Isabella Kniest

In Your Arms


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er … Wie sollte das …

      O gütiger Gott!

      Vor Scham doch ebenso sanft aufkommender Erregung drückte ich meine heiße Stirn an seinen Oberkörper.

      Das wurde sekündlich unglaublicher …

      Er wollte mir noch näher kommen?!

      War seine Zuneigung wahrhaftig dergestalt groß, wie ich sie mir stets von einem Mann gewünscht hatte?

      »Es tut mir leid«, hörte ich ihn wispern. »Habe ich dich damit vor den Kopf gestoßen?«

      Ich wusste, ich musste etwas erwidern … Fatalerweise hatte meine Schamhaftigkeit mittlerweile Wolkenkratzer hohe Ausmaße angenommen, wodurch es mir auf Biegen und Brechen nicht gelang, etwas hervorzubringen.

      Um Jan wenigstens irgendwie Antwort zu geben, schüttelte ich mein Haupt – durchwegs betend, ihn mit meiner törichten Reaktion nicht zu beleidigen.

      »Dann findest du mein Gesagtes nicht anstößig?«

      Ein Beben ergriff Besitz von mir.

      Himmel!

      Weshalb musste ich so absurd reagieren?! Da passierte mir eben das größte Glück der Welt – und ich verging vor Verlegenheit …

      »Nein.« Von uns beiden war ich über meine hervorgepresste Antwort wahrscheinlich am meisten erstaunt. »Es ist einfach wunderschön.«

      »Wirklich?« Behutsam zog er mich ein Stück zurück, und ich brachte es trotz meines Gefühlschaos zusammen, ihm ins Gesicht zu sehen.

      »Es gefällt dir tatsächlich.« Er strahlte vor Glück. »Mein Gott! Du bist wirklich wie sie.«

      Wie?

      Was meinte er damit? Wie sollte ich denn sein?

      »Ich … ich verstehe nicht ganz.«

      »Wie Christina … mein Protagonist in meinem Buch.«

      Mir wurde es heiß und heißer … und noch etwas heißer. »Wie …?! Ich … du …«

      Ein unsicheres Lächeln erschien. »Du erinnerst mich unwahrscheinlich an sie … Damals an der Rezeption … als ich dich das erste Mal sah … da war es mir vorgekommen, du wärest direkt aus meinem Roman gehüpft.« Jan schüttelte den Kopf, den Blick auf die Seite gerichtet – er machte den Anschein, es selbst nicht recht glauben zu können, was er da von sich gab. »Ich dachte, ich erleide einen Herzschlag.« Äußerst langsam fanden seine Augen zu mir zurück. »Weißt du … dein Aussehen, deine Mimik, deine Gestik … so stellte ich mir stets Christina vor.«

      »Aber …« Ich suchte Begriffe. Ich suchte meinen Verstand. Ich suchte eine Erklärung. Nichts davon war mir möglich zu finden. »Aber das kann gar nicht sein …«

      Unvermittelte anschwellende Verunsicherung legte sich auf seine Züge. »Bitte denke jetzt nicht, ich sei ein durchgeknallter Psychopath … Bitte.« Sein flehender Ausdruck löste eine über meinen gesamten Körper rasende Gänsehaut aus.

      »Ich bin nicht verrückt … wirklich nicht … Ich versuchte diesen Eindruck von dir ohnehin zu unterdrücken. Die gesamte Zeit!« Er überlegte. »Erst wollte ich dich näher kennenlernen. Ich wollte wissen, wie du bist. Aber dann … dann haben wir gemeinsam gekocht … Und da wusste ich, du bist es.« Sein Blick festigte sich. »… du … du bist meine Traumfrau … Du bist diejenige, welche ich mein Leben lang suchte.«

      Seit unserem ersten Kuss hatte ich tausend unbekannte Gefühlsregungen erfahren dürfen – doch keine einzige war annähernd mit meinem momentanen Zustand vergleichbar.

      Es war kein Prickeln, keine Geborgenheit, auch kein Adrenalin – es war eine Art Dankbarkeit vermischt mit Glückseligkeit, Erregung, Freude und Wärme, die sich wie ein Lauffeuer in mir ausbreitete.

      …

      Nach einigen Momenten des Sammelns überkam mich die nüchterne Gewissheit.

      Die letzte Stunde – sie war nicht real. Sie konnte nicht real sein!

      Spätestens nach dieser letzten Aussage Jans musste mir klar sein, all dies wahrhaftig zu träumen. Niemals hätte ein fremder Mann mir ein Liebesgeständnis gemacht. Besonders nicht mir! Und erst recht nicht kniend vor der Badezimmertür …

      Ja, bestimmt lag ich nach meinem ersten Selbstmordversuch im Krankenhaus und fantasierte mir diese wunderbaren Dinge zusammen.

      »Liza?«

      Ich wandte mich Jans engelsgleichem Gesicht zu. »Ja?«

      »Du glaubst mir nicht, oder?«

      »Ich glaube, ich träume das alles … Ich denke, du bist nicht real … Du kannst gar nicht real sein. Jemand, der so wundervoll ist, der solch schöne Dinge sagt … den kann es nicht geben.«

      »Aber ich bin real.« Er gab mir einen mich schwindelig machenden Kuss. »Glaubst du, diese Situation kann sich solchermaßen gut anfühlen, wenn man sie träumt?«

      Ich blinzelte.

      »Schließlich weißt du gar nicht, wie es sich anfühlt, hab ich recht?«

      …

      Eiseskälte legte sich um mich.

      Woher …?

      »Da kannst du praktisch nicht davon träumen … da dir die nötige Erfahrung dazu fehlt, welche dein Gehirn benötigt, um dir solch einen intensiven Traum zu bescheren.«

      …

      Woher wusste er über meine Unerfahrenheit Bescheid?

      Ehe ich weiterzudenken in der Lage gewesen wäre, tanzten seine Lippen längst wieder über meine und verwandelten sämtliche Kälte in brennende Hitze. »Du fragst dich bestimmt, woher ich das weiß …« Jan setzte seine Liebkosung fort, intensivierte sie, brachte mich dazu, leise aufzuseufzen. Diese Situation war gleichermaßen peinlich wie erregend, berauschend wie beängstigend.

      »Ich träume«, brachte ich erstickend hervor. »… Dass du es weißt, ist Beweis genug.«

      »Ich weiß es«, erwiderte er raunend und meine Nase mit seiner anstupsend. »Weil es bei einer solch kostbaren zärtlichen Seele wie dir gar nicht anders sein kann … Du strahlst es aus. Man sieht dir deine Reinheit an. Ein jeder halbwegs vernünftige Mann muss dies sehen.«

      Er hatte es bemerkt? … Man konnte es sehen?! Wie sahen mich dann –

      Seine Lippen und darauffolgend seine auf meine treffende Zunge beraubten mich all meiner sich auftuenden Fragen, um mir stattdessen heftige Gefühlswellen durch meinen zitternden von Jans heißen Händen sorgfältig erforschenden Leib zu schicken und mir darüber hinaus hocherotische wie beschämbare Gedanken zu entfesseln: Wie würde es sich anfühlen, wenn er mir noch näher kam? Wie würde es sein, neben ihm zu liegen … uns zu vereinigen …

      Mein Herz setzte ob dieser Überlegungen wie der daraus entstandenen Adrenalinausstöße zum wiederholten Male aus.

      »Ich weiß … Ich kenne dich kaum … eines musst du dennoch wissen: Die vergangenen Monate habe ich immerwährend an dich denken müssen … Und ich verstehe bis jetzt nicht, weshalb du so sang- und klanglos verschwandest.«

      Die aus meiner Vorstellung hervorgerufene Erregung wurde von hochzüngelnden Schuldgefühlen verdrängt.

      »Es tut mir leid. Es tut mir wahnsinnig leid.«

      Seine Züge spiegelten Verständnis wider. »Du hattest einen Grund, oder?«

      Sollte ich es sagen?

      Sollte ich …?

      …

      Ja …

      Ja, ich sollte nicht nur, ich musste!

      Jan war immer offen und ehrlich gewesen, hatte sich gegen Panik und Gewitterstürme aufgelehnt, um zu mir zu kommen und mir seine Gefühle zu gestehen.

      Wenn