Danny Morgenstern

James Bond für Besserwisser


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hatten, hatten erzählt, dass kurz vor dem Ende eine Zeit von Wärme und Mattigkeit kam, die zu einer Art sexuellem Zwielicht führten, in dem der Schmerz zu einer Wonne und die Angst vor den Peinigern zu einer masochistischen Verwirrung wurden.

      Und er hatte gehört, dass es der letzte Beweis von Willensstärke war, diese Form der Trunkenheit nicht zu zeigen. Man nahm nämlich an, dass die Peiniger sonst den Gefolterten sofort umbrächten oder ihn so weit wieder zu sich kommen ließen, bis seine Nerven die andere Seite der Parabel409 wieder heruntergekrochen waren.“410

      Die Folterszene in diesem Buch lässt Bond streckenweise wie jemanden erscheinen, der keinerlei menschliche Gefühle hat.411 So gelang es zu zeigen, wie Bond zu dem wurde, den wir in „Ein Quantum Trost“ (2008) sehen. In Bonds Leben sind Folter und Schmerzen an der Tagesordnung; und solange es Nachfolger von Goldfinger, Graves und Grant gibt, wird auch das Foltern ein Bestandteil der 007-Filme und -Romane bleiben. Guy Hamilton äußerte dazu: „Ein Bond ist immer nur so gut wie seine Schurken.“

      10) Der tanzende Agent

      Dreimal schwang James Bond in den Filmen das Tanzbein. In „Feuerball“ (1965) nicht ganz so professionell, dafür rettet es ihm zumindest einmal das Leben.

      Nachdem Domino klar und deutlich gesagt hat, dass sie tanzen möchte, fordert er sie auf und beide tanzen langsam zum Lied „Café Martinique“. Domino meint, man könne Bond nicht mit Largo vergleichen: „Das fühle ich, wie Sie mich halten.“

      Auf dem Soundtrack zum Film „Thunderball“ (1965) (der von Countrylegende Johnny Cash412 geschriebene Haupttitel wurde von den Filmproduzenten abgelehnt) findet man als Lied Nr. 8 John Barrys „Death of Fiona“. James Bond versucht, auf der Flucht vor seinen Feinden auf einer Party unterzutauchen, und fordert an der Bar eine Frau auf, mit der er mit recht abwesendem Gesichtsausdruck tanzt. Fiona Volpe entdeckt 007 und klatscht ab. Bond hat nun seine Gegnerin im Arm und versucht, der tödlichen Situation zu entkommen. Die Tanzschritte sind eher Nebensache. James Bond sieht eine Waffe, die durch einen Vorhang geschoben wird und die auf ihn zielt. Er passt den Moment exakt ab und wirbelt Fiona Volpe herum. Die Kugel, die ihm galt, trifft Volpe in die Wirbelsäule. Sie ist sofort tot. Bond bricht den Tanz ab und setzt seine leblose Partnerin an einen Tisch, an dem schon andere Partybesucher sitzen, und meint lässig: „Darf ich meine Freundin hier hinsetzen? Sie belästigt Sie nicht, sie ist nämlich tot.“

      Nachdem die Choreographie in „Feuerball“ (1965) wirklich nicht erwähnenswert ist, da es nicht einmal eine festgelegte Schrittfolge gab, wurde für „Sag niemals nie“ (1983) eine einstudiert.

      In dem „Feuerball“-Remake gewinnt James Bond gegen Maximilian Largo (Klaus Maria Brandauer) beim Spiel „Domination“ 267.000 Dollar und tauscht sie gegen einen Tanz mit Domino Petachi ein, der teuerste Tango der Filmgeschichte. Sean Connery und Kim Basinger lernten für die Filmaufnahmen tatsächlich Tango.

      Während des Tanzes macht 007 Domino klar, dass Largo ein Schurke ist und ihren Bruder hat umbringen lassen. (Choreographie: Siehe unter „Tango to the Death“ im Anhang).

      Die Tanzszene kam beim Kinopublikum sehr gut an, doch war dies bisher das letzte Mal, dass man James Bond tanzen sehen konnte.

      Filmagent Harry Tasker, gespielt von Arnold Schwarzenegger, der sich im Bond-Ableger „True Lies“ mit dem Abschaum der Menschheit herumschlagen musste, zeigte ebenfalls, über welche tänzerischen Qualitäten ein Geheimagent im Einsatz verfügen kann. Tasker tanzt zur Ablenkung, genau wie Bond, einen Tango, auch wenn die Elemente darin eher auf Tango Argentino hindeuten. Es war bisher die beste Tanzszene in einem Agentenfilm und mit großer Wahrscheinlichkeit von Bonds Einlage in „Sag niemals nie“ (1983) inspiriert. Am Ende von „True Lies“ durfte Tasker noch einmal mit seiner Frau (Jamie Lee Curtis413) zum selben Lied tanzen, und Schwarzenegger macht hierbei eine erstaunlich gute Figur. Nach diesen beiden Filmen waren zahlreiche Tanzszenen in Bond-Parodien zu sehen. So tanzte Bill Murray414 in „Agent Null Null Nix“ („The Man Who Knew Too Little“) (1997) und Steve Carell415 als Maxwell Smart in „Get Smart“ (2008). Auch Leslie Nielsen416 tanzte in „Agent 00 - Mit der Lizenz zum Totlachen“ („Spy Hard“) (1996).

      Für die Deutsche Meisterschaft im Kürtanzen im Jahre 2006 entwarf sich der amtierende deutsche Vizemeister Marcus Weiß417 eine James-Bond-Tanzkür. Zusammen mit seiner Tanzpartnerin und Lebensgefährtin Isabel Edvardsson418, die die erste Staffel der RTL-Show „Let's Dance“419 gewonnen hatte, hörte er alle Soundtracks der Filme und übertrug Oliver Wessel-Therhorn420 den Tonschnitt und das Mischen der Elemente für die Tanzchoreographie.

      Wessel-Therhorn schuf eine Zusammenstellung aus dem James-Bond-Thema, „From Russia with Love“, „Mr. Kiss Kiss Bang Bang“, „Let's go get 'EM“ aus „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974), dem Titelthema aus „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ (1969) und „Getting the Bullet“ aus „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974).

      [no image in epub file]Isabel Edvardsson und Autor Danny Morgenstern bei der Skyfall-Premiere in Berlin; Foto © Martin Funke

      Zu den verwendeten Textpassagen gehören das typische Zitat „Bond, James Bond“ ebenso wie „Licence to kill“, ein Dialog zwischen Mai Lei und James Bond aus dem Film „Goldfinger“ (1964), „I'll have to leave immediatley“ aus „James Bond 007 jagt Dr. No“ (1962) sowie „Oh James.“ und „Well, almost immediately.“

      Dieser Zusammenschnitt aus Musik, Text und Geräuschen, der 3 Minuten und 49 Sekunden dauert, wurde von Weiss und Edvardsson erfolgreich vertanzt. Sie gewannen damit 2006 die Deutsche Meisterschaft im Kürtanzen in der Braunschweiger Stadthalle.

      Aber man kann mit 007 auch tänzerisch verlieren: Bei der ersten Ausgabe des Eurovision Dance Contest am 1. September 2007 in London erreichten Camilla Dallerup und Brendan Cole, die im Bereich Freestyle ein Medley vom „James Bond Theme“ (Moby) und den Song „Diamonds Are Forever“ (Shirley Bassey) vertanzten, mit 18 Punkten nur den 15. Platz von 16 teilnehmenden Ländern. Das Paar hatte bereits an allen Staffeln der Sendung „Strictly Come Dancing“ - dem englischen Vorläufer von „Let's Dance“ teilgenommen, sie starteten für Großbritannien.

      Nicht nur Tänzer waren mit James-Bond-Musik erfolgreich: Der französische Eiskunstläufer Brian Joubert421 wurde in der Saison 2006/07 nicht nur mehrfach Erster bei den Grands Prix, sondern gewann auch den Europameister- und Weltmeistertitel. Jouberts Kurzprogramm war hier „James Bond: Die Another Day“.

      Auch in Ian Flemings „Live and Let Die“ ist Tanz ein Thema. Nach einem Besuch im Restaurant „Ma Frazier's“ nehmen sich Bond und Leiter ein Taxi zum „Savoy Ballroom“.

      „By the time they left the restaurant it was ten-thirty and the Avenue was almost deserted. They took a cab to the Savoy Ballroom, had a Scotch-and-soda, and watched the dancers.

      „Most modern dances were invented here,“ said Leiter. „That's how good it is. The Lindy Hop, Truckin', the Susie Q, the Shag. All started on that floor. Every big American band you've ever heard of is proud that it once played here - Duke Ellington422, Louis Armstrong423, Cab Calloway424, Noble Sissle425, Fletcher Henderson426. It's the Mecca of jazz and jive427.'

      They had a table near the rail round the huge floor. Bond was spellbound. He found many of the girls very beautiful. The music hammered its way into his pulse until he almost forgot what he was there for.“

      In Raymond Bensons Buch „Countdown!“ steht das Wort „Tanz“ als Synonym für „Sex“. James Bond trifft in einem Nachtclub auf das Animiermädchen Sunni Pei: „Sie beugte sich zu ihm. „Und ich würde gern sehen, was Sie in der Hose haben, James“, flüsterte sie ihm ins Ohr.

      Eine plumpe Aufforderung, für Frauen dieser Art typisch. Aber als sie es sagte, erregte es Bond aus irgendeinem Grund.“

      Benson beschreibt den nun folgenden Striptanz:

      „Rhythmische