Harley Barker

Love and Crime


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Monat mehr verdient, als ich in einem halben Jahr. Und diese Überheblichkeit merkt man manchmal bei ihr im Ansatz. Allerdings hat sie es noch nie Katie oder mir gegenüber raus hängenlassen. Zumindest hat meine Freunde bis jetzt noch nichts in diese Richtung verlauten lassen.

      Mir ist klar, dass man Gefühle besser für sich behält, wenn die Familie soviel Geld besitzt. Allerdings hat das zur Folge, dass ich sie nicht richtig einschätzen kann und deswegen nicht weiß, ob sie mich wirklich mag, oder einfach nur eine gute Schauspielerin ist. Und eigentlich würde ich das schon gerne wissen.

      Doch jetzt lasse ich mir davon nichts anmerken, sondern begrüße auch Jessica.

      „Schade, dass wir uns erst jetzt treffen können. Aber ich war die ersten zwei Wochen nur auf der Arbeit und musste für einen geschäftlichen Termin nach Washington.“

      Jessica ist Reporterin. Katie hat erwähnt, dass sie die letzten Wochen wegen eines Prozesses in Washington war, bei dem es um Mord ging. Diese Verhandlung dauerte eine Ewigkeit, sodass alle beinahe erleichtert aufgeatmet haben, als das Urteil bekannt gegeben wurde. Natürlich waren allerhand Medien vor Ort, um nichts zu verpassen. Und da sie als Auswärts-Journalistin für eine Zeitung in Miami arbeitet, wurde sie geschickt.

       „Überhaupt kein Problem“, winke ich ab.

       „Dann kommt“, entscheidet Caroline und entfernt sich bereits einige Schritte, bevor sie sich zu uns umdreht und wartet.

       Die nächsten Stunden machen wir die Stadt unsicher. Während ich noch immer Ausschau nach einer neuen Hose halte, haben meine Freundinnen die Hände voll mit Tüten aus diversen Geschäften. Im letzten Geschäft finde ich endlich eine, die ich direkt gegen meine dreckige eintauschen kann. Doch eigentlich wäre es jetzt auch schon egal. Schließlich bin ich so ja schon durch sämtliche Geschäfte gelaufen, die sich in der Innenstadt befinden.

       Nicht zum ersten Mal verfluche ich die Tatsache, dass ich in jedes Fettnäpfchen trete, das ich finden kann.

       „Du hast ja überhaupt nichts gekauft“, stellt Caroline fest, als wir uns voneinander verabschieden.

       „Ich habe nichts gefunden, was ich schön finde.“ Das ist nicht einmal gelogen. Allerdings behalte ich für mich, dass ich auch nicht wirklich danach Ausschau gehalten habe, da ich auf der Suche nach einer Hose oder einem Rock war.

       „Ich hoffe, dass wir uns bald wiedersehen“, erklärt Jessica und schließt mich noch einmal in die Arme.

       Ich mag ihre herzliche Art, die sie immer an den Tag legt. Sie bezieht einen jederzeit überall mit ein, dass man sich nicht einmal überflüssig fühlen kann, wenn man mit seinen Gedanken eigentlich ganz woanders ist. Außerdem glaube ich, dass es nichts gibt, was ihr die schlechte Laune verderben kann.

       „Das werden wir bestimmt“, pflichte ich ihr bei.

       Nachdem auch Katie sich von ihren Freundinnen verabschiedet hat, machen wir uns auf den Weg zurück nach Hause. Das Gute an Tarpon Springs ist, dass man meistens kein Auto braucht. Dies hat aber auch zur Folge, dass ich mir noch immer keinen Wagen gekauft habe und den von meiner Stiefmutter nehmen muss, sobald ich mal einen brauche. Allerdings klappt das nicht immer, da sie ihn auch öfters benötigt.

       „Hast du dir schon ein paar Wohnungen angesehen?“, erkundigt sich Katie, als wir vor dem Haus meiner Eltern stehen bleiben.

       Nachdenklich blickt sie hoch zu dem Fenster, hinter dem sich mein Schlafzimmer befindet.

       „Bis jetzt hatte ich noch keine Zeit. Entweder bin ich den ganzen Tag auf der Arbeit oder ich bin mit dir unterwegs. Aber noch geht es. So habe ich wenigstens Zeit, um meine Ersparnisse zu vergrößern, sodass ich mir direkt alle Möbel kaufen kann. Ich habe in Deutschland soviel zur Seite gelegt, wie es ging. Aber sind wir doch mal ehrlich. Die Ausstattung für die erste eigene Wohnung kann man nicht gerade als günstig bezeichnen.“

       Ich zucke mit den Schultern, sodass Katie lachen muss.

       „Sollten deine Eltern dir zu viel werden, kannst du auf jeden Fall jederzeit bei mir übernachten. Ich würde mich freuen. Wir könnten eine Pyjamaparty machen.“

       Mit diesen Worten zieht sie mich an sich für eine Umarmung.

       „Ich muss mich jetzt auch auf den Weg machen. Meine Eltern warten bereits auf mich.“

       „Bestell ihnen schöne Grüße von mir.“

       Ein letztes Mal winke ich ihr noch zu, bevor ich in dem Inneren verschwinde. Dort schaue ich mich einmal um und seufze leise.

       Mir ist klar, dass die meisten in meinem Alter bereits eine eigene Wohnung haben. Deswegen ist es mir in den letzten Wochen mehrmals passiert, dass die Leute mich verständnislos angesehen haben, wenn sie erfahren haben, dass ich noch in meinem alten Kinderzimmer wohne. Doch für mich ist es die beste Lösung und meine Eltern haben auch kein Problem damit. Ganz im Gegenteil: Mein Vater freut sich darüber, dass sein kleines Mädchen bei ihm wohnt.

       Deswegen sehe ich keinen Grund, auf Würgen und Brechen etwas an dieser Situation zu ändern.

      2

       Müde schleppe ich mich am nächsten Tag ins Badezimmer. Ich habe eindeutig zu wenig in der letzten Nacht geschlafen. In den letzten Wochen hatte ich es immer mehr geschafft, Zane aus meinem Kopf, beziehungsweise aus meinen Träumen, in die er mich teilweise verfolgt hat, zu bekommen. Doch dank meiner Unterhaltung gestern mit Katie war das nun nicht mehr der Fall.

       Als wäre es erst gestern gewesen, dass ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hatte ich sein Gesicht lebhaft vor Augen. An jedes Detail, jedes schiefes Grinsen und jedes freche Funkeln konnte ich mich erinnern. Auch, wenn ich das überhaupt nicht will. Allerdings erscheint er mir so, als hätte ich in diesem Fall kein Mitspracherecht.

       Seufzend lasse ich meine Schultern kreisen, um die verspannten Muskeln zu lösen. Ohne auf die Wassertemperatur zu achten, ziehe ich meine Klamotten aus und stelle mich unter das fließende Wasser. In der nächsten Sekunde reiße ich jedoch erschrocken die Augen auf und gebe einen viel zu hohen Ton von mir, der in den Ohren weh tut. Schnell greife ich nach dem Regler und stelle das Wasser wärmer. Allerdings dauert es einige Sekunden, bis die Temperatur auch wirklich steigt.

       Auf jeden Fall bin ich jetzt wach, denke ich zähneknirschend. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich auf diesen Wecker gut hätte verzichten können.

       Schnell wasche ich mich, greife nach dem Handtuch und wickle es mir um den Körper.

       Nachdem ich mir ein knielanges Sommerkleid angezogen habe, gehe ich nach unten, wo bereits meine Stiefmutter in der Küche steht. Mit einem erwartungsvollen Gesichtsausdruck gießt sie mir Kaffee ein und reicht mir die Tasse.

       „Guten Morgen, Sonnenschein“, begrüßt sie mich mit guter Laune.

       „Hi“, gebe ich zurück. Dabei betrachte ich sie skeptisch. Ein wenig kommt sie mir so vor, als würde sie mir etwas mitteilen wollen, aber nicht wissen, wie sie das am besten angehen soll.

       „Ist etwas passiert?“, erkundige ich mich, als sie auch nach ein paar Sekunden keine Anstalten gemacht hat, um etwas von sich zu geben.

       „Myles hat gestern angerufen. Er würde gerne für ein paar Tage vorbeikommen und Zeit mit uns verbringen, da er gehört hat, dass du nun hier lebst. Er ist beruflich in der Nähe, da bietet es sich an.“

       Noch während sie spricht bekomme ich große Augen und verschlucke mich beinahe an meinem heißen Getränk. Myles ist der Sohn ihrer Schwester und so gesehen mein Cousin. Ich kann aber nicht gerade behaupten, dass ich mich gut mit ihm verstehe. Für einen Außenstehenden, der ihn nur zwei oder drei Stunden sieht, ist er ja vielleicht ganz nett. Ich finde ihn allerdings nervig. Und das behalte ich meistens auch nicht für mich, was dafür gesorgt hat, dass wir das eine oder andere Mal bereits aneinander geraten sind.

       Er ist ein Besserwisser. Ich sage etwas und er korrigiert mich. Dabei ist es egal, worum es geht. Ich frage meinen Vater etwas, er antwortet mir. Irgendwann geht einem