war nicht nur die Trennung, die ich auf mich nehmen musste, bis Julia mir nachkäme, sondern auch, dass ich Hals über Kopf umziehen musste. Meine neue Firma macht es mir leichter, indem sie mir ein möbliertes Appartement überlässt, bis ich eine Wohnung gefunden habe. Julia hatte versprochen, mir dabei helfen zu wollen.
Sie hat mich am Wochenende besucht, wir waren auch bei meiner Mutter. Aus Julias Verhalten konnte ich nur schließen, dass ihr die neue Umgebung gefiele, und mit meiner Mutter kam sie offensichtlich gut zurecht. Harmonie pur! Woher der grußlose Aufbruch, woher nur der unverständliche Sinneswandel?
Nun sitze ich seit einer Stunde am Küchentisch, vor mir die dritte Flasche dunkles Hefeweizen und Julias Zettel mit dem verschmähten schlichten Goldring. Alles hat sich gegen mich verschworen, sogar das Weißbier mag mich nicht und ist zu schnell alle. Eine letzte Flasche wartet noch im Kühlschrank. Mein Gang und meine Bewegungen sind unsicher, meiner Verfassung angemessen. Beim Einschenken stoße ich mit dem Flaschenboden Ring und Zettel vom Tisch. Ein Malheur mehr, aber nur ein kleines.
Den Ring hebe ich schnell auf, an den Zettel komme ich nicht so leicht heran. Er ist halb unter meinen Stuhl geflattert und liegt mit dem »I´m sorry!« nach unten.
Als ich mich danach recke, lacht mich ein Smiley an, und ich lese:
»Schatz, Du schläfst so fest, da will ich Dich nicht wecken. Aber ich muss los.
Den Ring gib bitte Deiner Mutter zurück. Als ich gestern bei ihr im Bad war, habe ich ganz in Gedanken ihren Ehering von der Konsole über dem Waschbecken genommen und angesteckt.
Ich liebe Dich.
Julia«.
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»Abserviert«, mein allererster Beitrag zum Schreibwettbewerb des Schreiblustverlags. Das folgende Foto sollte zur Geschichte inspirieren.
© Foto: Schreiblustverlag
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Szenen einer Ehe – eher eine Szene!
»Ich liebe dich nicht mehr.«
»Warum sollte es dir besser gehen als mir?« entgegnete ich. Ich legte eine Menge Emotion in meine Stimme. Auf dieses Gespräch mit ihr hatte ich mich vorbereitet, ich wusste, dass es kommen würde. Kommen musste.
»Du hast mich nie ernst genommen, hast meine Bedürfnisse ignoriert! Für dich war ich nur gut genug zum Putzen und Waschen.«
»Naja, da war noch ´was anderes«, warf ich ein. Kaum war die Entgegnung über meine Lippen geflossen, bereute ich sie. Ich hatte sie anders gemeint! Innerlich zuckte ich zusammen, sah die moralische Gewitterwolke meinen ganzen Horizont ausfüllen. Prompt erntete ich den Kommentar, den - so schien es mir – jede sexuell frustrierte Ehefrau loswerden musste.
»Der Spruch musste ja kommen, du Pascha. Ihr denkt auch immer nur an das Eine! Und? Was kommt dann? Nur heiße Luft!«
»Stimmt doch gar nicht! Es war echte Liebe, aber im Lauf der Zeit …«
»Etwas Besseres fällt dir auch nicht ein. Wenn du mir wenigstens nur ab und zu geholfen hättest. Aber nein, du hattest nur deine Arbeit im Sinn, deine Geschäftsreisen, hast mich und die Kinder vernachlässigt …«
Die Pause war nur kurz, dann wusste ich, was ich zu antworten hatte.
»Ich hab´s für uns getan. Von nichts kommt nichts.«
»Ach, und meine Arbeit zählt wieder nicht! Ich rackere mich im Haushalt ab von früh bis spät, habe kein Wochenende, keinen Feiertag, keinen Urlaub. Wenn du heimkommest, legst du nur die Füße hoch, erwartest, dass ich dich frage, wie dein Tag war. Wer zum Teufel fragt mich, wie mein Tag war?« Ihre Stimme schwoll ein paar Dezibel an. »Du meinst auch, bloß weil du das Geld heimbringst, …«
»So ist das nicht«, fiel ich ihr ins Wort, »auch wenn ich meine Arbeit nicht gegen deine tauschen möchte, so erkenne ich deine doch an.«
»Und was habe ich davon, tagein, tagaus? Höre ich von dir nur ein einziges Wort der Anerkennung?«
Sie hatte die Fäuste geballt, sie zitterte, ihre Stimme vibrierte. Es war nicht das angenehme Timbre, das ich so lieben gelernt hatte vom ersten Tag an, als wir uns trafen. Aber darauf reagierte ich nicht, es war einfach ihre Stimme, die mich noch immer erregte. Mein Fehler! Als ich meine Gedanken und Sehnsüchte wieder von ihrem Tonfall löste, wusste ich nicht mehr, wie das Gespräch begonnen hatte, das schlechte Gewissen aber blieb. Wie schon so oft. Ich musste mich mehr zusammenreißen! Diesmal ging der Punkt an sie.
Das nächste Streitgespräch ließ nicht lange auf sich warten. Gerade hatten wir noch nebeneinander Hand in Hand auf der Couch gesessen. Nun standen wir uns gegenüber, nach vorn gebeugt, nur der Couchtisch zwischen uns bemühte sich als stummer Schiedsrichter darum, dass der Disput wenigstens einigen Regeln der Vernunft und des Anstands zu gehorchen hatte. Das leidige Thema war der Urlaub im Tessin, im Ferienhäuschen mit dem kleinen Garten, einem Handtuch von Grundstück.
»Nicht einen Finger hast du gerührt! Wenn wir ankommen, räumst du gerade noch das Auto aus. Ist klar, wenn der Wagen erst mal in der Garage steht, kommst du nicht mehr an den Kofferraum. Aber danach …? Ich darf zuerst eine Grundreinigung durchführen, weil das Haus ein halbes Jahr leer stand, während du auf der Terrasse beim Bier eine rauchst und dann im Bett verschwindest. Ja, du hattest ja auch fahren müssen. Aber am nächsten Morgen verlangst du frische Brötchen vom Bäcker, ein geputztes Bad und sämtliche Gartenmöbel auf der Terrasse.«
»Ich habe nie gefordert, dass du das alles in der ersten Nacht herrichtest. Schließlich haben wir fast vier Wochen Urlaub da verbracht.«
»Du hättest ja auch mal zugreifen können! Du weißt auch, wie schwer es mir fällt mit dem alten Rasenmäher.«
»Ja, und am zweiten Tag sollte ich die Hecke schneiden. Das hätte auch Zeit gehabt in den vier Wochen.«
»Wenn´s zu Beginn gemacht wird, haben wir es halt die ganze Zeit schön.«
»Du weißt, wie dringend ich Entspannung gebraucht habe! Immerhin bin ich zehn Monate im Jahr fünf Tage die Woche zwischen zehn und zwölf Stunden von zu Hause fort, während du dir deinen Tag einteilen kannst und deinen Arbeitsplatz gestaltest, wie du ihn möchtest. Während ich fremdgesteuert bin!«
» …?«
Dieser Punkt ging eindeutig an mich.
Das nächste Mal hatte sie mich mundtot gemacht nach nur zwölf Sekunden: »Du hast keine Argumente, du hast nur Ausreden!«
K.O. in der ersten Runde.
Noch einige solche Dispute folgten in der nächsten Zeit. Anfangs mit wechselndem Ergebnis. Dann wurde sie immer stärker, fuhr Themen und Argumente auf, denen ich immer weniger entgegenzusetzen hatte. Sie wurde ruhiger, rationaler, während mich ihre zunehmende Sachlichkeit jedes Mal mehr zur Weißglut brachte. Manchmal wiederholten wir uns. Szenen einer Ehe eben. Dort wird auch nicht alles nur ein einziges Mal aufgetischt, dieselbe schmutzige Wäsche wird mehrmals gewaschen. Sie wurde immer sicherer. Bald hatte sie mich eingeholt. Überflügelt will ich nicht sagen. Oder nicht zugeben.
Und dann:
»Du, danke für deinen Rhetorikunterricht! Du bist ein wirklicher Freund.«
Hannelores Kuss war mehr als gehaucht, er war leidenschaftlich. Genauso leidenschaftlich gab ich ihn zurück. Ich hatte mich lange danach gesehnt.
Mit Hilfe unserer Rollenspiele und ihrem daran gewachsenen Selbstbewusstsein hat sie es geschafft, nicht nur die Scheidung einzureichen und, dem Zerrüttungsprinzip folgend, durchzustehen, sondern sich auch ein übergroßes Stück vom Kuchen der Zugewinngemeinschaft abzuschneiden.
Hannelore und Herbert kannte ich schon lange. Obwohl ich mitgeholfen hatte, ihn zu übervorteilen,