Rüdiger Marmulla

Beautiful Lights


Скачать книгу

zu Papier bringen? Wir lassen ihre Vorstellungen dann in die Diskussion unserer gemeinsamen Publikation einfließen.“

      „Ja, John. – John?“

      „Ja?“

      „Das ist ein echter Knaller. Wenn das stimmt, dann müssen wir unser ganzes Weltbild überdenken.“

      „Richtig. Deshalb dachten wir auch, dass dieser Artikel am besten im Scientific American untergebracht wird.“

      „John?“

      „Ja?“

      „Ich fühle, wir haben die Tür in eine neue Welt eben erst ein Stück weit geöffnet. Ich fühle, da ist noch mehr zu entdecken.“

      „Damit könnten sie Recht haben, Lars. Ich sende Montag den Erstentwurf für unser Paper. Und ich warte auf ihre Diskussion.“

      Wir beenden die Telekommunikation.

      Mit Lisa

      „Du machst so große Augen, Lars. Was hast du mit John besprochen?“

      „John hat mit seinem Team einen quantenmechanischen Effekt beobachtet. Er fragte mich nach meiner Einschätzung und Interpretation der Ergebnisse. Und er fragte an, ob ich die Diskussion zu einem Paper schreiben mag, das er im Scientific American platzieren will.“

      „Kannst du das von hier aus erledigen? Oder musst du zu John fliegen?“

      „Das kann ich selbstverständlich auch von Frankfurt aus leisten. Ich bleibe hier.“

      „Dann bleibt unser Sommerurlaub fest eingeplant?“

      „Ja, Lisa. Wo magst du hin?“

      „Ich habe eine Finka auf Mallorca ausgesucht, die ich gern anmieten würde. Sie ist fernab der Touristenströme im Südosten der Insel.“

      „Ich bin einverstanden. Du kannst es fest machen. Das wird unser großer Urlaub, bevor du in den Abiturjahrgang einsteigst. Wann willst du los?“

      „Übernächste Woche. Wir bleiben volle drei Woche. Und dann beginnt für mich auch schon wieder die Schule.“

      „Gut. Sehr gut, Lisa. Bis dahin haben wir unser Paper fertig geschrieben.“

      Abstract

      Die Grenzen zwischen Informatik, Elektrotechnik und Medizin werden überschritten, seitdem Nano-3D-Drucker vitale neuronale Netzwerke nachbilden, die quantenmechanische Rechenprozesse ermöglichen. Mit einem Quantencomputer der zweiten Generation haben wir einen Einfluss des Rechenwerks auf das Raum-Zeit-Kontinuum beobachten können. Ein Artikel von John Morgan, Andrew Williams und Lars Krönlein, Virginia Science & Technology Campus, George Washington University, Washington D.C.

      „Lisa, schau nur, unser Abstract ist fertig.“

      „Und der restliche Artikel?“

      „Der ist selbstverständlich auch schon fertig. Das Abstract schreibt man erst ganz zum Schluss.“

      „Und deine Diskussion?“

      „Die Diskussion ist das vorletzte, was man zu Papier bringt.“

      „Und womit fängt man an?“

      „Mit den Messergebnissen. Messergebnisse sind stets der Anfang jeder naturwissenschaftlichen Arbeit. Sie sind das Herz der Arbeit, sie sind das Fundament, auf dem man seine ganze Schrift aufbaut. Man erklärt, wie und unter welchen Bedingungen man seine Beobachtungen gemacht hat. Und in der Diskussion deutet man die Messergebnisse vor dem Hintergrund des bisherigen Wissens.“

      Ich sehe Lisas Interesse. „Danke für den Hinweis. Das werde ich sehr gebrauchen können, wenn ich selbst einmal Medizin studiere und vielleicht eine Dissertation schreibe.“

      „Dein Vater wird dir da vielleicht auch hier und da unter die Arme greifen.“

      „Ja. Und du hoffentlich auch. Das werde ich sicher brauchen können.“

      Mallorquinische Luft

      „Urlaubszeit! Das ist jetzt unser Urlaub, Lars!“ Lisa lächelt mich breit an, während wir im Parkhaus neben dem Aeropuerto de Palma de Mallorca in den Mietwagen steigen. Es ist ein offenes Cabriolet. Francis haben wir auf einen Kindersitz im Fond des Wagens gesetzt. Das Fahrzeug fragt mich, ob ich den Wagen steuern möchte, oder ob uns der Bordcomputer an das Ziel unserer Reise führen soll. Ich entscheide mich für den Selbstfahrmodus des Cabriolets. Und schon fährt uns der Wagen aus dem Parkhaus heraus.

      „Der Himmel ist hier viel blauer und leuchtender als zuhause, Lisa.“

      „Das liegt am Meer. Das Blau des Himmels reflektiert die Farben des Meeres, Lars.“

      Francis deutet lachend auf die bunten Windmühlen, die zwischen vereinzelten Palmen am Rand der Schnellstraße nach Manacor an uns vorbeiziehen. In der zweitgrößten Stadt der Insel biegen wir nach rechts in Richtung Calles de Mallorca ab. Die Landstraße wird zunehmend hügelig. Wir passieren Obstplantagen, die von meterhohen Steinmauern auf beiden Seiten der Landstraße eingefasst werden. Dann weist uns ein Schild den Weg nach rechts zur Playa Romantica. Es schließt sich eine kleine Siedlung mit Finkas an. Am Horizont sehen wir im Osten das Meer. Nach Süden schließt sich an die Siedlung das größte Naturschutzgebiet Mallorcas an.

      Wir verlassen das Cabriolet und schließen das Tor zum Grundstück auf. Wir öffnen erst die Haustür und dann die vielen sorgsam verschlossenen Fensterläden der Finka. Ich bringe unsere Koffer ins Haus.

      „Die Terrasse ist ein Traum. Wir schauen direkt auf das Naturschutzgebiet, Lars.“

      Es ist ganz still. Man hört kein Geräusch. Solch eine Ruhe kannte ich bis jetzt gar nicht. Mit einem Mal hören wir das Rascheln von Blättern. Was ist das? „Eine Schildkröte, Papa.“ – Francis deutet mit dem Zeigefinger auf das Tier, das sich seinen Weg durch den Garten bahnt.

      Lisa öffnet die Küchenschränke. „Der Vermieter hat für uns eingekauft und alle Schränke gut gefüllt. Jetzt mache ich uns erst einmal einen Kaffee. Und Francis bekommt einen Kakao.“

      Francis klatscht vor Freude in die Hände. Dann nimmt er auf einem Schaukelstuhl auf der Terrasse Platz.

      Lisa bringt die Getränke auf die Terrasse heraus. Wir setzen uns zu Francis. „Am Nachmittag können wir an den Strand gehen. Wollt ihr?“

      „Selbstverständlich.“ Ich nicke und sehe, dass auch unser Junge sich auf den Besuch des Strands freut. „Es ist herrlich. Lisa, das hast du hier gut ausgesucht.“

      Morgenstunde

      Liebe Lisa,

      es ist heute Morgen noch ganz still im Haus. Du schläfst noch. Und Francis auch. Ich nutze die Zeit, um in unser gemeinsames Tagebuch zu schreiben.

      Wir hatten gestern einen wundervollen Tag am Strand. Die Bucht ist auf beiden Seiten von Felsen umgeben. Ich liebe die Gischt, die Luft und Wasser in der Brandung schlagen. Selbst wenn man weit ins Meer hinausgeht, ist das Wasser nicht tief. Das ist gut für unseren kleinen Jungen. Wir haben nach dem Baden sogar eine Sandburg gebaut. Mir ist nicht entgangen, wie du uns mit liebevollen Blicken gefolgt bist.

      Gestern Abend kam dann noch eine schwere Nachricht bei dir an. Die Eltern von Brian haben sich bei dir gemeldet. Ich vergesse vollkommen, dass eigentlich Brian der Vater von Francis ist. Für mich ist er unser gemeinsamer Sohn. Und so wird es auch immer bleiben.

      Brians Eltern haben vor vier Wochen erfahren, dass ihr Sohn mit einem Oldtimer über den Santa Monica Boulevard zum Ocean Drive gefahren ist. Er parkte den Wagen so, dass er den Pazifik sehen konnte. Und dort hat er dann eine Überdosis Vital Kick genommen. Zwei Beamte vom hiesigen Police Department haben ihn bewusstlos aufgefunden. Er hatte bereits nicht mehr geatmet, als sie ihn antrafen. Sie leisteten Erste Hilfe und reanimierten ihn. Brian kam ins Krankenhaus. Dort stellte man fest, dass er sich übergeben hatte und Erbrochenes in seine Lunge