zu landen. Er blinzelte verstärkt. Dann klärte sich seine Sicht auf sie wieder. Er ist immer noch da, hier bei mir. Wie er es versprochen hat, dachte sie und lächelte.
„Drei.“
Reflexartig kniff sie die Augen zusammen. Dann folgten der Schlag und unsagbare Schmerzen. Reißend, brennend, als würde sie in Flammen stehen. Ihr Schrei brachte ihre Kehle beinahe zum Bersten. Ihre körperliche Pein wurde zu seelischer, das Weinen und Klagen zu einem Wimmern, bis die Laute ganz verstummten und nur noch das Zittern blieb.
Sowohl Imogen als auch Blake besahen sich den auf dem Waldboden liegenden Flügel, dessen leuchtendes Gelb verblasste. Es wurde zu Silber und schließlich zu Schwarz, zum Tod. Der Flügel wurde faltig, kräuselte sich zusammen wie Pergament, das im Feuer verbrennt. Ein trauriger Anblick, der selbst so jemand wie den Meuchelmörder betroffen machte.
Blake dachte, er hätte schon alles auf dieser Welt gesehen. Doch dem war nicht so, wie er feststellte. Um zu verhindern, dass er noch tiefer in die Rührseligkeit tauchte, riss er seinen Blick von dem vertrockneten, toten Ding – und mehr als das war es auch nicht, ein Ding – und betrachtete sich Imogens Rücken.
„Es blutet nicht“, murmelte er, das Schwert nun an seiner Seite gesenkt, und trat näher an Imogen heran, die nickte.
„Nicht auf eine Weise, wie du es kennst“, sagte sie mit brüchiger Stimme. „Sieh hin. Dann wirst du verstehen, was ich meine.“ Und das tat er.
Er sah hin und beobachtete, wie eine silbrige Flüssigkeit aus dem Stummel, den er ihr gelassen hatte, trat. Sie leuchtete kurz auf, und als das Glühen nachgelassen hatte, war das Silber weiß und fest und die Wunde verschlossen. Imogens Rücken sah nun wieder symmetrisch aus, selbst mit zwei Stümpfen, die einmal starke, prächtige Flügel gewesen waren. Vielleicht können die Heilerinnen ihres Volkes etwas für sie tun, die Reste entfernen, glätten – ach, was auch immer, dachte Blake. Vorausgesetzt, sie würden ihr helfen. Nach allem, was sie erzählt hatte, war es nicht gewiss, dass sie es tun würden.
„Hier, nimm den“, sagte er und legte Imogen seinen Umhang um die Schultern.
Sie nickte und meinte: „Mir ist ungewöhnlich kalt.“
Blake setzte ein schiefes Lächeln auf. „Ihr seid eben doch auch nur -“, er hielt inne.
„Was? Menschen?“, fragte Imogen. Prüfend blickte sie ihn an. Das war es in der Tat, was er hatte sagen wollen. Denn jetzt, ohne jegliche Schwingen, die sie durch die Lüfte tragen konnten, kam Imogen ihm so zerbrechlich vor wie ein Mensch, ein Kind, das nicht für sich selbst sorgen kann.
„Ich habe dir den Umhang nicht gegeben, weil ich dachte, dir sei kalt. Er ist dazu da, um dich zu verbergen“, entgegnete er ihr. „Du leuchtest wie die verdammte Sonne. Jetzt passt der Umhang wenigstens.“ So schnell wie er es vermochte, zwischen Grob- und Sanftheit zu wechseln, konnte es niemand. Imogen schwindelte es bereits wieder.
„Tss, genau“, kam es aus Richtung von Blakes Füßen, wo sich Arren von den Strapazen der letzten Minuten ausruhte, „weil den Schrei ja auch niemand gehört hat.“ Augenrollend blickte er zu seinem Partner auf.
Blakes Mund verzog sich zu einer schmalen Linie. „Wollen wir hoffen, das dem nicht so ist“, erwiderte er und sah sich kurz um, suchend, ob er Bewegungen in den Schatten des Waldes ausmachen konnte, lauschend nach Schritten von Verfolgern. „Komm“, sagte er, als alles still blieb, und klopfte Arren auf die Schulter. „Wir müssen weiter und zwar schnell.“ Damit hob er Imogen auf seine Arme und stapfte mit ihr voraus.
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