Ewa A.

Schicksalsnetz - Ein romantischer Episodenroman


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ihm, dessen Frau und Tochter in einem barocken Speisezimmer. Übertrieben pompös war der Tisch eingedeckt und ein goldener Kerzenleuchter mit unzähligen Armen, der eher in ein Spukschloss gepasst hätte, war das Epizentrum des schlechten Geschmacks in dem Raum.

      Langsam wanderten die Zehen der Gastgeberin an der Innenseite seines Beines entlang. Wie Elizabeth das zustande brachte, war ihm ein Rätsel. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl nach hinten, aber dass sie ihr Bein so lang machen konnte, war… erschreckend.

      Das Gesicht der Fünfzigjährigen wirkte gelangweilt, ab und zu lachte sie über die Anekdoten, die ihr Mann in seinem Monolog von sich gab. Nichts deutete daraufhin, dass sie vor den Augen ihres Ehegatten einen anderen Mann zwischen den Beinen beglücken wollte. Nur ein selbstzufriedenes Glitzern war in ihren Augen auszumachen.

      Es war unglaublich, wie eiskalt diese Frau war, und das war es was Tim anekelte. Schon bei den letzten beiden Treffen hatte sie ihm nachgestellt und ihn wissen lassen, dass sie ihren Mann beeinflussen könnte, sowohl zum Guten als auch zum Schlechten.

      Ihrem Mann Jordan gehörte ein Unternehmen, das alles Mögliche für den Sanitärbereich herstellte. Diese Firma war nicht nur Marktführer in der Branche, sondern es hatte auch einen ausgezeichneten Ruf. Die Bilanzen und der Jahresbericht waren grandios. Ein besseres Unternehmen als dieses würde er nicht finden, das stand fest. Er wollte es haben, er musste es haben. Er besaß mehrere Unternehmen und einige davon waren Bauteile-Lieferanten von Jordans Firma. Deswegen war eine Expansion in die Vertikale, der nächste logische Schritt, um den Ausbau seines Imperiums voranzutreiben. Wenn er Elizabeth eine Abfuhr erteilte, was er zu gern täte, würde diese ihren Gatten womöglich dazu bringen, das Unternehmen nicht zu verkaufen oder noch schlimmer, es an einen Konkurrenten zu verkaufen. Andererseits, hatte er seit einiger Zeit eine neue Möglichkeit entdeckt wie er, ohne ein Pfund zu bezahlen, in die Chefetage von Jordans Unternehmen kommen könnte. Und diese Möglichkeit saß neben ihm und war zweiundzwanzig Jahre jung. Es war Jordans Tochter Grace, ein junges Ding, das sicher nicht so unschuldig war, wie sie ihren Vater glauben machen wollte. Sie gab ihm ebenfalls zu verstehen, dass sie ihm nicht abgeneigt war. Denn ihre manikürte Hand wanderte nämlich an seinem anderen Bein entlang und war schon kurz vor ihrem Ziel angelangt.

      Tim hatte keinerlei Mitgefühl für diese Frauen, darüber war er sich im Klaren. Aber hatte jemals eine Frau Rücksicht auf seine Gefühle genommen? Schon seine Mutter hatte nur an sich gedacht und ihn im Säuglingsalter vor einem Waisenhaus abgelegt. Die Ordensschwestern, die das Haus betreut hatten, waren auch nicht gerade mitfühlend gewesen. Hielt man sich nicht an die Regeln, egal aus welchen Gründen, wurde man mit eisigem Wasser abgeduscht, musste auf sein Essen verzichten oder es setzte gar Schläge. Diese Frauen hatten kein Erbarmen gekannt. Sogar die kleinen Mädchen in den Kinderheimen, mit denen er versucht hatte Freundschaft zu schließen, waren immerzu nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht gewesen. Lange Zeit hatte er deswegen von einer festen Beziehung nichts wissen wollen. Natürlich war er seinen sexuellen Bedürfnissen nachgegangen, aber selbst dabei hatte er schlechte Erfahrungen mit Frauen gesammelt. Unzählige von seinen zahlreichen Affären waren verheiratete Frauen oder Freundinnen in festen Beziehungen gewesen.

      Schließlich hatte er in Violett, die erste ehrliche, liebenswerte Frau gefunden, die er heiraten wollte. Das hatte er zumindest gedacht, bis er sie mit seinem Chauffeur, in der Garage, in einer seinen teuren Limousinen, erwischte. Dem Himmel sei Dank hatten sie es in der, mit den Ledersitzen getrieben. Daraufhin hatte sie ihm eröffnet, schwanger von einem dritten, anderen Mann zu sein, denn sie letztendlich heiratete. Violett hatte ihn betrogen, so wie es im Grunde alle Frauen taten, denen er bisher begegnet war. Weswegen sollte er also Mitgefühl mit Elizabeth haben, die ihren Ehemann genauso hinterging oder deren Tochter, die augenscheinlich das gleiche Kaliber wie ihre Mutter war? Nein, er benutzte die Frauen, ebenso, wie sie ihn. Bevor die beiden Damen sich ins Gehege kämen, sollte er das Spiel jedoch wohl besser beenden.

      Während Tim sprach, griff er mit der einen Hand nach Elizabeths Fuß, den er kurz mit dem Daumen streichelte, und entfernte ihn. Er schenkte ihr einen kurzen, aber intensiven Blick, der sie schmunzeln ließ und drückte dann Graces Finger sanft unter dem Tisch, die er allerdings nicht mehr los ließ.

      „Ja, Jordan, das hört sich alles sehr gut an. Dennoch kann keiner von uns wirklich sagen, ob die Nachfrage so hoch bleiben wird.“

      Jordan lachte und seine roten Pausbacken glänzten im Kerzenlicht. „Mein lieber Junge, Sie wissen genauso gut wie ich, dass Wasserhähne und Duschköpfe immer gebraucht werden. Die Verkaufsstatistik ist seit Jahren stabil.“

      Das stimmte was Jordan sagte, aber er musste ja irgendwie den Preis drücken.

      Grace stand auf. „Dad, ich muss Bridget anrufen, das hatte ich ihr versprochen, wir wollen uns morgen treffen. Mr. Bradley es war schön Sie wiederzusehen.“

      Sie strahlte ihren Vater an und bedachte Tim danach mit einem lasziven Blick, der sofort wusste, was sie von ihm erwartete. Nachdem eine angemessene Zeit verstrichen war, entfernte sich Tim mit der Ausrede, die Toilette aufsuchen zu müssen.

      Jordans Villa war riesig, weswegen er hoffte, dass das Ehepaar sich nicht wundern würde, wenn er längere Zeit abwesend wäre. Geschwind huschte Tim durch den Flur, die Treppe hinauf und hörte schon Grace‘ Stimme, die aus einem der Schlafzimmer kam, dessen Tür nur angelehnt war. Natürlich würde sie schon auf ihn warten, halbnackt, wie er vermutete. Gerade als er in das Zimmer treten wollte, hörte er jedoch wie sie seinen Namen aussprach, was ihn wachsam innehalten ließ.

      „… dieser Tim Bradley? Oh, Honey, jetzt spiel nicht verrückt. Wir hatten es doch so geplant … Ich suche mir einen steinreichen Typen, mache ihn heiß auf mich und knöpfe ihm dabei so viel Kohle wie möglich ab … Du weißt, dass mein Vater ein Geizkragen ist, der gibt mir gerade mal ein paar Moneten, dass ich ein bisschen shoppen gehen kann. Die Spielschulden stottere ich mit dem ab, was ich meiner Mutter aus dem Portmonee klaue. Ich kann froh sein, dass Larry mir noch nicht die Beine brechen ließ … Ich liebe doch nur dich, Baby … Bradley ist bloß irgendein alter Geldsack für mich …“

      Tim hatte genug gehört, leise entfernte er sich. Großer Gott, nicht mal er würde so tief sinken und dieses Mädchen wegen Jordans Firma heiraten. Alter Geldsack?! Scheiße, es tat immer wieder aufs Neue weh enttäuscht zu werden. Und abgesehen davon, er kam sich mit siebenundzwanzig verdammt nochmal überhaupt nicht alt vor.

      Als Tim um die Ecke bog, um zur Treppe zu gelangen, stand ihm plötzlich Elizabeth gegenüber. Sofort glitten ihre Finger über sein Hemd. Roter Lippenstift haftete an ihren Zähnen, als sie ihn anlächelte.

      Fantastisch! Die hatte ihm jetzt gerade noch gefehlt.

      „Ah, da sind Sie ja. Ich habe Sie schon überall gesucht“, röhrte die Gastgeberin mit tiefer Stimme. Sie wollte aufreizend klingen, allerdings verfehlte es bei dem jüngeren Mann die gewünschte Wirkung.

      „Ich suchte in der unteren Etage vergebens nach einem Bad.“ Ein charmantes Grinsen legte sich bei dieser Lüge auf Tims Gesicht.

      Elizabeth schien an seiner Aussage nichts Seltsames zu finden, sondern drückte sich an ihn und streichelte mit schwülem Blick seinen Oberkörper weiter. Aber ehe ihre roten Krallen seinen Hosenbund erreichten, zog er diese beiseite.

      Er ertrug diese Weiber einfach nicht mehr länger, er hatte die Schnauze voll von ihnen, und trotzdem durfte diese hier vor ihm nichts von seiner Abneigung bemerken. Es fiel ihm verdammt schwer so zu tun, als ob ...

      Bestechend flüsterte er ihr zu: „Elizabeth, Sie sind eine anbetungswürdige Frau, aber … Leider, so verlockend Sie auch sind, muss ich Ihnen widerstehen. Ich bin in festen Händen und Sie verstehen sicher, dass ich meine Verlobte nicht kurz vor der Hochzeit betrügen möchte.“

      Der Mund, der rothaarigen Frau, verzog sich zu einer Schnute, was die kleinen Falten noch verstärkte, die ihn umsäumten.

      „Oh, Sie enttäuschen mich, Tim. Kein Abenteuer?“

      „Führen Sie mich nicht in Versuchung“, spielte Tim, geistig zähneknirschend, den Fast-Betörten.

      Lächelnd gab sich Elizabeth geschlagen. „Vielleicht nach der Hochzeit,