Ewa A.

Schicksalsnetz - Ein romantischer Episodenroman


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Mietwohnung hatten. Ihr Zuhause lag in einer belebten Straße, die durch das alte Villenviertel führte, in dem bereits einige Häuser luxus-saniert waren. Geschäfte, Firmen, angesagte Cafés und Bars hatten sich hier mittlerweile eingenistet. Sicherlich würde man demnächst ihre Villa renovieren, was ihre Miete steigen lassen würde, die sie dann nicht mehr würden zahlen können. Trotz der schlechten Nachrichten über ihre Infektion, freute sie sich darauf Quaid zu sehen. Leise, um ihn zu überraschen, schloss sie die Wohnungstür auf. Diana staunte. Der schmale Flur war mit brennenden Teelichtern gesäumt, was wundervoll romantisch wirkte.

      Woher hatte Quaid erfahren, dass sie heute Abend nach Hause kam?

      Still, auf Zehenspitzen folgte sie den flackernden Lichtern ins Wohnzimmer. Dort auf dem Tisch brannten ebenfalls Kerzen und eine teure Flasche Sekt mit zwei Gläsern stand bereit. Diana war sprachlos. Quaid war für gewöhnlich immer sparsam, fast schon geizig. Über seine liebevolle Geste musste Diana vor Rührung schmerzhaft lächeln - bis sie das Stöhnen vernahm …

      Ein unverkennbar weibliches Raunen erklang darauf, was aus ihrem Schlafzimmer herrührte. Dianas Herz wollte nicht mehr schlagen und sie spürte einen Brechreiz in sich aufsteigen, der sie wanken ließ. Sie wusste, dass sie es tun musste, aber am liebsten wäre sie einfach wieder gegangen. Sie sagte sich, dass es besser wäre, wenn sie es mit eigenen Augen sehen würde, denn sonst würde sie es später nicht mehr wahrhaben wollen.

      Sie folgte dem Stöhnen zu ihrem Schlafzimmer. Die Tür war einen Spalt geöffnet und gedämpftes Licht schimmerte heraus. Sachte tippte sie die Tür an, die ohne ein Geräusch zur Seite schwang und Diana somit den Blick aufs Bett freimachte.

      Da saß Quaid, nackt in ihrem gemeinsamen Bett, lehnte mit dem Rücken an der Wand und auf seinem Schoß bewegte sich, auf eindeutige Art und Weise, eine unbekleidete Frau. Versunken in ihren Liebesakt, hatte Quaid die Lider niedergeschlagen und befummelte unter tiefem Geröchel die Brüste der fremden Frau. Die Fenster waren verdunkelt und die Kerzen, die Quaid auch hier angezündet hatte, warfen die Schatten ihrer Körper an die Wand.

      Diana war wie zu Eis erstarrt und wollte ihren Augen nicht trauen. Bestimmt hatte sie nur Halluzinationen. Das konnte einfach nicht sein, das durfte nicht sein. Ihr war, als würde ihr verwundetes Herz von einer scharfen Klinge durchbohrt werden. Stich für Stich spürte sie die Pein. Und dann hörte sie im Geiste den Arzt aus dem Krankenhaus sagen, in einem Echo widerhallend, das wie ein Ping-Pong-Ball in ihrem Kopf hin und her prallte: ‚…übertragen durch Geschlechtsverkehr… innerhalb der letzten Wochen angesteckt…‘

      Wo war die Luft auf einmal hin? Sie bekam keine Luft mehr.

      Ein gequältes Aufatmen, das Diana entwich, ließ Quaids Augen öffnen. Erst ein zweiter Blick auf seine schockierte Freundin machte ihm klar, dass er nicht träumte. Und dann sagte er tatsächlich das, was keine Frau in so einem Moment hören will und Diana die Flucht ergreifen ließ.

      „Diana?! Es ist nicht so, wie es aussieht…“

      Tränen flossen auf einmal wieder über ihre Wangen, obwohl Diana gedacht hatte, dass da keine mehr in ihren Augen wären. Blind vor Schmerz und Wut rannte die junge Frau hinaus. Hinaus aus der Wohnung, hinaus aus dem Haus auf die Straße. Rannte und rannte, bis sie ihrem Impuls folgend in eine volle Bar stürmte, um sich in der Menschenmenge zu verstecken.

      Natürlich würde er ihr nachlaufen und sie suchen, aber sie wollte von ihm nicht gefunden werden. Und in dieser Bar, ein paar Häuser weiter, wo nur reiche Snobs verkehrten, würde er sie nicht vermuten.

      Noch immer hatte Diana ihre Reisetasche in der Hand und schubste unabsichtlich einen großen, schlanken Mann. Dieser hatte ein Smartphone in der Hand, was er daraufhin fast fallen ließ und nach mehrmaligem Auffangen wieder fest in den Griff bekam. Eine dunkle Schönheit saß am Tisch vor ihm, mit der er sich gerade unterhalten hatte.

      „Oh, entschuldigen Sie, das war keine Absicht", stammelte Diana verstört und suchte mit wirrem Blick ein freies Plätzchen, wo sie sich niederlassen konnte.

      Die hübsche Frau musterte Diana besorgt. „Nichts passiert. Geht es Ihnen gut?“

      „Ja, ja, alles bestens, danke“, wiegelte Diana nervös ab und ging weiter, wobei sie andauernd zur Eingangstür zurückblickte. Weiter hinten in der Kneipe, in einem verborgenen Winkel wurde sie fündig und setzte sich an einen leeren Tisch. Verzagt legte sie ihren Kopf in die zittrigen Hände, um sich zu sammeln. Einige Minuten versuchte Diana Ordnung in ihre Gedanken zu bringen, aber alles was ihr Gehirn fabrizierte, war dieses Bild, wie Quaid eine andere Frau in ihrem Bett liebte.

      „Was kann ich Ihnen zu trinken bringen?“

      Unschlüssig schaute Diana zu dem jungen Mann auf, den sie zuvor angerempelt hatte, der offenbar die Bedienung war.

      Gott sei Dank hatte sie ihre Geldbörse dabei und brauchte sich darum nicht auch noch Sorgen machen. Da ihr Leben jetzt vollends den Bach runtergegangen war, nahm sie keine Rücksicht mehr. Weder auf ihren Körper, der wegen den letzten Strapazen und den Medikamenten eh schon hinüber war, noch auf das wenige Geld, das sie besaß.

      „Bringen Sie mir einen Doppelten von irgendwas, das im Hals brennt.“

      Nickend entfernte sich der Kellner und Diana rieb sich in einer verzweifelten Geste übers Gesicht.

      Ein Gutes hatte die Trennung von Quaid, das Geld, das sie verdiente, würde von nun an nur noch ihr gehören. Die letzten vergangenen sechs Jahre hatte er nämlich auf ihre Kosten gelebt, sie ausgesaugt bis auf den letzten Tropfen. Sie hatte tagsüber bedient und abends zusätzlich noch in einer Wäscherei geschuftet, um die Kohle zusammen zu bringen, die sie brauchten. Quaid hatte studiert, er musste ja angeblich so viel lernen, dass er keine Zeit zum Arbeiten hatte. Ab und zu, wenn es ihr zu viel geworden war und sie sich beschwert hatte, jobbte er für eine kurze Zeit. Seltsamerweise gab es aber immer Probleme und er konnte nicht mehr weiterarbeiten. Entweder entließen die Arbeitgeber Quaid, sie bezahlten ihn nicht oder er bekam körperliche Beschwerden von dem jeweiligen Job, oder, oder, oder … Die Liste der Gründe, weswegen er nicht arbeiten gehen konnte, wurde endlos.

      Diana war jedoch gern arbeiten gegangen, weil sie Quaid liebte. Schon immer. Und der Gedanke daran, dass jeder Arbeitstag, der verging, Quaids Prüfungen und sie ihrer Zukunft als Zahnarztgattin näher bringen würde, ließ sie durchhalten. Nach alldem, was Diana für Quaid aufgegeben und mit ihm durchgestanden hatte, war dies das logische und ersehnte Ziel von ihr gewesen. Sie hatte Quaid auf dem College kennengelernt und gemeinsam beschlossen sie, dass er studieren sollte, während sie arbeitete. Wenn er sein Studium beendet hätte, könnte sie dann endlich Mode-Design studieren, was ihr langersehnter Wunschtraum war.

      Nie im Leben wäre sie darauf gekommen, dass Quaid sie betrügen würde. Doch er hatte es getan und nicht mal ihre Schwangerschaft hatte ihn davon abgehalten. Dass er sie nicht liebte, oder nicht mehr, stand nach diesem Verhalten außer Frage.

      Dianas heile Welt hatte sich aufgeräufelt, wie ein gestrickter Schal, von dem jetzt nur noch ein gekräuselter Faden übrig geblieben war. Sie hatte gedacht, dass solche Männer wie ihr Vater, der ihre Mutter geschlagen hatte, eine Ausnahme wären. Diana hatte geglaubt, dass ihr Vater nur gewalttätig geworden war, wegen seiner Alkoholsucht, oder seiner Verbitterung, die daher rührte, dass er kein Profisportler werden konnte. Ihr Vater hatte in seiner Jugend Fußball gespielt und stand kurz vor einem Vertrag mit einem bekannten englischen Fußballclub, als der Traum durch eine irreparable Knieverletzung ausgeträumt war. Ihre Mutter, die damals bereits mit ihm zusammen gewesen war, liebte ihn über alles und versuchte ihm über die Enttäuschung seines Lebens hinwegzuhelfen. Doch sie scheiterte. Aus der Enttäuschung ihres Vaters wurde Wut und Zorn auf alles und jeden. Er fing an zu trinken und wenn er nach Hause kam, vermochte nicht mal mehr seine liebende Frau ihn zu beruhigen. Zu Beginn stieß er sie nur von sich, doch aus einem Stoß wurde beim nächsten Mal ein Schlag und irgendwann, als ihm die Schläge keine Genugtuung mehr verschafften, verwendete er seine Fäuste.

      Diana, die von ihrer Mutter zum Schutz im Kinderzimmer eingeschlossen worden war, versteckte sich im Schrank und musste dennoch jeden einzelnen Schlag mitanhören. Das Flehen ihrer Mutter, das Rumpeln, wenn sie zu Boden stürzte, das Klatschen der auftreffenden