Harley Barker

Love and Crime


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nur.

       „Heute schon. Ich weiß, ihr versteht euch nicht so gut. Eure kleinen Meinungsverschiedenheiten habe ich mitbekommen. Doch er freut sich wirklich, dass du diesen Schritt gegangen bist. Deswegen wollte ich es dir vorher sagen, auch wenn er der Meinung war, dass es ein Überraschungsbesuch werden soll. Du brauchst es ihm ja nicht verraten, dass du es schon wusstest.“

       „So kann man das wahrscheinlich auch sagen“, erwidere ich und denke dabei an den lauten Streit, den wir geführt haben, als wir uns das letzte Mal gesehen haben.

       Er hat mich als eine überhebliche Zicke betitelt und ich ihn als einen eingebildeten Schnösel. Und dabei ging es nur darum, dass ich in seinen Augen das Auto meines Vaters weiter an den Zaun hätte stellen sollen, obwohl seiner super daneben gepasst hat.

       „Aber ich weiß ja, dass du eh den ganzen Tag auf der Arbeit bist und danach triffst du dich meistens mit Katie. Daher gehe ich davon aus, dass es dieses Mal keine Reibereien zwischen euch geben wird.“

       Mit einem beinahe hoffnungsvollen Blick sieht sie mich an. Ich weiß, dass es nicht leicht für sie ist. In gewisser Weise steht sie jedes Mal zwischen den Fronten. Deswegen nehme ich mir vor, dass ich mich dieses Mal zurückhalten werde. Und ich kann nur hoffen, dass er das ebenfalls machen wird.

       „Ich gebe mir Mühe.“

       Einen Moment betrachtet sie mich, als würde sie sicher gehen wollen, dass ich es auch wirklich ernst meine. Doch ich lächle sie an und hoffe, dass ich so sämtliche Bedenken zur Seite wischen kann.

       „Es wäre schön, wenn du zum Essen hier bist.“

       Vorsichtig sieht sie mich an.

       Auch wenn ich eigentlich keine Lust habe und auch definitiv kein gutes Gefühl dabei, nicke ich und signalisiere ihr so, dass ich hier sein werde.

       „Danke“, raunt sie mir noch zu, bevor sie verschwindet und mich alleine lässt.

       Noch beschissener kann ein Tag nicht starten, als mit dieser Nachricht. Und ja, ich verbuche es definitiv als ein Fettnäpfchen, dass ich überhaupt einen Abend mit ihm verbringen muss.

       Ich kenne keine Person, die so arrogant ist wie er. Er hört nicht auf damit anzugeben, was er alles beruflich erreicht hat. Dabei ist er nichts anderes als ein Staubsaugervertreter, nur für Autoteile.

       Aber vielleicht wird der Abend ja nicht ganz so schlimm, wie ich denke, schießt es mir von einer Sekunde auf die nächste durch den Kopf. Und genau das ist die Hoffnung, an der ich mich den restlichen Tag festhalten werde.

       Mit einem genervten Seufzen leere ich meine Tasse und stelle sie in den Geschirrspüler. Dann greife ich nach meiner Tasche und mache mich auf den Weg zur Arbeit. Allerdings kann ich nicht gerade behaupten, dass ich mich nun darauf freue. Die Nachricht, dass ich hier heute Abend mit ihm sitzen werde, hat mir doch ziemlich die Laune verdorben.

       Schon von außen kann ich erkennen, dass reges Treiben in dem Haarsalon, in dem ich als Friseurin arbeite, herrscht. Aber wundern tut es mich nicht. Die halbe Belegschaft ist im Urlaub und es wurde die gleiche Menge an Kunden angenommen, wie sonst auch. Außerdem gehört es zu einem der besten Salons in der Stadt.

       Während ich in den Aufenthaltsraum gehe, um meine Tasche in meinen Spind zu legen, werde ich von den wenigen Kollegen begrüßt, die sich noch hier befinden. Ein Teil von ihnen wird nächste Woche in den Urlaub gehen und der restliche, zu dem ich auch gehöre, erst übernächste.

       „Du kümmerst dich heute bitte um Misses Miller. Sie ist eine neue Kundin und scheint nicht so genau zu wissen, was sie eigentlich möchte. Sie scheint ziemlich unentschlossen zu sein. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, hat sie mehrere Ideen. Es kann also sein, dass sie noch ein wenig braucht, bis sie sich für Farbe und Schnitt entschieden hat“, erklärt mir Cindy.

       Mit einem Nicken deutet sie in die entsprechende Richtung. Auf dem Stuhl kann ich eine ältere Frau entdecken, die nachdenklichen die Farbproben betrachtet und sich Bilder von verschiedenen Schnitten ansieht.

       „Ich habe aber schon einiges von ihr gehört. Wenn es stimmt, dann soll sie sehr rüstig für ihr Alter sein.“ Sie wackelt mit den Augenbrauen, was mich zum Lachen bringt.

       „Danke“, murmle ich leise vor mir hin und mache mich auf den Weg zu meiner ersten Kundin heute.

       „Guten Tag, Misses Miller. Ich bin Harley“, begrüße ich sie und stelle mich gleichzeitig vor.

       „Harley? Wie sind Sie denn zu diesem außergewöhnlichen Namen gekommen?“ Fragend zieht sie die Augenbrauen zusammen.

       „Mein Vater wollte immer eine Harley haben und ist meiner Mutter damit ständig auf die Nerven gegangen. Diese hat es ihm verboten und deswegen habe ich diesen Namen bekommen. Man kann also sagen, dass es eine Art Kompromiss zwischen ihnen war“, erkläre ich ihr schnell.

       Ihr leises Lachen ertönt. Es lässt sie sympathisch wirken. Ein wenig erinnert sie mich an meine Großmutter, die leider viel zu früh verstorben ist. Sie war genauso offen und für jeden Scherz zu haben. Und auch wenn ich Misses Miller noch nicht so lange kenne, bin ich mir sicher, dass sie auch so ist.

       „Ich muss zugeben, dass das wirklich gut ist. Sowas habe ich auch noch nie gehört.“

       „Meine Mutter hatte ihm den Vorschlag gemacht, damit er nicht mehr so sauer ist. Er kann wie ein kleines Kind schmollen.“

       Ich zucke mit den Schultern, da ich nicht so genau weiß, was ich deswegen von mir geben soll. Ich kann ihr ja schlecht auf die Nase binden, dass meine Eltern sich da noch verstanden haben und meine Mutter bereits drei Jahre später mit mir nach Deutschland gegangen ist.

       „Das können alle Männer. Ich war dreimal verheiratet und weiß, wovon ich spreche. Letztes Jahr ist er gestorben und meine Kinder und Enkel wohnen auch nicht hier. Für sie ist die Stadt zu klein. Sie hat es nach Miami und New York verschlagen.“

       „Das tut mir leid“, murmle ich.

       „Muss es nicht“, winkt sie mit einem breiten Strahlen ab. „Ich sehe sie oft genug und gönne es ihnen. Jeder einzelne von ihnen hat es sich hart erarbeitet, dass sie nun das Leben führen können, was sie sich immer vorgestellt haben. Du kannst mich ruhig Dorothy nennen. Misses Miller werde ich nur von meiner Schwiegertochter genannt. Auf diese Weise will sie mir Respekt erweisen. Allerdings bin ich mir bei ihr manchmal nicht so sicher, ob sie überhaupt weiß, was das ist.“

       Dorothy verzieht ein wenig das Gesicht, sodass ich nicht verhindern kann, leise zu lachen. Ich weiß, es ist gemein. Schließlich kenne ich die Frau ihres Sohnes nicht. Doch es ist auch viel mehr die Weise, wie Dorothy es sagt.

       „Was kann ich dir denn gutes tun?“, frage ich sie nun und spiele damit auf ihre neue Frisur an.

       „Ich möchte etwas peppiges. Sagt man das noch so? Ich bin zwar schon sechzig, allerdings gehöre ich noch lange nicht zu den alten Schachteln, die ihre Nachmittage mit den Frauen aus der Nachbarschaft beim Kaffeekränzchen verbringen. Um genau zu sein, will ich das auch nicht. Ich will noch Spaß haben.“ Während sie spricht, kann ich im Spiegel das schelmische Grinsen auf ihren Lippen erkennen, sodass ich lachen muss.

       Ich mag ihre offene Art. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und hat ihre eigene Ansicht des Lebens. Alleine deswegen frage ich mich schon, was sie den ganzen Tag so macht, wenn sie nicht gerade beim Friseur ist. Doch ich werde sie nicht danach fragen, da ich die Befürchtung habe, dass ich damit eindeutig einen Schritt zu weit gehe.

       Ich brauche nicht lange zu überlegen, bis mir etwas einfällt, von dem ich mir sicher bin, dass es ihr gefallen wird.

       „Wie wäre es mit blond mit einem Hauch von rot? Und einem frechen Schnitt?“, frage ich sie und lasse sie über den Spiegel keine Sekunde aus den Augen.

       Deswegen kann ich genau erkennen, wie sie große Augen bekommt, die zu leuchten beginnen.

       „Ich sehe schon, wir verstehen uns.“

       Sie zwinkert mir zu und gibt mir so ihr Einverständnis.