Rüdiger Marmulla

Beautiful Lights


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Er wird über eine Magensonde ernährt und muss gewindelt werden. Das Pflegepersonal muss ihn mehrfach am Tag in seinem Bett wenden, damit er keine Geschwüre vom Liegen bekommt. Die Ärzte haben gesagt, dass sie nichts mehr für Brian tun können, und dass er entweder in ein Pflegeheim müsste oder seine Eltern ihn nachhause nehmen könnten. Robert und Kate entschlossen sich, Brian zu sich nachhause zu nehmen. Sie haben zwei Pflegekräfte engagiert.

      Kate sprach direkt mit Lisa. Sie weinte. Kate sagte, sie schaue ihren Sohn an und wisse nicht, ob er versteht, was sie zu ihm sagt. Seine Augen starrten ganz leer in den Raum.

      Du hattest keine tröstenden Worte, als du all das von Kate und Robert erfahren hattest. Ich fühlte, wie schwer das dein Herz machte.

      Ich nahm dich nach dem Gespräch in den Arm.

      Es scheint eine Ewigkeit her zu sein, dass Brian ein sportlicher, schöner junger Mann war. Dieses Vital Kick hat ihn zugrunde gerichtet. Es ist ein furchtbares Zeug. Drogen sind furchtbar.

      Lisa, ich bin immer für dich da. Ich tröste dich.

      Getragen

      Lieber Lars,

      schon vor dem Aufstehen entdeckte ich deinen Tagebucheintrag in unserer Cloud. Danke, dass du für mich da bist, mich trägst und tröstest.

      Als wir gestern hier ankamen, war alles so leicht. Das Leben war so ganz ohne jede Schwere. Die Nachricht von Kate und Robert hat das alles schlagartig verändert.

      Brian hat sich damals gegen mich und Francis und für die Drogen entschieden. Wie sehr habe ich um ihn gekämpft, doch ich habe ihn nicht retten können.

      Schon damals warst du immer an meiner Seite. Du hast mich nie fallen lassen. Du bist mein Mann. Und du bist Francis ein wunderbarer Vater. Lars, ich kann gar nicht in Worte fassen, wie dankbar ich dir bin.

      Jetzt höre ich, dass du den Frühstückstisch auf der Terrasse vorbereitest. Ich stehe auf. Ich komme zu dir.

      Ausflug nach Valldemossa

      Ein neuer Morgen. Ein neuer Tag. Ich decke auf der Terrasse den Frühstückstisch für uns drei. In dem kleinen Laden, der zum Strand hin steht, habe ich frisches Brot gekauft. Und Marmelade, Käse und Orangensaft. Der gedeckte Tisch sieht gut aus. Ich warte auf Lisa und Francis. Unser Kleiner erscheint zuerst.

      Ein Teil des Gartens ist schon in das morgendliche Licht getaucht. Es ist noch angenehm frisch. Lisa kommt jetzt auch auf die Terrasse. Sie hat sich eine Strickjacke übergezogen. „Guten Morgen, Liebling.“

      „Guten Morgen, Lisa. Lass uns essen. Und dann habe ich einen schönen Vorschlag.“

      „Du machst mich neugierig.“

      „Wir können einen Ausflug nach Valldemossa machen. Der Ort liegt in über vierhundert Metern Höhe im Nordwesten der Insel. Es soll dort aussehen wie im Tessin.“

      „Du warst mit deinen Eltern immer gern in Ascona, ich weiß.“

      „Also, wir fahren nach Valldemossa, und am Nachmittag können wir nach Port de Sóller weiterfahren. Dort ist ein schöner Hafen.“

      „Schiffe!“, ruft Francis aus.

      „Ich sehe schon, du hast den Tag schön geplant. Das machen wir.“ Lisa greift nach meiner Hand, die auf dem Tisch liegt.

      „Lisa, ich räume alles zurück in die Küche. Und dann fahren wir los.“

      Kurz darauf sitzen wir drei im Cabriolet und fahren zurück in Richtung Manacor, dann in Richtung Palma. In Höhe des Flughafens geht es in den Norden. Es wird bergig. Die Landschaft wirkt tatsächlich wie in der Schweiz. Und auch die Häuser wirken so. Ich schaue meine kleine Familie an. Die beiden lieben den Ausflug auch. Nach einer letzten scharfen Linkskurve geht es in den Ort hinein. Das Cabriolet sucht sich einen freien Parkplatz im Zentrum der Stadt.

      „Frédéric Chopin hat hier in Valldemossa einmal einen Winter verlebt und hat hier auch viel komponiert, Lisa.“

      – „Ja. Chopin. Ich liebe seine Préludes.“

      „Ich weiß, Lisa.“

      „Ich fühle mich phantastisch. Das ist ein wundervoller Tag heute, Lars.“

      In einem Restaurant in der Fußgängerzone kehren wir ein und essen einen Salat und trinken ein Wasser. Francis bekommt auch ein Eis.

      Mit unserem Auto fahren wir weiter über eine Bergstraße, die einen atemberaubenden Blick auf das Meer freigibt. Viele Serpentinen bestimmen die hoch gelegene Straße, die nach und nach auf das Meeresniveau hinabführt. Dann treffen wir in Port de Sóller ein. Als erstes fällt uns eine klassische Holzstraßenbahn auf, die am Ufer entlangfährt. Wir finden ein schönes Restaurant mit Blick auf den Hafen und bestellen uns Pasta.

      „Papa, das ist toll hier. Und die vielen Schiffe…“, Francis lächelt mich an. Und ich streichele sein Haar. Mir entgeht nicht, wie liebevoll Lisa mich und Francis anschaut.

      Neuigkeiten von John

      Mein Messenger am Handgelenk flasht. Ich nehme das Gespräch entgegen, und sofort erscheint Johns Avatar ganz vertraut als Hologramm über meinem Handgelenk. Ich frage ihn gleich nach unserer Publikation.

      John stockt. Dann antwortet er zögerlich. „Unser Paper liegt noch zum Peer Review bei einem Gutachter, den Scientific American hinzugezogen hat.

      „Dann wird die Welt noch ein Paar Tage auf unsere Entdeckung warten müssen, John.“

      „Eine New Yorker Arbeitsgruppe hat eine Publikation in Nature veröffentlicht. Sie erschien gestern. Sie beschreibt Ergebnisse, die mit unseren Beobachtungen identisch sind, Lars.“

      „Da haben sie zeitgleich mit uns geforscht?“

      „Ja. Offensichtlich.“

      „Dann bekommen wir also nicht den Ruhm für die Erstentdeckung dieses quantenmechanischen Phänomens?“

      „Nein, Lars. Die Trophäe geht an McCarthys Arbeitsgruppe in New York.“

      „Wird Scientific American unseren Artikel dann überhaupt noch drucken?“

      „Ich kann es nicht sagen. Die Messergebnisse und auch die Diskussion sind unserem Paper zu ähnlich, glaube ich. Es kann sein, dass unsere Arbeit unveröffentlicht bleibt. Aber ich frage nochmal bei Scientific American nach. Ich melde mich wieder.“

      Wir beenden das Gespräch.

      Lisa schaut mich an. „Das klingt jetzt aber gar nicht gut. Kann man in Erfahrung bringen, bei wem euer Paper zum Peer Review auf dem Tisch liegt und versauert?“

      „Peer Reviewer sind immer das bestgehütete Geheimnis der Journals. Die Editors-in-Chief geben keine Namen preis. Da kann man nichts machen. Wir werden es nicht erfahren.“ Ich schaue auf die Abendsonne, die sich hinter dem Bergrücken senkt. „Alle Ehre, aller Ruhm gehen jetzt nach New York.“

      „Das tut mir leid, Lars.“

      Rückflug

      Liebe Lisa,

      unser schöner Sommerurlaub auf Mallorca ist zu Ende, und wir sind jetzt auf dem Rückflug nach Frankfurt. Es war eine wundervolle Zeit mit dir und Francis. Nächste Woche geht für dich die Schule los. Und ich werde alles tun, um dir das Lernen leicht zu machen. Und wenn alles gut geht, dann bekommst du schon im nächsten Jahr zum Wintersemester 2041/2042 einen Studienplatz in Medizin.

      Ich fühle mich als Hausmann ganz gut. Und ich werde dazu auch das Kochen lernen. Ich werde dich richtig verwöhnen, du wirst schon sehen.

      Lisa, ich liebe dich über alles.

      Küchengespräch

      Heute hat für Lisa das letzte Schuljahr begonnen. Ich bereite für uns drei das Mittagessen vor. Es gibt Frankfurter Schnitzel