Monica Armstrong

Stille Tage in Paris


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die zu dieser Jahreszeit in Massen dort vorbeikommen.

      Um Punkt zwei erreichen wir das Hotel, in dem die Second Unit abgestiegen ist. Die Amis stehen schon auf der Straße und sehen auf die Uhr. Eric parkt ein. Die Amis steigen ein, und Eric fährt, ohne lange mit dem sogenannten „Regisseur“ zu diskutieren, zum Montmartre. Der Regisseur protestiert, aber Eric spricht kein Englisch, und ich weigere mich wegen der beiden Ohrfeigen, zu dolmetschen.

      Den Amis bleibt nichts anderes übrig, als unseren Schrullen zu folgen. Ich argumentiere, dass der Drehplan umgeworfen werden musste, erstens, weil die Amis heute unpässlich waren und es schon ziemlich spät ist, zweitens, weil das Wetter perfekt für Außenaufnahmen in Montmartre und über Paris ist, was die Laune der Ami-Crew entscheidend verbessert, und da wir schon auf dem Montmartre sind, drehen wir auch noch auf dem berühmten Friedhof mit einer Einstellung vom Grab von Henri Heine, den in den USA so gut wie niemand kennt, der aber nach Erics und meiner Meinung in Europa total berühmt ist.

      Der sogenannte „US-Regisseur“ gibt sich zufrieden, weil er, seiner Meinung nach, einzigartiges Filmmaterial in die USA mitbringen wird, denn er behauptet, Mr. Henri Heine zu kennen, den er fälschlicherweise für einen großen Maler hält.

      Die Sonne geht unter, und wir erwischen noch im letzten Moment einen schönen Sonnenuntergang über der französischen Hauptstadt, und dann gehen die Lichter an, und es wird dunkel über den Dächern von Paris.

      Die Amis schätzen sich glücklich, eine Einstellung wie in einem Hitchcock-Film gedreht zu haben, was nicht stimmt, Unter den Dächern von Paris ist von René Clair und aus dem Jahr 1930, während Sir Alfred seinen Film Über den Dächern von Nizza 1955 gedreht hat, wie mir Eric etwas später auf Französisch beim Abendessen erklärt, während sich die Amis die Bäuche mit US-Futter vollschlagen; dieses kleine, aber wichtige Detail der Filmgeschichte interessiert die Herren aus New York City nicht.

      Ich wusste es bisher übrigens auch nicht, aber wozu ist ein US-Girl in einer Hauptstadt des Kinos, wenn sie hier nicht etwas lernen kann?

      Nach dem Essen sagen die Amis, dass sie heute Abend lieber ins Kino gehen möchten, morgen müssen sie fit sein, um einen langen Drehtag abzuarbeiten, so kann es unmöglich weitergehen.

      Wir akzeptieren ihren Wunsch und verfrachten die Second Unit in ein Kino, das Filme in Originalfassung mit Untertiteln zeigt, was in diesem Fall heißt, dass die Herren aus New York City Last Christmas in englischer Originalfassung ansehen; die französischen Untertitel brauchen sie nicht.

      Während die Amis im Kino sitzen, bringen wir das Equipment in die West-Studios zurück, damit es keiner klaut. Eric ist sich nicht zu schade, gleich das Material auf eine französische Festplatte zu kopieren, will heißen, auf seine eigene Festplatte – formell, um die wertvollen Aufnahmen zu sichern, in Wahrheit, um ein eigenes Footage-Archiv anzulegen, Mann, Frau, Filmemacher, Filmemacherin weiß ja nie, wozu er, sie, es brauchen kann, besonders so ein Sonnenuntergang, vom Montmartre auf Paris im November gefilmt, ist selten und daher wertvoll und gut verwertbar.

      Wir fahren zum Kino zurück und holen die US-Guys ab, um sie ins Hotel zurückzubringen, dort bleiben die Herren mit mir an der Bar hängen, sie bestehen auf eine Begleitung, die der französischen Sprache mächtig ist, weil die Banausen im Hotel kein Wort Englisch außer das fucking „Good Morning“ sprechen. Eric unterstellt ihnen, dass sie meine weibliche Begleitung schätzen, womit er nicht unrecht hat.

      Okay, saufe ich eben die Kerle aus New York City unter die Theke, It-Girls von der West Coast sind trinkfester als die Girls von der Upper West Side, außerdem amüsieren sich die NYC-Guys königlich über meinen LA-Slang.

      Well, was tut Frau nicht alles fürs Geschäft …

      Um 1 Uhr früh komme ich nach Hause, ist gleich in die Jenner-, jetzt West-Studios zurück, da werde ich von Eric schon wieder mit seinem Drehbuch überfallen, das er inzwischen um läppische 20 Seiten gekürzt hat.

      „Was fällt dir ein, erst jetzt daherzukommen?“, schreit er herum.

      „Was geht dich das an? Ich dachte, ich soll die Gesellschaftsdame für die Amis spielen“, gebe ich zurück.

      „Scheiß auf diese Idioten. Du sollst endlich mein Drehbuch lesen!“, schreit Eric, aber er wagt es nicht, mich noch einmal zu ohrfeigen.

      „Wieso sollte ich um diese Zeit diesen dicken Schinken lesen?“, streite ich zurück.

      „Weil ich mindestens eine Hauptrolle für dich in dem Film sehe“, argumentiert Eric.

      „Was für welche?“

      „Die der Blonden. Welche sonst?“

      „Ich dachte, dafür hast du deine unterbelichtete französische Blondine“, argumentiere ich.

      „Pfeif auf die Idiotin! Wieso sollte ich so eine Traumrolle mit einer Schauspielerin besetzen, die keine Ahnung von der Filmgeschichte hat? Die nicht weiß, wer Godard ist, die keine Ahnung von der Filmgeschichte hat! Die dumm, wie die Nacht finster ist! Wenn ich ein US-Traumgirl haben kann, die außerdem perfekt Französisch spricht, wenn auch mit leichtem Akzent, der sie zusätzlich noch interessanter für das Publikum macht, sozusagen eine weibliche Eddie Constantine, die außerdem in der Filmgeschichte firm ist und ausgezeichnete Artikel für die Cahiers du Cinéma schreibt!“, schreit Eric.

      „Genial! Einfach genial. Um mir das zu sagen, überfällst du mich um 1 Uhr nachts?!“, schreie ich.

      „Das ist es! 1 Uhr nachts! Der deutsche Titel von Pierrot le fou. Das ist es! Endlich haben wir den perfekten Titel für unseren Film“, frohlockt Eric.

      „Was heißt hier unseren Film?“, tobe ich.

      „Es ist doch klar, dass es sich bei so vielen Gemeinsamkeiten nur um einen gemeinsamen Film von dir und mir mit mir als Regisseur und dir in der weiblichen Hauptrolle handeln kann, so wie bei Jean-Luc Godard und Anna Karina. So ein Film wird sicher viele Produzenten interessieren. Ich sehe uns beide schon auf dem roten Teppich in Cannes!“, jubelt Eric.

      Ich bin sprachlos. Ich nehme ihm das Drehbuch ab. „Her damit!“

      „Was ist jetzt los?“

      „Ich dachte, ich soll dein Drehbuch lesen“, sage ich.

      „Ja, klar, aber mit mehr Respekt, wenn ich bitten darf“, sagt Eric irritiert.

      „Well, ich habe es jetzt, und ich werde es in den nächsten Tagen lesen, ist das okay für dich?“, frage ich.

      „Ja, klar! Genial!“ Eric nimmt mich in die Arme und küsst mich. Es ist ein großer, intensiver Kuss, wie im Kino.

      Soll ich ihn rausschmeißen oder mit ihm ins Bett gehen?

      Ins Bett gehen ist besser! Wir vögeln durch bis zum Morgengrauen. Wir wollen ja Kino machen, und was wäre das französische Kino ohne Sexszenen?

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