Monica Armstrong

Stille Tage in Paris


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stellt die französische Polizei fest, dass ich perfekt Französisch spreche; beide Flics hinterlassen ihre Dienstnummern, falls ich einmal Probleme hätte.

      Ich bedanke mich artig, und die Flics ziehen endlich ab.

      Die Amis jammern noch immer wegen ihres Jetlags herum. Duane ruft aus London an, und erfreulicherweise können die Amis und ich ihm mitteilen, dass sich das Missverständnis in Luft aufgelöst hat. Ich zicke noch ein bisschen herum, weil Duane vorhin so gemein zu mir gewesen ist, doch Duane lässt sich nicht von meinen Launen zur Verzweiflung bringen – im Gegenteil, er gibt mir sofort Aufträge, was ich mit den Amis zu tun und zu lassen habe und dass ich selbstverständlich mit keinem von den Idioten aus New York City ins Bett springen, sondern sachlich cool die Locations abarbeiten soll.

      „Das ist ja eine Gemeinheit! Das ist ja eine Frechheit! Wofür hältst du mich eigentlich?“, streite ich herum.

      „Für ein 23-jähriges It-Girl aus LA ohne jede Paris-Erfahrung“, gibt Duane zurück.

      Damit hat er leider recht.

      „Sag mir zum Abschluss unseres Gesprächs etwas Nettes“, bettle ich.

      „Du bist das begehrenswerteste It-Girl von ganz Paris“, antwortet Duane.

      Ich schnappe nach Luft. Mehr Frechheiten an einem saukalten Novembertag fallen diesem Lümmel aus Texas nicht ein? Aber das wird Folgen haben, das wird ganz ernste Folgen haben! Bei nächster Gelegenheit vögle ich mit Eric, Louis und natürlich mit den Amis aus New York City, das kann ich diesem Redneck aus Houston schriftlich geben!

      Die Amis nerven weiter, weil das Wetter ihrer Meinung nach zu schlecht ist, um die richtigen Bilder für ihren Spielfilm aufzunehmen, der in Paris spielt, aber in Wahrheit in New York City im Studio aufgenommen wird; es gibt nur ein paar Außenaufnahmen, die eben die Second Unit aufnimmt, die ich durch Paris führen soll.

      Ich argumentiere hingegen, dass Paris im November einfach anders ist als Paris im Mai.

      „Why?“, wagt dieser Vollidiot von selbsternanntem US-Regisseur zu fragen.

      „Weil das Klima in Europa anders ist als das in den USA und besonders in New York City“, antworte ich.

      Ich gehe online und zeige dem guten Mann, dass es in seinem geliebten New York City aktuell 2 Grad über Null hat, bei uns in Paris misst es immerhin 8 Grad.

      Der unwissende Ami gibt sich mit diesem Argument zufrieden, weil er noch nie etwas von Zeitzonen gehört und vergessen hat, dass es bei ihm zu Hause mitten in der Nacht ist.

      Well, beim Film wird mit allen Tricks gearbeitet.

      Wir ziehen mit Eric als Fahrer los, der auch sofort ohne Englischkenntnisse das Kommando über den Drehplan übernimmt. Ich stehe da wie eine Idiotin und bin zum letzten Skriptgirl degradiert, das die Sets abhakt.

      Ich koche innerlich vor Wut, aber was bleibt mir übrig, als die Amis so schnell wie möglich durch Paris zu lotsen, und dabei kennt sich der Pariser Eric perfekt aus.

      Eigentlich müsste ich Duane dankbar sein, dass er mir Eric zur Seite gestellt hat, denn ich wäre total überfordert gewesen, aber mein Ego lässt so ein Eingeständnis natürlich nicht zu.

      Eric ist der perfekte Fremdenführer; nach Einbruch der Dunkelheit führt er die Amis in ein amerikanisches Lokal mit typischem amerikanischem Futter, Burgers, French fries, jede Menge Sauce, ist gleich Ketchup, Mayonnaise (allerdings echte französische und kein US-Importprodukt), Senf und so weiter, dazu schwemmen die amerikanischen Filmemacher jede Menge Bier, und Eric und ich lassen uns natürlich auch nicht lumpen.

      Selbstverständlich kennt unser französischer Fahrer auch die wichtigsten Clubs im Quartier Latin, es ist klar, dass er nicht zum ersten Mal lästige amerikanische Second-Unit-Filmemacher durch Paris führt.

      Mein Ego ist am absoluten Nullpunkt angelangt, aber natürlich bin auch ich keine Spielverderberin und gehe sehr gerne feiern; die Musik ist live und ohrenbetäubend, eine französische Punkrockband dreht die Lautsprecher auf, dass einem die Ohren sausen.

      Eric ist ein fantastischer Tänzer, der in den Clubs jede Menge French Girls kennt, die er mit den amerikanischen Gästen bekannt macht, was den Vorteil hat, dass ich exklusiv für ihn übrigbleibe. Ich habe mir den besten Mann im Club geangelt.

      Wir tanzen die Nacht durch. Der Champagner fließt, hochprozentige Drinks werden wie Wasser getrunken. Oh my God, ich darf gar nicht an morgen denken, wenn ich den schlimmsten Kater von ganz Paris spazieren führen werde.

      Eric scheint ein geeichter Trinker zu sein, der die Amis spielend unter den Tisch trinkt, und die French Girls saufen auch, nur weil es gratis ist. Die New York City Gang, die eigentlich geeicht sein sollte, wird von den Franzosen unter den Tisch gesoffen.

      Zum Glück behalte ich noch etwas die Fassung und bestelle gegen 4 Uhr morgens die Taxis, die uns alle nach Hause bringen. Die Amis checken in ihr Hotel ein und lassen durchblicken, dass sie nicht vor Mittag zu sprechen sind.

      Eric begleitet mich nach Hause und nützt mich auf unglaublichste Weise aus. In den West-Studios lande ich mit ihm im Bett und vögle noch eine gute Stunde mit meinem ersten jungen Franzosen, was leider, leider, leider nur eine sehr kurze Nummer ist; dann bin ich streichfähig, total streichfähig, um es genau zu nehmen, voll von allem, was flüssig und alkoholhältig ist.

      Zum Glück hat mich Eric vor einem Drogentrip bewahrt. Nicht auszudenken, wenn ich in meiner ersten Nacht als Skriptgirl für die amerikanischen Gäste gleich mit einem Herointrip ausfallen würde.

      Wann habe ich zum letzten Mal Drogen konsumiert? Das war drüben in LA. Im beschaulichen Kärnten habe ich nicht einen Joint geraucht, was ja gar nicht möglich gewesen wäre, neben meinem Großvater, der Kommissar bei der Kriminalpolizei ist.

      Kaum zu glauben, dass ich total clean bin, sieht man von der Sauferei mit den Amis und den French Guys ab.

      5. Erics Drehbuch

      Duane reißt mich um 9 Uhr morgens aus dem Schlaf. Oh my God, was habe ich arme kleine amerikanische Katze verbrochen, dass man mich um diese Zeit schon quält?

      Duane entschuldigt sich bei mir, dass er gestern so grob zu mir gewesen ist, es ist klar, dass ich in dieser Situation einfach ein bisschen herummaulen muss, aber Duane bleibt total cool.

      Er meint, dass ich mich einfach auf Eric verlassen soll, gemeinsam hätten sie schon viele Amis durch Paris geführt, und alle wären zufrieden wieder abgereist.

      Ich gestehe, dass ich ohne Erics Hilfe völlig aufgeschmissen in dieser Großstadt gewesen wäre, weil ich aus einem Kärntner Nest in eine 2,2 Millionen-Stadt übersiedelt bin und ein echtes Landei bin, das sich zwar in LA perfekt auskennt, aber von Paris überhaupt keine Ahnung hat.

      Natürlich vermeide ich es, zu erwähnen, dass ich mich mit Eric schon sehr gut angefreundet habe.

      Duane meint, dass ich mich schon einleben werde; junge und vor allem schöne Girls bringen es in Paris sehr schnell nach oben. Ich schmolle genüsslich eine Stunde mit Duane am Handy herum, bis Eric mich aus dem Bett scheucht.

      Er meint, wir müssten den heutigen Tag mit den Amis planen, damit wir die Crew schnell wieder loswerden.

      „Wieso? Sie haben eine Woche gebucht!“, widerspreche ich.

      „Diese Nieten sind in drei Tagen mit ihren Dreharbeiten fertig, die restlichen vier Tage verrechnen wir ihnen einfach als Sightseeing, wir zeigen ihnen ein bisschen die Umgebung, schleppen sie in den Louvre und gehen am Abend auf ihre Kosten saufen. Außerdem habe ich mein Drehbuch für dich dabei. Das kannst du nebenbei lesen“, sagt Eric und gibt mir ein Konvolut von über 300 Seiten.

      „Shit, was ist das?“, wage ich zu fragen.

      „Eine Seite entspricht einer Minute Laufzeit des Films“, sagt Eric mit der Coolness eines Regisseurs, der ein paar Oscars gewonnen hat.

      „Dann dauert dein