Harley Barker

Love and Crime


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aber auch nicht gehört, dass er eine Freundin hat. Und ich bin mir sicher, dass ich diese Informationen bekommen hätte.

       Doch ich muss zugeben, dass das Abendessen ruhig verlaufen ist. Die Männer waren in ihr Gespräch vertieft, sodass Myles auch überhaupt keine Zeit hatte, einen spitzen Kommentar in meine Richtung fallen zu lassen. Aber vielleicht lag es auch daran, dass beide anwesend waren.

       Da kommt es wahrscheinlich nicht so gut, wenn er mich aufzieht, weil ich noch bei meinen Eltern wohne.

       Um nicht Gefahr zu laufen, dass Monica oder vielleicht sogar Myles mich wieder ins Haus holen, verschwinde ich schnell.

       Es dauert nur zehn Minuten, bis ich die Bar am Strand erreicht habe, in der ich mit Katie, Jessica und Caroline verabredet bin. Im Innenraum sehe ich mich einmal um, wobei ich sie sofort entdecke. Allerdings sind die drei aber auch nicht zu übersehen. Sie haben sich an einen Tisch an der Seite gesetzt, von dem sie einen perfekten Blick auf die Bar haben, die sich an der kompletten gegenüberliegenden Wand erstreckt. Über allen Tischen hängen Leuchten, die nicht zu groß und nicht zu klein sind. Sie verstreuen ein buntes Licht, was sich alle paar Sekunden wechselt.

       „Hi“, begrüßt mich Katie, als ich mich auf den freien Stuhl neben ihr sinken lasse. „Ich hatte schon die Befürchtung, dass du uns vergessen hast.“

       „Sorry, mein Cousin ist in der Stadt, euch würde ich niemals vergessen. Monica hat darauf bestanden, dass wir gemeinsam essen und das hat sich ein wenig in die Länge gezogen.“

       „Myles?“ Katie sieht mich auf eine Weise an, die ich nicht genau einordnen kann. Da sie ihn allerdings kennt bin ich mir sicher, dass sie nicht sehr begeistert davon ist.

       Als Antwort nicke ich nur.

       „Wer ist Myles?“, erkundigt sich nun Caroline und sieht uns abwechseln an.

       Für einen kurzen Moment denke ich darüber nach, ob ich die beiden einander vorstellen sollte. Ich muss zugeben, dass sie sich wahrscheinlich blendend verstehen würden. Doch schnell verwerfe ich diesen Gedanken wieder. Ich habe auch so genug zu tun, da brauche ich ihm nicht auch noch eine Freundin zu suchen. Zumal ich selber auf der Suche nach Freunden bin.

       „Mein Cousin aus Atlanta.“

       „Den wollt ihr nicht kennen“, setzt Katie noch hinzu.

       Um den beiden zu verdeutlichen, dass Katie recht hat, nicke ich. Die beiden sind einmal aneinander geraten. Und dabei ging es nur darum, dass sie Dressing in einen Salat geben wollte und er der Meinung war, dass man das nicht einfach so machen kann, sondern immer nur ein wenig.

       Was soll ich sagen?

       Katie ist niemand, der sich in Dinge hineinreden lässt. Dementsprechend hatte sie ihm auch die Meinung gesagt, was in einem riesigen Streit geendet ist.

       Auf mich hatte es aber den Anschein gemacht, als wäre Myles hinter ihr her gewesen. Allerdings kann Katie mit einem Mann wie ihm nichts anfangen. Sie braucht jemanden, der genau weiß, was er will und keinen, der sie bei jeder Gelegenheit korrigiert.

       „Hmmm“, macht sie nur und konzentriert sich wieder auf das Display ihres Handys.

       „Hast du schon eine Wohnung gefunden?“, fragt nun Jessica und wechselt so das Thema.

       „Ich habe mir einige angesehen, aber keine hat mir zugesagt. Deswegen bleibe ich noch ein wenig bei meinen Eltern. Auf der einen Seite will ich nicht in irgendeine Wohnung ziehen, nur damit ich behaupten kann, dass ich eine eigene habe. Auf der anderen Seite habe ich so noch ein wenig Zeit, um noch mehr Geld zu sparen.“

       Mir ist durchaus bewusst, dass ich diese Ausrede überall vorbringe. Doch wenn man es ganz genau nimmt, dann ist es eigentlich überhaupt keine Ausrede. Ich will nicht in eine Wohnung ziehen, und für die dann noch ein Vermögen ausgeben.

       „Das ist auch das Beste, was du machen kannst. Ich habe zwei Jahre gebraucht, bis ich endlich eine gefunden habe, in der ich mich wirklich wohlgefühlt habe. Vor einem halben Jahr konnte ich erst einziehen. Solange es deine Eltern nicht stört, ist doch alles in Ordnung. Meine hätten mich auch gerne noch länger zu Hause behalten.“

       „Ich glaube, sie sind ganz froh darüber, weil es nun endlich nicht mehr so ruhig ist im Haus“, stelle ich fest. Zumindest haben sie mir das gesagt. Vor allem Monica hat den Anschein auf mich gemacht, als wäre ihr oft langweilig, weil mein Vater soviel auf der Arbeit ist. Allerdings bin ich auch die meiste Zeit des Tages unterwegs. Deswegen weiß ich nicht, ob sich etwas daran geändert hat.

       „Ich wünschte, meine Eltern wären auch so gewesen. Allerdings haben sie kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie froh sind, wenn ich endlich eine eigene Wohnung habe. Allerdings bin ich auch das Nesthäckchen. Nachdem sie fünf Kinder großgezogen haben, ist es auch verständlich gewesen, dass sie mal Zeit für sich wollten. Finde ich auf jeden Fall.“

       Caroline zwinkert mir zu, sodass ich lachen muss.

       Ich will gerade den Mund aufmachen, als ich auf eine Frau aufmerksam werde, die gerade hereingekommen ist. Ängstlich steht sie in der Tür und sieht sich zu allen Seiten hin um, als würde sie nach etwas oder jemanden Ausschau halten.

       Es kommt mir ein wenig so vor, als würde sie selber nicht wissen, wieso sie eigentlich hier ist. Ihr Blick huscht immer wieder von einer Seite zur anderen. Sie hat einen verängstigten Ausdruck in den Augen, wie ein kleines Kind, das man verfolgt.

       Unsicher, ob sie es wirklich wagen kann, macht sie einige Schritte nach vorne, bevor sie wieder stehen bleibt und ihr Verhalten sich wiederholt. In diesem Moment wird mir bewusst, dass sie irgendetwas hat.

       Ich kann es nicht genau beschreiben, doch mein Gefühl sagt mir, dass etwas passiert sein muss. Sonst würde sie sich wohl kaum wie ein aufgeschrecktes Huhn verhalten.

       „Ich bin gleich wieder da“, murmle ich, ohne die Frau aus den Augen zu lassen.

       Dabei stehe ich auf und gehe auf sie zu, bevor meine Freundinnen etwas von sich geben können. Es dauert nicht lange, bis sie mich entdeckt hat. Mit weit aufgerissenen Augen weicht sie zurück, wobei sie mit einem Kellner zusammenstößt, der beinahe die Getränke auf dem Tablett verschüttet.

       Ich kann dabei zusehen, wie sie noch mehr Panik bekommt. Beschwichtigend hebe ich meine Hände und signalisiere ihr so, dass von mir keine Gefahr aus geht. Irgendwann hatte ich mich mal mit meinem Vater darüber unterhalten und er hatte mir den Tipp gegeben, dass ich mich so verhalten soll. Ich gebe zu, dass ich damals noch nicht wirklich geglaubt habe, dass das funktionieren kann, doch nun scheint es wirklich der Fall zu sein. Auch wenn sie noch immer ängstlich aussieht, so bleibt sie dennoch an Ort und Stelle stehen.

       „Hi, ich bin Harley. Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen?“

       Sie sieht mich an, als wäre ich von einem anderen Planeten. Sie schüttelt ihren Kopf und macht dabei erneut Anstalten verschwinden zu wollen. Allerdings kommt sie auch dieses Mal nicht sehr weit.

       „Ich …“, beginnt sie, spricht ihren Satz jedoch nicht zu Ende.

       „Suchst du jemanden? Wenn du mir sagst, wie er aussieht, kann ich dir vielleicht helfen“, schlage ich vor.

       Ich gebe zu, gerade komme ich mir vor, als würde ich mit einem kleinen Kind sprechen. Aber würde ich das nicht machen, würde sie wahrscheinlich abhauen und ich würde ihr folgen. Und, wenn ich ehrlich bin habe ich zu letzterem gerade überhaupt keine Lust. Ganz davon abgesehen sind diese Schuhe auch definitiv nicht dafür geeignet. Sie haben einen viel zu hohen Absatz, sodass die Frau mit ihren Turnschuhen einen eindeutigen Vorteil hätte.

       „Mein …“, beginnt sie wieder, spricht aber auch dieses Mal nicht zu Ende.

       So unauffällig wie möglich atme ich einmal tief durch. Ich gebe zu, dass es um meine sonst so ruhige Art gerade nicht sehr gut bestellt ist.

       Doch das lasse ich mir nicht anmerken. Ich bin mir sicher, würde mein Vater mich jetzt sehen, wäre er stolz auf mich, weil ich dieses eine Mal wenigstens eine gute Schauspielerin bin und meine wahren Gefühle für mich behalten