.

      „Woher kommst du überhaupt?“

      Alynn zeigte ungeduldig ihre scharfen Zähne und zischte. „Ich hasse euch Meerjungfrauen. Könnt nicht einmal still sein, wenn ihr gerettet werdet.“

      „Wer sagt denn, dass ich gerettet werden will?“, fragte die Meerjungfrau. Alynn hatte ein leichtes Déjà-vu. Nicht schon wieder.

      „Deine Mutter zettelt sonst Krieg mit den Elfen an, du dummer Goldfisch. Und dann zieht sie uns alle mit hinein. Und jetzt komm! Raus aus dem Wasser.“

      Flink tauchte das Mädchen ab und brachte die größtmögliche Distanz zwischen sich selbst und Alynn.

      „Oh! Ihr wisst ja gar nicht wie meine Mutter ist. Wer weiß. Vielleicht bin ich ja die Frau des Elfenkönigs und ich weiß es bloß nicht.“ Alynn knirschte mit den Zähnen. Kurz entschlossen griff sie nach dem Beckenrand und zog sich aus dem Wasser.

      „Ein letztes Mal. Kommt ich habe keine Lust euch zu zwingen. Es war ein langer Tag.“

      „Wie willst du mich denn zwingen?“, fragte die Meerjungfrau gedehnt. Ihre Augen fixierten etwas in Alynns Rücken. Und